Der Verleger Wolfram Weimer soll Kulturstaatsminister werden. In der Kulturszene organisiert sich Widerstand. Weimer hat die Kritik inzwischen zurückgewiesen.
Eine Petition des «Ensemble-Netzwerks» darstellender Künstler gegen den designierten Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hat binnen zwei Tagen mehr als 26.000 Unterschriften gesammelt. Sie läuft unter dem Titel: «Wolfram Weimer darf nicht Staatsminister für Kultur und Medien werden!»
Initiator Paul Maximilian Pira äußerte im ZDF Zweifel an der Qualifikation Weimers, der viele Jahre als Journalist gearbeitet hat und seit 2012 ein eigenes Verlagshaus geleitet hat. Die Leitung des Verlags hat er nach eigenen Angaben inzwischen abgegeben.
Im Text der Petition heißt es: «Wolfram Weimer ist nicht geeignet für dieses zentrale Amt der Kulturpolitik. Er ist ein konservativer Publizist und Verleger, der bislang kaum als Kulturmensch in Erscheinung getreten ist.»
Pira sagte dem ZDF: «Wir freuen uns sehr darüber, dass so viele Menschen jetzt eine Unterschrift unter diese Petition gesetzt haben.» Damit setzten die Unterstützer ein Zeichen.
Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz hatte Weimer am Montag für das Amt benannt. Seine sehr konservativen Äußerungen der Vergangenheit trafen in der Kulturszene auf Vorbehalte. Kritiker wie der Schauspieler Ulrich Matthes warnten zudem, Weimer könnte sich womöglich für Kürzungen bei der Kultur einsetzen.
Weimer will als Staatsminister kein «Sparkommissar» sein
Weimer hat die Kritik inzwischen zurückgewiesen. Der Deutschen Presse-Agentur sagte der 60-Jährige: «Ich möchte die wunderbar reichhaltige Kulturlandschaft vor allem stärken und unterstützen in ihrer außergewöhnlichen Vielfalt. Wer von mir den Sparkommissar erwartet, den muss ich enttäuschen.»
Im Koalitionsvertrag stehe der schöne Satz: ««Unser Land soll ein Leuchtturm für freie Kunst und Kultur in der Welt sein.» Diesen Leuchtturm gilt es leuchten zu lassen und nicht abzudunkeln.»
«Ich bin ein Mann der bürgerlichen Mitte»
«Ich bin ein Mann der bürgerlichen Mitte», setzte Weimer der Kritik nun entgegen. Seit Jahren schreibe und rede er gegen die AfD und die Umtriebe des Rechtspopulismus «kämpferisch an. Die liberale, weltoffene Demokratie ist mein Gehäuse. Als leidenschaftlicher Europäer ist mir Nationalismus fremd.»
Leider sei die «Zersetzung des öffentlichen Diskurses durch Ressentiments» eine üble Folge des Rechtspopulismus. «Ihm gilt es sich entgegenzustellen», sagte Weimer. «Auch indem wir in der weiten politischen Mitte den politischen Diskurs offen und respektvoll gestalten und nicht jeden in die rechte Ecke stellen, der lieber Thomas Mann als Bert Brecht liest.»
Weimer sieht unterschiedliche Meinungen als Bereicherung an
In der Kritik steht unter anderem das von Weimer 2018 veröffentlichte «Konservative Manifest». Darin verfasste er nicht weniger als «zehn Gebote» für den modernen Wertkonservativen. Zu seinen Ausführungen stehe er weiter, «ich war und bin ein bekennender Liberal-Konservativer und Werte-Verfechter der bürgerlichen Kultur», betonte Weimer.
Wertkonservative hingen aber nicht an dem, was gestern gewesen sei, sondern schätzten das, was immer gelte - «zum Beispiel die Weite von Bildung, die Freiheit im Denken, die Tiefe der Sehnsucht, die Magie der Ästhetik und die Schönheit des Zweifelns. Und die Freiheit, unterschiedliche Meinungen als Bereicherung zu empfinden.»
Keine Änderungen an Nationalhymne geplant
Zugleich verwahrte sich Weimer gegen ein Gerücht, er wolle eine neue deutsche Nationalhymne. «Das Gerücht, ich wolle die Nationalhymne irgendwie ändern, ist völlig absurd», sagte er. Die Hymne sei wunderbar und immer noch zeitgemäß.
Weimer mutmaßte, das Gerücht basiere «womöglich auf einem meiner Artikel zu Hoffmann von Fallersleben, in dem ich darauf hingewiesen habe, dass er ein Antisemit war». Er trete seit jeher engagiert gegen jeden Antisemitismus ein. Dieser habe sich schon wieder «viel zu tief in die Gesellschaft eingegraben. Wir sollten in diesem Punkt auch die Erinnerungskultur achtsam pflegen.»
Freude über Lob der Europäischen Rabbiner
Bei aller Kritik an seiner Person gab es auch positive Reaktionen auf Weimers Nominierung. So lobte die Vereinigung der Europäischen Rabbiner seine Benennung ausdrücklich, weil Weimer sich «für eine klare Haltung in der Bekämpfung von Antisemitismus und Israelhass» eingesetzt habe. «Über das positive Echo der jüdischen Gemeinschaft zu meiner Nominierung und insbesondere vom Karlspreisträger 2024 und Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt habe ich mich sehr gefreut», sagte er.