Jährlicher Bericht zur Entwicklung des Bürgerschaftlichen Engagements (Arbeitstitel)
Sowohl das Internationale Jahr der Freiwilligen im Jahr 2001 als auch die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagement“ haben deutlich gemacht, dass das Thema Bürgerschaftliches Engagement einer kontinuierlichen Bearbeitung bedarf. Im Vorfeld des Internationalen Jahres der Freiwilligen wurden verschiedene empirische Forschungen durchgeführt, die die Bandbreite und das Potenzial Bürgerschaftlichen Engagement gezeigt haben. Die Dritte-Sektor-Forschung hat sich deutlich ausdifferenziert. Mit Hilde internationaler Forschungsvorhaben können Vergleiche zur Entwicklung des Bürgerschaftlichen Engagement in anderen Staaten angestellt werden.
Diese Forschungsvorhaben können eine kontinuierliche wissenschaftliche Beobachtung und Untersuchung des Dritten-Sektors aber nicht ersetzen. Im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik hat sich erwiesen, dass eine kontinuierliche Berichterstattung auch Messgrößen für die Wirkung von Politik in diesem Feld liefern kann. Ähnliches gilt für andere Berichtwesen wie z.B. das des Wehrbeauftragten, der Bericht der Ausländerbeauftragten usw.
Kontinuierliche Berichte aus den verschiedenen Politikfeldern ermöglichen die Erforschung langfristiger Entwicklung. Sie können ein ganz anderes Instrumentarium entwickeln als kurzfristige Berichte, die immer einem aktuellen Forschungsinteresse nachkommen müssen. Ein jährlicher Bericht zur Entwicklung des Bürgerschaftlichen Engagement würde also zusätzliche wissenschaftliche Informationen liefern können.
Entscheidender ist aber, dass mit Hilfe eines kontinuierlichen Berichtswesen überprüft werden kann, ob politische Maßnahmen zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagement auch tatsächlich den gewünschten Erfolg zeigen. Diese Erfolgsmessung ist solide nur über den Aufbau langfristiger Datenreihen, über die Entwicklung einer sauberen Methodik und unter der Beteiligung der Organisationen des Dritten Sektors möglich.
Es ist dringend zu empfehlen, dass Verbände und Organisationen in Form eines Beirats die Erstellung des „Jährlichen Berichts zur Entwicklung des Bürgerschaftlichen Engagements“ (Arbeitstitel) begleiten. Die Verbände und Organisationen des dritten Sektors verfügen über die notwendigen Informationen aus der Praxis. Die Bundesverbände können darüber hinaus die gebündelten Verbandspositionen vertreten. Diese Positionen zeichnen sich durch ein hohes Maß an Verbindlichkeit aus, da sie in den unterschiedlichen Verbandsgremien vorab diskutiert und abgestimmt worden sind. Sie unterscheiden sich damit von der Einzelmeinung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Akzeptanz eines „Jährlichen Berichts zur Entwicklung des Bürgerschaftlichen Engagements“ (Arbeitstitel) wird davon abhängen, ob der Fach- und Sachverstand aus den Verbänden und Organisationen des Dritten Sektors eingebunden wird.
Dringend erforderlich wird ferner sein, das breite Spektrum des Bürgerschaftlichen Engagement bei einem solchen Bericht in den Blick zu nehmen. Es sollten sowohl die unterschiedlichen Arbeitsfeldern von der Freiwilligen Feuerwehr, von der Jugendarbeit, der Kultur, dem Wohlfahrtsbereich, dem Umwelt- und Naturschutz, dem Sport, der Selbsthilfebewegung usw. berücksichtigt werden als auch die Spende von Zeit und die Spende von Geld.
Bürgerschaftliches Engagement kann in der Praxis vielfältige Ausdrucksformen finden. Es unterliegt einem stetigen Wandel. Sowohl die verschiedenen Praxisfelder als auch allgemein der Wandel muss im Bericht deutlich werden, das bedeutet, dass die Instrumente kontinuierlich verfeinert werden müssen.
Bundesforum Bürgerschaftliches Engagement (Arbeitstitel)
Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, kommt dem Austausch unter den verschiedenen Organisationen des Dritten Sektors eine herausragende Bedeutung zu. Auch wenn die verschiedenen Organisationen in unterschiedlichen Arbeitsfeldern tätig sind, auch wenn sich die Tätigkeitsbereiche in der Praxis voneinander unterscheiden, gibt es hinsichtlich der Problemfelder zahlreiche Überschneidungen.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Steuerrecht, im Arbeits- und Sozialrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht usw. sind für alle Organisationen verbindlich. Eine gemeinsame unabhängige Plattform für Organisationen des Dritten Sektors könnte den möglichen Änderungsbedarf in den Rahmenbedingungen aufzeigen. Es könnten konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Rahmenbedingungen des Bürgerschaftlichen Engagement erarbeitet werden. Diese Vorschläge würden unter den Organisationen abgestimmt und hätten damit ein hohes Maß an Verbindlichkeit. Politik und Verwaltung hätten einen Ansprechpartner für die gebündelten Interessen aus dem Dritten Sektor.
Die Vertretung von Einzelinteressen würde dadurch nicht überflüssig werden. Vielmehr könnten die einzelnen Verbände, sehr pointiert die Positionen formulieren, die über den geschlossenen Kompromiss hinaus für sie bedeutsam sind.
Darüber hinaus ist dem Austausch der Organisationen untereinander eine hohe Bedeutung beizumessen. Organisationen des Dritten Sektors können von den jeweiligen Erfahrungen der anderen profitieren. Alle Verbände und Organisationen des Dritten Sektors müssen sich kontinuierlich weiterentwickeln, müssen neue Wege in der Verbandsarbeit beschreiten, müssen angepasste Formen Bürgerschaftlichen Engagement finden. Einige Organisationen sind Vorreiter in der Organisationsentwicklung, andere könnten von den Erfahrungen profitieren und anhand der Beispiele eigene angepasste Entwicklungskonzepte entwerfen.
Der Austausch des Dritten Sektors kann am besten in einer eigenen unabhängigen Plattform gelingen. Nur so kann das nötige Vertrauen in die Zusammenarbeit aufgebaut werden. Eine solche Plattform, denkbar wäre ein „Bundesforum Bürgerschaftliches Engagement“ bedürfte in den ersten Jahren der finanziellen Unterstützung des Bundes, da die meisten Organisationen, die sich in dem Bundesforum zusammenschließen über keine oder nur wenige eigene Mittel verfügen. Diese Unterstützung müsste von vorneherein so angelegt sein, dass sukzessive eigene Mittel eingeworben und erwirtschaftet werden können. Eine Fehlbedarfsfinanzierung scheidet damit von vorneherein aus. Ziel sollte sein, dass sich mittelfristig das „Bundesforum Bürgerschaftliches Engagements“ selbst trägt.
Olaf Zimmermann
Sep. 2001