Hauptrubrik
Banner Full-Size

Kulturpolitische Machtverschiebung in den Ländern

Autor
Publikationsdatum
Body

Im April 2005 schaffte Schleswig-Holstein als erste Landesregierung das Kulturressort ab und verlegte die Kulturabteilung in die Staatskanzlei. Ministerpräsident Carstensen begründete diese Entscheidung mit seiner besonders großen Wertschätzung der Kultur gegenüber. Der Kulturbereich sollte mit der Verankerung in der Staatskanzlei aufgewertet werden und er wollte sich persönlich um die stärkere Förderung von Kultur kümmern.

Nach der Landtagswahl von Nordrhein-Westfalen im Mai 2005 wurde auch in diesem Bundesland die Kulturabteilung, die zuvor je nach Zusammensetzung der Landesregierung in verschiedenen Ministerien angesiedelt war, in die Staatskanzlei eingegliedert. Ministerpräsident Rüttgers ist zugleich Kulturminister. Staatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff war bis zur Mitte dieses Jahres sowohl Chef der Staatskanzlei als auch Kulturstaatssekretär. Inzwischen ist er ausschließlich für Kultur zuständig.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit hat sich dem Beispiel seiner Ministerpräsidentenkollegen angeschlossen, hat die Kulturabteilung aus der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur herausgelöst und ist nun neben der Tätigkeit als Regierender Bürgermeister zugleich Kultursenator. Der frühere Chef der Staatskanzlei André Schmitz ist Kulturstaatssekretär.

Nachdem nunmehr mit Berlin im dritten Land dieser Weg beschritten wurde, fragte politik und kultur, die Zeitung des Deutschen Kulturrates, nach, welche Erfahrungen in den beiden anderen Ländern, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, mit dieser Entscheidung bislang gesammelt wurden. Dabei wurden neben der Exekutive die Legislative und die Zivilgesellschaft befragt. Wichtig war dabei zu erfahren, welche Rolle Kulturpolitik in den Landtagen spielt, ob in den Landtagen eine Diskussion zu den kulturpolitischen Entscheidungen stattfinden. Es wurden daher alle kulturpolitischen Sprecher der Landtage von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen um ihre Meinung gebeten. Dieses ist vor allem vor dem Hintergrund der Föderalismusreform von Bedeutung, denn hier wurden die Rechte der Länder mit Blick auf die Vertretung gesamtstaatlicher Interessen in Europa gestärkt.

In der Ausgabe September/Oktober 2005 (5/2005) von politik und kultur gaben die Landtagspräsidenten zu verstehen, dass sie mit der Föderalismusreform neue Aufgaben auf sich zukommen sehen und sie auch in kulturpolitischen Fragen eine stärkere Abstimmung suchen. Wenn dieses gelingen soll, muss Kulturpolitik im Parlament einen wichtigen Stellenwert haben. In Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein scheint bislang die Verankerung der Kulturabteilung in der Staatskanzlei nicht zu einer verstärkten kulturpolitischen Diskussion in den Landtagen geführt zu haben. Im Gegenteil: die Ansiedlung der Kulturabteilung in den Staatskanzleien führt zu einer weiteren Stärkung der Exekutive bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Legislative.

Kultur nutzt zur Repräsentation, Kulturpolitik als demokratische Auseinandersetzung zu den Zielen der Kulturförderung und der Gestaltung der Rahmenbedingungen verliert an Bedeutung. Dieses wirkt sich auch auf die Auseinandersetzung mit der organisierten Zivilgesellschaft aus, die als Ansprechpartner beide, Regierung und Parlament, benötigt.

Schleswig-Holstein

Die Erfahrungen in Schleswig-Holstein bewerten in politik und kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, 01-2007 (Jan./Feb. 2007): Ministerpräsident Peter Harry Carstensen, MdL; Sylvia Eisenberg, MdL Vorsitzende des Bildungsausschusses des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Ulrike Rodust, MdL Kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag; Karl-Martin Hentschel, MdL Vorsitzender und Kulturpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Schleswig-Holsteinischen Landtag; Anke Spoorendonk, MdL Vorsitzende der SSW-Gruppe im Schleswig-Holsteinischen Landtag; Rolf Teucher, Vorsitzender des Landeskulturverbands Schleswig-Holstein e.V.

Nordrhein-Westfalen

Die Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen werten in politik und kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, 01-2007 (Jan./Feb. 2007) aus: Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff; Fritz Behrens, MdL Vorsitzender des Kulturausschusses des Landtags von Nordrhein-Westfalen; Claudia Nell-Paul, Kulturpolitische Sprecherin der SPD Landtagsfraktion; Oliver Keymis, Vizepräsident des Landtags von Nordrhein-Westfalen und Kulturpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grünen im Landtag von Nordrhein-Westfalen; Gerhart R. Baum, Vorsitzender des Kulturrates NRW.

Berlin

Monika Grütters, Bundestagsabgeordnete aus Berlin und Obfrau der CDU/CSU Fraktion im Ausschuss für Kultur Medien des Deutschen Bundestags und Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates setzen sich mit den Folgen der kulturpolitischen Machtverschiebung in Berlin auseinander.

##########################

politik und kultur, die Zeitung des Deutschen Kulturrates, 01-2007 (Jan./Feb. 2007) steht im Internet als pdf-Datei zum Herunterladen bereit: http://www.kulturrat.de/puk/puk01-07.pdf (5,1 MB)

##########################

25 Jahre Deutscher Kulturrat - Die Jubiläums-DVD

Über 95 Minuten Interviews, Diskussionen, Vorträge, Kommentare und Musik. Die DVD kann unter http://www.kulturrat.de/shop.php bestellt werden.

##########################
Autor