Der 48. Bayerische Musikschultag in Nürnberg feierte Vielfalt, Vernetzung und Zukunft der öffentlichen Musikschulen. Unter dem Motto „Musikschule unerHÖRT gut!“ fand er vom 23. bis 25. Oktober 2025 statt. Gastgeber waren der Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen e. V. (VBSM), die Stadt Nürnberg und die Musikschule Nürnberg. Drei Tage lang wurde die mittelfränkische Metropole zum Zentrum der bayerischen Musikschullandschaft – mit einem vielfältigen Fach-, Netzwerk- und Musikprogramm, das zeigte, wie lebendig, zukunftsorientiert und gesellschaftlich relevant Musikschularbeit heute ist. Im Mittelpunkt der Tagung stand die Frage, wie öffentliche Sing- und Musikschulen als Orte der kulturellen Bildung, Begegnung und Teilhabe auch in Zukunft stark bleiben können. „Wie bleiben Musikschulen das, was sie sind – unerHÖRT gut?“ lautete der programmatische Leitgedanke, der sich durch Fachforen, Konzerte und Gespräche zog.
Der COM-Preisträger Willi Staud mit Präsident Martin Bayerstorfer und dem ersten Vorsitzenden Markus Lentz. Foto: VBSM
Musikschulen als gesellschaftliche Klangräume
Den musikalischen Auftakt machte am Donnerstagabend das Eröffnungskonzert der Musikschule Nürnberg im Gemeinschaftshaus Langwasser. Ensembles verschiedener Altersgruppen zeigten eindrucksvoll die Bandbreite musikalischer Arbeit in der Stadt – vom Nachwuchs bis zu erfahrenen Ensembles. Anschließend lud eine Lounge mit musikalischer Umrahmung zum geselligen Austausch und ersten Vernetzungsgesprächen ein.
Der offizielle Festakt am Freitagvormittag im Großen Saal der Musikschule bildete den feierlichen Höhepunkt des Musikschultags. In ihrer Festrede betonte Dr. Birgit Kreß, Vizepräsidentin des Bayerischen Gemeindetags, den hohen gesellschaftlichen Wert der öffentlichen Musikschulen. Musik, so Kreß, sei eine universelle Sprache, „die jeder versteht, egal woher er kommt, egal welche Muttersprache er spricht“. Sie überwinde Grenzen und schaffe Gemeinschaft auf besondere Weise. Musikschulen leisteten dabei weit mehr als reine Ausbildung: „Musik ist mehr als nur eine Tonleiter, sie ist Ausdruck emotionaler und kreativer Erfahrung. Deshalb gehören Musikschulen zur Daseinsvorsorge.“ Mit Blick auf die Worte der ehemaligen Landtagspräsidentin Barbara Stamm, die Musikschulen als „Erfolgsmodelle“ bezeichnet hatte, mahnte Kreß eine stabile Finanzierung an. Kürzungen im kommunalen Finanzausgleich dürften nicht zu Lasten dieser wichtigen Bildungsarbeit gehen. Eine große Chance biete der Ganztag, wenn Musikschulen als Partner einbezogen und ausreichend finanziert würden. „Die Förderung der Musikschulen ist keine freiwillige Leistung, sondern eine Investition in die Zukunft – in Herz, Geist und Zusammenhalt unserer Gesellschaft.“
Im Rahmen des Festakts wurde zudem die Carl-Orff-Medaille, die höchste Auszeichnung des VBSM, verliehen. Geehrt wurde Willi Staud, der langjährige Leiter der Geschäftsstelle des Landes-Jugendjazzorchesters Bayern (LJJB), für sein herausragendes Engagement und seine Verdienste um die musikalische Nachwuchsförderung.
In der Laudatio von Vorstandsmitglied Karl Höldrich wurde deutlich, welche Entwicklungen Willi Staud in seiner jahrzehntelangen Arbeit für das LJJB angestoßen hat. „Du hast das Landes-Jugendjazzorchester zu einem Ort gemacht, an dem junge Menschen sich zuhause fühlen. Ein Raum, in dem Generationen sich begegnen, voneinander lernen und miteinander wachsen.“ Willi Staud denke nicht in Programmen oder Strukturen – er denke in Menschen. Und handele dabei immer mit Herz. Mit einem überraschenden Auftritt setzte das Landes-Jugendjazzorchester Bayern den fulminanten Schlusspunkt. Willi Staud schloss in seiner Dankesrede sowohl die finanziellen Unterstützer aus den Staatsministerien für Unterricht und Kultus sowie Wissenschaft und Kunst als auch den Träger VBSM ein. Mit Blick auf den Ruhestand betonte er, wie wichtig es sei, dass junge dynamische Menschen nachrücken. Mit neuen Ideen und nah an den Teilnehmern. Einen großen Dank sprach er sowohl den ehemaligen als auch neuen Dozent*innen des LJJB aus.
