Am 5. Juni 2002 wurde in den Räumen des Bundespresseamtes in Berlin das „Bundesweite Netzwerk zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements” gegründet. Der Termin war so gewählt, dass noch kurz vor der Bundestagsdebatte zum Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements” am 13. Juni 2002 das Netzwerk gegründet werden konnte.
Am 5. Juni 2002 wurde in den Räumen des Bundespresseamtes in Berlin das „Bundesweite Netzwerk zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements” gegründet. Der Termin war so gewählt, dass noch kurz vor der Bundestagsdebatte zum Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements” am 13. Juni 2002 das Netzwerk gegründet werden konnte.Alle Beteiligten, so hätte man vermuten können, wussten auf welch’ schwieriges Unterfangen sie sich bei der Gründung eines bundesweiten Netzwerkes zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements eingelassen hatten. Die gescheiterte Stiftung „Bürger für Bürger” aus der letzten Legislaturperiode, die von der jetzigen Bundesregierung durch einen vollständigen Mittelentzug ihrer Lebensgrundlage beraubt wurde, hätte eine deutliche Mahnung sein können. Trotzdem hatte auch bei der Netzwerkgründung, wie schon bei der Stiftung „Bürger für Bürger”, das Familienministerium die Fäden fest in die Hand genommen.Aus dem Familienministerium stammte der Konzeptentwurf für das bundesweite Netzwerk. In diesem Entwurf wurden bereits die Ziele des Netzwerkes vorgestellt. Neben anderem soll das Netzwerk den Erfahrungsaustausch der Akteure des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland ermöglichen und gemeinsame Belange verdeutlichen. Es soll Ansprechpartner für Parlament, Regierung und Öffentlichkeit sein und die Zusammenarbeit zwischen Medien, Staat, Wirtschaft und Drittem Sektor zum bürgerschaftlichen Engagement fördern.
Um dieses zu erreichen, sollten nach Meinung des Familienministeriums die bundesweiten Trägerorganisationen beziehungsweise deren Zusammenschlüsse auf Bundesebene, andere zivilgesellschaftlichen Akteure, wie zum Beispiel die Zusammenschlüsse von Freiwilligenagenturen und Vertretungen von Bund, Ländern und Kommunen Mitglieder des Netzwerkes werden. Das Familienministerium stellte seinerseits eine Förderung des Netzwerkes und des Koordinierungsbüros in Aussicht.
Der entscheidende Geburtsfehler des Netzwerkes liegt darin, dass neben den unterschiedlichen Akteuren der Zivilgesellschaft gleichberechtigt auch die Vertretungen von Bund, Ländern und Kommunen Mitglieder des Netzwerkes werden sollen. Der Deutsche Kulturrat hat in allen Sitzungen des Nationalen Beirates zum Internationalen Jahr der Freiwilligen 2001 deutlich auf dieses Problem hingewiesen. Die Vereine und Initiativen, in denen sich das bürgerschaftliche Engagement abspielt und der Staat sind Partner, aber keine Brüder. Wer den Unterschied zwischen dem Staat und den ehrenamtlich Aktiven verwischt, schadet der Idee der Bürgergesellschaft. Die Interesse des Staates und der bürgerschaftlich Engagierten sind oft nicht gleich. Wie soll das Netzwerk sein vom Familienministerium vorgegebenes Ziel erreichen, Ansprechpartner von Parlament und Regierung zu werden, wenn die Bundesregierung und alle anderen staatlichen Ebenen bereits Vollmitglieder des Netzwerkes sind? Statt Lobby für die bürgerschaftlich Engagierten, wird offensichtlich eine Konsensrunde wie das „Bündnis für Arbeit” angestrebt. In einem Gespräch des Verbändeforum Ehrenamtes, des Zusammenschlusses auf Arbeitsebene der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, des Deutschen Feuerwehrverbandes, des Deutschen Kulturrates, des Deutschen Sportbundes und des Trägerkreises Nachweisaktion, mit dem Staatssekretär im Familienministerium Peter Haupt am 26. März 2002 wurde versucht, das Familienministerium noch umzustimmen. Peter Haupt machte deutlich, dass für das Familienministerium die Mitgliedschaft des Staates im Netzwerk unabdingbar ist, er aber sicherstellen wird, dass die Akteure der Zivilgesellschaft nicht vom Staat dominiert werden. Im Sinne einer Stabilisierung des Netzwerkes und der Akzeptanz bei den Akteuren des Bürgerschaftlichen Engagements hat das Verbändeforum Ehrenamt nach dem Gespräch mit Peter Haupt empfohlen, dass neben dem Staat bundesweit tätige Selbsthilfeorganisationen, Freiwillige Organisationen in öffentlicher Trägerschaft, bundesweit tätige Kinder-, Jugend-, Familien- und Seniorenorganisationen, die Kirchen und Religionsgemeinschaften, die Spitzenverbände der Kultur, des Sozialen, des Sport, der Stiftungen und des Umwelt und Naturschutzes in der Steuerungsgruppe des Netzwerkes berücksichtigt werden. Aus Sicht der Organisationen des Verbändeforum Ehrenamt sollte eine damit notwendig werdende personelle Aufstockung des Interimsvorstandes (Steuerungsgruppe) in Kauf genommen werden, um die breite Akzeptanz des Netzwerkes von Beginn an zu gewährleisten.
Bei der Gründung des Netzwerkes zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements war von dieser zugesagte Offenheit wenig zu spüren. Zur Gründung aufgerufen waren die ehemaligen Mitglieder des von der Familienministerin Dr. Christine Bergmann berufenen Nationalen Beirates zum Internationalen Jahr der Freiwilligen 2001. Nachdem das Netzwerk einstimmig von der Gründungsversammlung, also auch mit Unterstützung des Deutschen Kulturrates, gegründet wurde, wurde bei der Besetzung des Interimsvorstandes ein Drittel der Plätze durch Staatsvertreter besetzt. Besonders problematisch ist, dass der für bürgerschaftliches Engagement zuständige Referatsleiter im Familienministerium Martin Schenkel einer der drei Staatsvertreter im Interimsvorstand ist. Martin Schenkel wird für das Familienministerium über die zugesagte finanzielle Unterstützung für das Netzwerk zu entscheiden haben. Die Trennung zwischen staatlichem Zuwendungsgeber und dem zivilgesellschaftlichen Zuwendungsnehmer aufgebrochen zu haben, ist ein unverzeihlicher Sündenfall. Man darf gespannt sein, wer in der Zukunft im Netzwerk das Sagen hat, die bürgerschaftlich Engagierten selbst oder der Staat.