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Peter Gall Quintett in München. Foto: Ralf Dombrowski
Peter Gall Quintett in München. Foto: Ralf Dombrowski
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Jazzrausch für Fortgeschrittene – Das Peter Gall Quintett beim BMW Welt Jazz Award 2020

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Die Musik des Peter Gall Quintetts erwies sich als anspruchsvoll gefächertes Konglomerat unterschiedlicher Stileinflüsse, die sich nicht mit schlichten Songstrukturen begnügten, sondern Klänge, Melodien, Einzelteile schichteten und verwarfen, verzahnten und entkernten, konkretisierten und relativierten, meint unser Kritiker Ralf Dombrowski.

Beziehungen sind nicht alles, aber doch ziemlich wichtig. Den Pianisten Rainer Böhm kennt Peter Gall noch als Zimmernachbar zu Studentenzeiten. Mit dem Gitarristen Reinier Baas saß er in derselben Klasse an der Manhattan School Of Music, dem Saxophonisten Wanja Slavin lief er in München häufig über den Weg, als jener noch nicht nach Berlin weitergezogen war. Und der Bassist Felix Henkelhausen war irgendwann einfach da. Das sind alles keine Zwangsläufigkeiten, aber Optionen, wenn es darum geht, nach Jahren des Begleitens auch einmal etwas Eigenes aufzunehmen und als Band zu verkörpern.

So hatte der Schlagzeuger aus Bad Aibling ein hervorragendes und harmonierendes Team um sich, mit dem er beim vierten Wettbewerbs-Konzert des diesjährigen BMW Welt Jazz Awards antreten konnte. Zu schwitzen hatten die Beteiligten allemal. Denn Galls Musik erwies sich als anspruchsvoll gefächertes Konglomerat unterschiedlicher Stileinflüsse, die sich nicht mit schlichten Songstrukturen begnügten, sondern Klänge, Melodien, Einzelteile schichteten und verwarfen, verzahnten und entkernten, konkretisierten und relativierten. Jeder fügte seine eigenen Vorlieben dazu, Rainer Böhm einen porösen, mit enorme Energieamplituden agierenden Romantizismus, Wanja Slavin den Hang zur geläufigen Abstraktion, Reinier Baas eine an beißendem Indie-Gitarrensound orientierte Beiläufigkeit harmonischer Komplexität.

Im Vergleich dazu wirkte Felix Henkelhausens tönende Fundament vor allem gelassen und formgebend, während Peter Gall die Leitung der Band in Gestalt eines Hintergrundarbeiters übernahm, der die eigenen Kompositionen und die Charaktere der Mitspieler in Einklang brachte. Inhaltlich folgte die Musik dem Programm seines Albums „Paradox Dreambox“, das allerdings in der Bühnenversion die Redundanzen und Energiespitzen auskostete, für die sich das Quintett in 90 Konzertminuten Zeit lassen konnte. Ein Klanggebilde konnte heranwachsen, das von kammermusikalischer Feinheit über postboppende Modernität bis zu einem akustischen Fusion-Flow mit reichlich rhythmischer Kraft reichte. Es war ein Jazzrausch für Fortgeschrittene und zugleich ein Treffen der fünf Freunde, die den großen Rahmen der BMW Welt genossen.

 

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