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Axel Köhler. Foto: Lutz Edelhoff
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Axel Köhler: „Jetzt ist nicht die Zeit für unsolidarisches Verhalten“

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An der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden herrscht Ruhe. Wo sonst, wie an Musikschulen allenorts üblich, instrumentale Vielfalt und Stimmengewirr durch die Flure dringt, ist es still. Der Lehrbetrieb ruht, bis vorerst zum 10. Juli sind auch sämtliche Veranstaltungen abgesagt. Der Studienbetrieb solle nach Möglichkeit Anfang Mai wieder aufgenommen werden, sagt Rektor Axel Köhler. Über die Konsequenzen für Ausbildung und Personal – insbesondere für die nicht festangestellten Honorarkräfte – hat Michael Ernst mit Axel Köhler gesprochen, dem Rektor der Hochschule.

Die meisten Spielstätten in Sachsen sind vorerst bis 19. April geschlossen, Sie haben alle Hochschul-Veranstaltungen bis einschließlich 10. Juli abgesagt. Was hat Sie zu diesem langfristigen Schritt bewogen?

Axel Köhler: Der Grund ist, dass die Veranstaltungen unserer Hochschule alle im Sinne der Ausbildung, der Lehre stattfinden und nicht um ihrer selbst willen. Wenn also nicht gelehrt werden kann, machen auch die Veranstaltungen keinen Sinn. Wenn wir Glück haben, können wir am 4. Mai mit dem Sommersemester beginnen. Um dann den Lehrbetrieb so optimal wie möglich zu gestalten, müssen wir zuerst einmal sicherstellen, dass die Studierenden ausreichend mit Lehrinhalten versorgt werden. Da müssen Veranstaltungen, die ja in unserem Falle das Ergebnis der Lehre darstellen, in die zweite Reihe rücken.

Daher haben wir auch den Konzertkalender komplett von der Website genommen und die Werbemaßnahmen eingestellt. Wir sind eben in erster Linie kein Veranstaltungsbetrieb wie z.B. die Semperoper oder das Staatsschauspiel. Bei uns geht es um die Ergebnisse der Lehre und die müssen wir als Hochschule absichern.

Welche Maßnahmen werden bis dahin getroffen?

Es gibt wöchentliche Telefonate mit der Landesrektorenkonferenz, da ist auch das zuständige Ministerium involviert. Darin werden sämtliche Probleme diskutiert, die Hochschulen und Universitäten bringen sich gegenseitig auf den aktuellen Stand. Es wird auch versucht, die notwendigen Maßnahmen möglichst einheitlich zu treffen wie z.B. die Verschiebung des Semesterbeginns.

Aber an einer Musikhochschule gibt es viel Einzelunterricht und sehr individuelle Studienmodule, insofern können wir unter Umständen gar nicht alles so einheitlich mit anderen Hochschulen regeln.

Ist das sogenannte E-Learning, wie es jetzt durch die Schulen praktiziert wird, für Sie eine Alternative?

Teilweise wird das bereits praktiziert. Insbesondere in wissenschaftlichen Bereichen und im Lehramt kann das differenziert angeboten werden. Auch für die künstlerische Praxis gibt es einige Lehrende, die das jetzt anbieten. Instrumentalunterricht per Skype ist aber nur begrenzt möglich, etwa im Fach Klavier. Denn ein Flügel ist ein Flügel ist ein Flügel. Aber bei der Geige kann man den spezifischen Klang auf diesem Wege kaum wirklich beurteilen. Das trifft auch auf den Gesangsunterricht zu. Allerdings gibt es bereits technische Möglichkeiten, um diese Unterrichte digital zu halten, die sind aber sehr teuer und bis dato nur sehr vereinzelt vorhanden.

Wie ist das Verständnis für die getroffenen Maßnahmen in Ihrem Haus?

Unser Krisenmanagement findet im Moment ein positives Feedback und ich glaube, alle fühlen sich geschützt und aufgehoben. Die Studierenden wurden alle nach Hause geschickt, das Rektorat und der Krisenstab arbeiten professionell und ohne Hektik.

Wir müssten das Semester, wenn es im Mai startet, wegen der Prüfungen wohl bis in den August hinein verlängern. Wenn wir noch später beginnen müssten, wäre auch das nicht mehr möglich.

Wie ist die Situation bei den Lehrkräften? Die Festangestellten werden bezahlt – und die Honorarkräfte?

Da haben wir grundsätzlich die Regelung, dass alle Honorarkräfte bezahlt werden, als würde der Unterricht stattfinden. Es ist jetzt nicht die Zeit, sich unsolidarisch zu verhalten. Die ausfallenden Stunden sollen natürlich möglichst nachgeholt werden. Doch im Moment ist auch jeglicher Unterricht zu Hause untersagt.

Sie selbst sind aber nach wie vor in der Hochschule. Der Kapitän geht als Letzter von Bord?

Ja, ich war bis jetzt täglich in der Hochschule, aber nachdem die Regelungen noch einmal verschärft wurden, werde auch ich versuchen, so viel wie möglich von zu Hause aus zu arbeiten. Wir haben einen Krisenstab eingerichtet, sind untereinander per Telefon und Mail jederzeit ansprechbar und so absolut arbeitsfähig.

Das Frühjahr wäre eigentlich die Zeit der Bewerbungen, wie sieht es da aus?

Die Bewerbungen gehen nach wie vor ein, sogar ziemlich reichlich. Die Frage ist nur, wie die Aufnahmeprüfungen umgesetzt werden sollen. Dazu gibt es derzeit noch kein Szenario. Wir müssen jetzt warten, was die aktuellen Maßnahmen bewirken, wie die Tendenz ist, mehr kann ich dazu einfach noch nicht sagen. Studienvoraussetzung ist schließlich das Abitur, aber wer weiß schon, ob und wann da die Prüfungen stattfinden?

Und wie sieht die Situation am Landesgymnasium aus?

Am Landesgymnasium ist die Situation so wie an allen anderen sächsischen Schulen. Das Haus ist geschlossen, für den Unterricht werden Alternativen gesucht.

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