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Keine ganze Klasse aber eine mittelgroße Schüler:innengruppe mit Instrumenten ist zu einem Gruppenfoto auf Terrakotta-Fliesen zusammengekommen.

Die Musiklehrer Florian Friedl (li.) und Florian Aschenbrenner (re.) mit Schüler:innen der Albert-Schweitzer-Realschule. Foto: Werner Müller

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Musik schafft Wege

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Das Musikprofil der Albert-Schweitzer-Realschule Regensburg
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In diesem Jahr hat die Deutsche Gesellschaft für Schulmusik (DGS) zum zweiten Mal den Deutschen Schulmusikpreis verliehen. Ausgezeichnet wurden zwei Schulen mit schulmusikalischen Konzepten, die entweder ein vielfältiges musikalisches Schulleben fördern oder durch ihre Arbeit nachhaltige Vernetzungen über die Schule hinaus anstoßen. In dieser und der folgenden Ausgabe stellen die beiden Preisträgerschulen ihre Konzepte als Best-Practice-Beispiele vor.

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Die Schule verfolgt ein schulmusikalisches Konzept, das offen und nachhaltig ist, ein Konzept, dessen Umsetzung an einer Realschule besonderen Respekt verdient. Überzeugend ist nicht allein die gelungene Einbettung in den schulischen, schulkulturellen und schulrechtlichen Rahmen, sondern insbesondere der soziale Aspekt: Die Schule sorgt für Angebote musikalischer Bildung in gro­ßer Vielfalt und ermöglicht Jugendlichen damit musikalische Erfahrungen, die ihnen womöglich aus wirtschaftlichen Gründen sonst verschlossen wären.“

Mit diesen Worten verlieh die Deutsche Gesellschaft für Schulmusik, vertreten durch die Jury-Mitglieder Prof. Bernhard Hofmann und Dr. Martin Weber, der Albert-Schweitzer-Realschule Regensburg im März 2025 den Deutschen Schulmusikpreis.

Die Albert-Schweitzer-Realschule ist eine von zwei staatlichen Realschulen in der Oberpfälzer Bezirkshauptstadt Regensburg. Etwa 500 Schülerinnen und Schüler aus über 50 Nationen besuchen die Schule und stammen aus kulturell und sozial sehr vielfältigen Familienverhältnissen. Für viele Familien ist außerschulischer Instrumental- oder Gesangsunterricht finanziell nicht möglich. Genau hier setzt die Schule an: Musikalische Bildung wird nicht als Luxus betrachtet, sondern als integrativer Bestandteil einer ganzheitlichen Persönlichkeitsbildung – und als Teil gesellschaftlicher Teilhabe. 

Und dass eine Realschule mit diesem Anspruch auf eine solch beeindruckende musikalische Infrastruktur blicken kann, ist keineswegs selbstverständlich.

Bläserklasse als Ausgangspunkt

Die Grundlage für das heutige Musikprofil wurde im Schuljahr 2016/17 gelegt. Damals entschloss sich die Fachschaft Musik – inspiriert durch vergleichbare Modelle an anderen Schulen – zur Einführung von Bläserklassen in den Jahrgangsstufen 5 und 6. Bis dahin hatte das musikalische Leben an der Schule vor allem durch eine Schulband, ein Gesangsensemble und projektbezogenes Klassenmusizieren stattgefunden.

Die Idee war vielversprechend, doch es galt, ein zentrales Problem zu lösen: die Finanzierung. Ein früherer Versuch, eine Bläserklasse zu etablieren, war an den Kosten für Instrumente und Unterricht gescheitert. Doch diesmal ließ man sich nicht entmutigen. Dank gezielter Spendenakquise – unterstützt durch Fördervereine, Eltern und lokale Partner – gelang es, Instrumente anzuschaffen und den Unterricht kostenfrei anzubieten. Mit einer ersten Gruppe von 15 Schülerinnen und Schülern begann das Projekt – nicht alle waren sofort begeistert, doch mit Geduld, Gesprächen und Überzeugungsarbeit entwickelte sich eine starke erste Generation.

Die positive Wirkung der Bläserklasse war rasch sichtbar – sowohl musikalisch als auch im sozialen Miteinander. Deshalb wurde das Konzept konsequent weiterentwickelt. Nach Ablauf der zweijährigen Bläserklassenausbildung etablierte die Schule die sogenannte Talentgruppe Musik – eine besondere Form der Begabtenförderung an Bay­erns Realschulen. Hier erhielten die Schülerinnen und Schüler über die regulären Musikstunden hinaus individuellen Instrumentalunterricht, der durch besondere Budgetzuschläge des Bayerischen Kultusministeriums ermöglicht wurde.

Talentgruppe Musik

Ein Meilenstein: Im Abschlussjahr der ersten Talentgruppe legten zwölf Jugendliche die zentrale Abschlussprüfung im Fach Musik erfolgreich ab – ein Novum an einer Realschule mit diesem Profil.

Heute, im Schuljahr 2024/25, ist das Musikangebot der Albert-Schweitzer-Realschule vielfältiger denn je. Rund 100 Schülerinnen und Schüler – also ein Fünftel der gesamten Schülerschaft – sind in einem musikalischen Ensemble aktiv oder erhalten Instrumentalunterricht. Die Instrumente werden kostenfrei verliehen – finanziert durch eine beeindruckende Mischung aus Stiftungszuwendungen, kommunaler Unterstützung und ehrenamtlichem Engagement.

