Allseits wird beobachtet, wie oder ob der Kulturbetrieb „nach Corona“ wieder auf die Füße kommt. Neben den Publikumszahlen lohnt sich auch ein Blick auf die Förderstatistiken. Beim Musikfonds zeigt sich ein geteiltes Bild aus Positiv- und Negativrekorden.
572 Förderanträge sind allein im ersten Tertiär dieses Jahres beim Musikfonds eingegangen. Das ist das bisher höchste Antragsaufkommen eines Jahresdrittels seit der Gründung Ende 2016. Die Art der Entwicklung ist dabei schnell dargestellt: Nachdem die jährlichen Antragszahlen über die ersten vier Jahre leicht und kontinuierlich von 753 auf 809 gestiegen sind, schnellten sie 2021 plötzlich auf 1459. Der Name dieser Entwicklung: „Neustart Kultur“ (NSK), das Programm zur Sonderförderung der unter den Corona-Maßnahmen leidenden Kulturschaffenden. Obwohl es 2021 ausgelaufen ist, halten sich die Antragszahlen auf dem gleichen hohen Niveau, ohne finanzielle Extrazuwendung für den Musikfonds. Die Zahlen der jüngst zurückliegenden Monate deuten für 2023 auf ein nochmals gesteigertes Jahresaufkommen hin.
Trotz der gleichbleibend hohen Nachfrage konnte in der zweiten Förderrunde 2022 eine mit den ersten Jahren vergleichbare Förderquote erreicht werden: Rund 19 Prozent aller Anträge wurden in dem Zeitraum bewilligt. Geschäftsführer Gregor Hotz nennt einen einfachen Grund: „Das erklärt sich dadurch, dass die regulären Projektfördermittel während der Pandemie durch NSK-Mittel ersetzt wurden und wir sie ab der zweiten Förderrunde 2022 wieder den Projekten zugeführt haben. Die Förderrunden 02-22 und 01-23 wurden also mit zuvor eingesparten Geldern zusätzlich aufgestockt. Dadurch war die Förderquote 02-22 einigermaßen akzeptabel.“
Bei der jüngsten Förderrunde sieht es anders aus. Trotz der Extrafinanzen mussten mit gut neun Prozent neun von zehn Anträgen abgelehnt werden. Hierzu berichtet Hotz, dass während „Neustart Kultur“ die Förderrichtlinien des Musikfonds zugunsten der Künstler*innen etwas gelockert worden seien und sich somit der Kreis der Bewerber*innen nicht nur zahlenmäßig, sondern auch inhaltlich stark erweitert habe. Nun muss der Musikfonds aber wieder „eine hochambitionierte zeitgenössische Musik in den Fokus rücken, die Kunst als Selbstzweck, als existenziell-kreative Notwendigkeit oder Folge unabdingbaren Ausdruckswillens begreift und nicht kommerziell orientiert ist“, wie die offizielle Zielsetzung der Förderinstitution lautet.
Laut Hotz müsse der Musikfonds aber auch den Zielen entsprechende Anträge ablehnen, da der Zwei-Millionen-Etat einfach nicht für alle reiche: „‚Neustart Kultur‘ hat in der Szene viele Erwartungen geweckt. Alle sechs Bundesfonds bemühen sich des-halb momentan um eine Aufstockung im Bundeshaushalt 2024.“ Mindestens für 2023 ist also mit Negativrekorden der Förderquoten zu rechnen. Schließlich macht vor alledem auch die Inflation nicht halt.