Das Zukunftsforum am Freitagnachmittag widmete sich dem pädagogischen Konzept des Landes-Jugendjazzorchesters Bayern. Die künstlerischen Leiter Harald Rüschenbaum und Julian Ritter stellten unter dem Titel „Musizieren auf Augen- und Ohrenhöhe“ vor, wie sich musikalische Exzellenz mit pädagogischem Anspruch verbinden lässt. Das LJJB wurde dabei als Modell für eine Musikschule verstanden, die Gemeinschaft, Selbstwirksamkeit und Verantwortung fördert – vom ersten Ensemblespiel bis zur professionellen Nachwuchsarbeit. In Gruppenarbeit entwickelten die Teilnehmer*innen eine Übersicht von Herausforderungen und Möglichkeiten von Musikschularbeit in den jeweiligen Handlungsfeldern wie zum Beispiel Einzelunterricht oder Unterricht im Ganztag. Durch den kollegialen Input konnten die Teilnehmer*innen Bedingungen, Grenzen und Potential an der eigenen Musikschule sowie in der eigenen Musikschularbeit sammeln, um im Nachgang im eigenen Arbeitsfeld Neues zu erkunden und anzuwenden.
Am späten Nachmittag fanden das Vernetzungstreffen der Verwaltungskräfte, die Jahrestagung der Fachberater*innen und die Mitgliederversammlung der Landeselternvertretung Bayern e. V. (LEV) statt. Letztere wählte ihren neuen Vorstand und betonte die wichtige Rolle der Eltern in der Musikschularbeit. Neue Vorsitzende ist die langjährige Beisitzerin Gabriele Heller aus Erlangen, die bereits auch Vorstandsmitglied in der Bundeselternvertetung ist. Der VBSM bedankt sich bei der vorherigen Vorsitzenden Johanna Fischer für die engagierte Arbeit in der Vergangenheit und gratuliert Gabriele Heller zum Vorsitz. Der Verband wünscht alles Gute für die kommenden Aufgaben und freut sich auf die Zusammenarbeit!
Ein musikalischer Höhepunkt des Musikschultags war das Festkonzert am Freitagabend in der Nürnberger Meistersingerhalle. Ensembles aus ganz Bayern präsentierten eindrucksvoll die Vielfalt öffentlicher Musikschularbeit. Den zweiten Teil des Abends gestaltete das Landes-Jugendjazzorchester Bayern, das mit seiner Spielfreude und klanglichen Bandbreite das Publikum begeisterte. Auch in diesem Jahr zeichnete der Bayerische Rundfunk das Konzert auf. Eine Auswahl verschiedener Beiträge wird am 1. November 2025 um 18:05 Uhr auf BR-KLASSIK zu hören sein.
Der Samstag stand im Zeichen des praxisnahen Austauschs. In der Mitgliederversammlung des VBSM wurden Vorstand und erweiterter Vorstand neu gewählt, aktuelle Themen diskutiert und neue Musikschulen offiziell begrüßt. Der VBSM freut sich über die Wiederwahl des Präsidenten, Landrat Martin Bayerstorfer (Erding). Außerdem gratulieren wir Karl Höldrich (Augsburg) zum ersten Vorsitz und Christian Bühn (München) zum zweiten Vorsitz. Weitere gewählte Vorstandsmitglieder sind Brigit Abe (Landsberg am Lech), Martin Steinack (Trostberg) und Gabriele Rüll (Nürnberg).
Für den erweiterten Vorstand sind folgende Beisitzer*innen gewählt worden: Florian Beyer (Ingolstadt) und Franz Anton Peter (Prien) für Oberbayern), Flora Gáll (Hof) für Oberfranken, Urlike Nüßlein (Dinkelsbühl) für Mittelfranken, Christina Stibi (Veitshöchheim) für Unterfranken, Martin Klein (Kaufbeuren) für Schwaben, Peter Papritz (Landshut) für Niederbayern und Andreas Stögmüller (Cham) für die Oberpfalz.
Begleitend zur Mitgliederversammlung fanden Seminare für Lehrkräfte und Verwaltungskräfte statt. Unter dem Titel „Es geht um Menschenbildung“ wurde das pädagogische Konzept des LJJB in einem Workshop praktisch erfahrbar gemacht. Ein weiteres Seminar bot Einblicke in digitale Entwicklungen und KI-gestützte Tools für Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit – geleitet von Melanie Rehle, Expertin für Automatisierung und Kommunikation.
Der 48. Bayerische Musikschultag machte deutlich: Öffentliche Musikschulen sind weit mehr als Orte des Unterrichts. Sie sind Räume der Begegnung, der Persönlichkeitsentwicklung und der kulturellen Teilhabe. Mit seinem vielfältigen Programm, lebendigen Austauschformaten und inspirierenden Impulsen zeigte der Musikschultag 2025 eindrucksvoll, warum Musikschulen für eine offene, kreative und solidarische Gesellschaft unverzichtbar sind – und warum sie auch künftig unerHÖRT gut bleiben werden.
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