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M (1) – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER (WER HAT ANGST VOR WAS EIGENTLICH?)“ | © RESIDENZTHEATER
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Preview auf Krisen-Geschwurbel – Schorsch Kamerun mit einer zerfahrenen Konzert-Installation in München

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„Kinder, schafft Neues“ forderte schon Richard Wagner, ehe er zur „teutschen“ Weltkultur stilisiert wurde. Das als allzu barock und tradionell verschrieene München leistet sich für Innovatives seit 1988 eine anfangs von Hans Werner Henze getragene „Biennale für Neues Musiktheater“. Die derzeitigen Leiter Daniel Ott und Manos Tsangaris brachten den Bayerischen Rundfunk und das Bayerische Staatsschauspiel mit Schorsch Kamerun zu einem dreiteiligen Projekt um den Film-Klassiker „M“ zusammen – was auch unserern Kritiker Wolf-Dieter Peter anlockte.

„Live Konzertinstallation auf dem Marstallplatz als filmische Preview zur Uraufführung von Schorsch Kamerun nach Fritz Lang und Thea von Harbou mit Soundscapes von Cathy van Eck“ – da saß der Musiktheaterfreund schon mal beeindruckt vor der abendlich herrlich klassizistischen Marstallplatzfassade und einer großen Videoleinwand und Podien mit Elektronik. Nicht mehr die bis vor einigen Jahren sprichwörtliche „German Angst“, sondern das neue „Krisen“-Gefühl will Multi-Aktionist Kamerun analysieren – und setzte ein: Live-Video-Takes von der Marstall-Bühne, von den virus-bedingt mobilen Behelfsgarderoben, den Treppen, dem Eingangsportal, dann mal Szenen mit wunderlich kostümierten Figuren links und rechts auf dem Platz; geheimnisvolle Gänge eines „Mysteriums“; ein „Dinner in Weiß“ für zwei „Ermittler“(Evelyne Gugolz, Max Rothbart), einen „Straßenvertreter“( Delschad Numan Khorschid) und den „Apparatschik“(Oliver Stokowski); mal blähte sich ein silberner Schlauch mit wechselnder Luftfüllung, mal wurde eine lange Lichterkette wellenartig bewegt; ein „Egophobe“ fuhr im Golf-Cart vor; gegen Ende des 90-Minuten-Spektakels kam ein offener Kulissen-LKW des Staatsschauspiels mit den vier zuvor ermittelnden, dann dinierenden und nun richtenden Protagonisten um die Ecke auf den Platz – fast alles per Video verdoppelt … trotz enormem Technik-Aufwand durchweg irritierend asynchron … da störte es dann nicht, dass auch mal Unbeteiligte oder Radfahrer immerhin hinter der Leinwand den Platz überquerten.

„Wem nützt welcher Schrecken?“ hat Kamerun als Untertitel für diesen zweiten Abend seiner „M“-Trilogie gewählt. Im Teil 1 kreiste er in einer Art Hörspiel-Annäherung um den Film-Klassiker (als BR-Podcast abrufbar). Nun wollte er „alles“ – und es wurde aufwändigst leeres Geschwurbel. Cathy van Ecks Soundscapes kamen über banales Begleitgeräusch nicht hinaus. Ein „Experten-Gespräch“ des Münchner Flüchtlingsratsvorsitzenden und einer Virologie-Professorin versaggerte in Gelaber. Die von Kamerun und Hannah Weiss überwiegend gerapten Songs blieben unter Schlicht-Niveau und die um ihre herzbewegende Tiefe gebrachte Monteverdi-Klage „Lasciate mi morir“ erklang schlimm „benutzt“.

Kamerun will sein und unser und das von unfassbaren Mächten geschürte Krisengefühl wohl „total“ erfassen – und landete textlich zwischen ein paar guten lyrischen Zeilen, Bild-Schlagzeilen und reichlich „ent-geist-ertem“ Sozio-Philosophie-Mischmasch. Erschreckend daran war nur, dass kein Dramaturg in der Biennale wie im Staatsschauspiel das erkannt hat und forderte „So kommt das nicht zur Aufführung!“ Damit der für September annoncierte Teil 3 aus dem präpotenten Geschwurbel noch „Neues“ - siehe oben – macht – dafür müssten künstlerische Geistesblitze einschlagen.

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