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Ensemble. Foto: © Oliver Berg
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Abschied aus Dingsda, äh, Münster – Ulrich Peters inszeniert Eduard Künnekes Erfolgsoperette

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Fast zehn Jahre lang war Ulrich Peters Intendant des Theaters Münster, im Herbst 2021 wechselte er von dort aus ans Badische Staatstheater Karlsruhe, wo er nach der Abberufung seines Vorgängers Peter Spuhler in den kommenden drei Jahren als „Interimsintendant“ für die Verbesserung des Arbeitsklimas sorgen will. Aus Münster verabschiedet sich Peters nun endgültig mit Eduard Künnekes „Der Vetter aus Dingsda“.

Seinen Einstand als regieführender Intendant des Theaters Münster hatte Ulrich Peters im November 2012 mit Ralph Benatzkys „Im weißen Rössl“ gegeben, für seinen Abschied hat er sich nun Eduard Künnekes Erfolgsoperette „Der Vetter aus Dingsda“ ausgesucht. So schließt sich ein Kreis von Inszenierungen, deren Schwerpunkt im Wesentlichen auf dem Heiteren, Komödiantischen lag – auf Musiktheater mit glücklichem „Happy End“ sozusagen.

Glück erhofft sich auch die schöne und gut betuchte Julia, darf sie doch schon bald ihren geliebten Roderich wieder in die Arme schließen. Nach langen sieben Jahren einer „Fernbeziehung“, nach sieben Jahren platonischer Liebe, kärglich begleitet nur vom zarten Schein des Mondlichts, das keine Grenzen kennt. Denn Roderich ist weit, weit weg in „Dingsda“. Aber jetzt stehen den beiden die Pforten offen und sollen in den Hafen der Ehe münden.

Aber halt! So schnell und einfach blüht das Glück nun auch nicht in Eduard Künnekes Operette. Es kommt auf verschlungenen Pfaden. Denn würde sich Julia nach dem Willen ihres Vormundes mit dem schönen Namen Josef Kuhbrot richten, wäre der Zukünftige dessen eigener Neffe August Kuhbrot. Und am Ende wird genau der es auch sein, wenn sich die ganze Verwirrung um den „Dingsda“-Vetter, den smarten Landratssohn Egon von Wildenhagen und den leibhaftigen Roderich endgültig aufgelöst hat.

Ulrich Peters verortet Künnekes Operette vor einem mondänen Anwesen: links eine klassizistische Villa, rechts ein Gartenhaus mit abgezirkeltem Spalierobst an der Wand (Bühne: Bernd Franke). Dazwischen eine Terrasse mit Springbrunnen, auf der Julia (Tanja Kuhn) und ihre Freundin Hannchen (Kathrin Filip) ihre Späße aushecken und die etwas klischeehaft übereifrigen Diener (Lars Hübel und Christian-Kai Sander) „noch ein Gläschen Bordeaux, noch ein Stück Fricandeau“ kredenzen, um den permanenten Heißhunger zu stillen, von dem Josef Kuhbrot (Rainer Zaun) geplagt wird. Seine ihn warnende Gattin Wilhelmine (Suzanne McLeod) wird schlichtweg ignoriert. Ansonsten ist man bemüht, Reichtum und Wohlstand zu sichern. Dumm nur, dass sich das Mündel in den vermeintlich Falschen verguckt - eben jenen „armen Wandergesell“ mit Rucksack auf den Schultern, der sich als Roderich ausgibt (selbstbewusst: Martin Koch). Der echte Verlobte von einst (David Zimmer) kommt erst viel später als erwartet zurück aus Batavia (also diesem „Dingsda“), lautstark angekündigt mittels Autohupe. Auf ihn fliegt schnurstracks das burschikose Hannchen, während Julia ihr Herz tatsächlich an Papas Favoriten verliert: an August. Also am Ende alles in bester Ordnung, zwei mal zwei Herzen im Gleichtakt. Und vor allem auch ein zufriedener Onkel.

Zufrieden durfte auch das Premierenpublikum in Münster sein. Es bekam opulente Bilder eines herrschaftlichen Hauses mit ausgedehnter Parklandschaft zu sehen, stilvolle Kostüme aus den 1920er Jahren (Bernhard Niechotz), Regen, Blitz und Donner … und ein darstellerisch wie gesanglich famoses Ensemble nebst schwungvoll aufspielendem Orchester. Foxtrott, Paso-dobles, Onestepps und ähnlich flotte Tänzchen ließ Kapellmeister Thorsten Schmid-Kapfenburg am Dirigentenpult wie kleine Juwelen blitzen, auch wenn sich Ulrich Peters‘ Personenführung von den schmissigen Ohrwürmern nur begrenzt hat inspirieren lassen. Da wäre gewiss noch mehr an Temperament „drin“ gewesen. Witzig, ironisch, frech und auch ein bisschen naiv bleibt diese Inszenierung allemal. Die Sympathien des Publikums waren dem scheidenden Intendanten an diesem Abend auf jeden Fall sicher.

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