Die Fachschaft Musik besteht heute aus einem stabilen Team: Neben den hauptverantwortlichen Musiklehrern Rudi Appel, Florian Aschenbrenner und Florian Friedl sind langfristig beschäftigte externe Instrumentallehrkräfte eingebunden. Die organisatorische und personelle Unterstützung durch die Schulleitung ist dabei unabdingbar für eine erfolgreiche Umsetzung des Profils.
Das musikalische Leben der Schule beschränkt sich nicht auf den Unterricht. In den letzten Jahren wurden zahlreiche Formate etabliert, die das musikalische Jahr strukturieren und zugleich Höhepunkte für die Schulgemeinschaft darstellen:
Weihnachts- und Frühjahrskonzerte, Pausenhofkonzerte, Bläserklassenkonzerte, Abschlussabende der Talentgruppen sowie musikalische Beiträge zu Schulfeiern, Ehrungen und Stadtfesten.

Ein Höhepunkt sind die jährlich stattfindenden Probentage: Jeweils zwei Gruppen mit rund 60 Schülerinnen und Schülern verbringen drei Tage intensiv miteinander und bereiten musikalische Programme vor – eine wichtige Mischung aus musikalischem Anspruch, Gemeinschaft und Konzentration.

Außerschulische Lernorte

Musikunterricht wird dabei bewusst geöffnet: Konzertbesuche im Regensburger Stadttheater, Workshops mit externen Künstlerinnen und Künstlern, Percussionprojekte und interkulturelle Musikprojekte gehören ebenso zum Konzept wie regelmäßige Musikfahrten. Besonders beliebt sind die Kulturfahrt nach Pilsen, die Musicalfahrt nach Hamburg sowie die Studienfahrt der Abschlussklasse Musik nach Salzburg.

Ein weiteres Kapitel wird aktuell geschrieben: Seit November 2024 baut die Schule eine Partnerschaft mit der Musikschule im tschechischen DobÅ™any auf. Der erste Höhepunkt wird ein grenzüberschreitendes Schülerkonzert im November 2025 sein – mit gemeinsamen Ensembles aus beiden Ländern. Auch hier zeigt sich das Musikprofil als Brücke zwischen Kulturen.

Mit dem Schuljahr 2025/26 wird ein neuer Meilenstein erreicht: Die Albert-Schweitzer-Realschule wird zur ersten staatlichen Musischen Realschule der Oberpfalz. Musik wird dabei im Zweig IIIb zum Profilfach – mit erhöhter Stundenzahl und als reguläres viertes Prüfungsfach im Abschlusszeugnis. Damit reiht sich die Schule ein in eine Runde musisch profilierter Bildungseinrichtungen in Regensburg: Neben dem städtischen Von-Müller-Gymnasium, dem Musikgymnasium der Domspatzen und der Kulturschule Clermont-Ferrand-Mittelschule ist sie dann die vierte weiterführende Schule mit klarer musikalischer Ausrichtung. Die Musikkolleginnen und -kollegen erhoffen sich zudem, dass die Zahl der Abbrecher abnimmt und die Motivation der Schülerinnen und Schüler steigt. „Schülerinnen und Schüler, die an der Talentgruppe Musik teilnehmen, haben in der 10. Jahrgangsstufe vier Stunden Musikunterricht am Nachmittag, inklusive Ensembleprobe und Instrumentalunterricht. Zusammen mit weiteren Förderunterrichten für die Abschlussprüfung oder Wahlfächer aus dem kreativen oder sportlichen Bereich ist das für die Jugendlichen eine sehr große Belastung. Insofern sind wir optimis­tisch, dass sich die Einführung eines regulären musischen Zweigs positiv auf die Zahl der musikalisch aktiven Schülerinnen und Schüler auswirkt“, so Florian Aschenbrenner.

Musikalische Bildung für alle

Ziel der Schule ist es, allen Jugendlichen musikalische Bildung zu ermöglichen – unabhängig von Herkunft, Vorbildung oder finanziellen Möglichkeiten. Schulleiter Bernd Namislo betont: „Musik fördert weit mehr als nur das Spielen eines Instruments. Wir erleben, wie sie das Sozialverhalten in Klassen stärkt, das Selbstwertgefühl hebt und Integration praktisch erfahrbar macht.“
Positive Rückmeldungen diesbezüglich erhalten die Musiklehrkräfte auch durch das Kollegium, das dem Profil Musik sehr offen gegenübersteht. „Unsere Kolleginnen und Kollegen unterstützen uns vielfach. Wir sind sehr dankbar, dass die Lehrkräfte unserer Schule immer wieder als Begleitpersonen für Fahrten und Exkursionen zur Verfügung stehen, bei der Organisation und Durchführung von Konzerten und Projekten helfen oder Nachsicht mit Proben während der Unterrichtszeiten haben. Ohne die Rückendeckung der Lehrerinnen und Lehrer und ein tolles Team aus engagierten Musiklehrkräften wäre ein Projekt dieser Größenordnung nicht zu stemmen“, erklärt Fachschaftsleiter Florian Aschenbrenner.

Mit der Umwandlung in eine Musische Realschule erhofft sich die Schule, das vorhandene Profil zu stärken und weiter auszubauen. Die Verleihung des Deutschen Schulmusikpreises 2025 ist nicht nur Anerkennung für ein gelungenes Schulprojekt, sondern ein Zeichen dafür, wie Musik Schule verändern kann – und Leben.
 

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