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Johanna Doderers „Der leuchtende Fluss“ in Erfurt. Foto: Lutz Edelhoff
Johanna Doderers „Der leuchtende Fluss“ in Erfurt. Foto: Lutz Edelhoff
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Hymnische Feierlichkeit: Johanna Doderers „Der leuchtende Fluss“ am Theater Erfurt

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Programmatisch wurde vor sieben Jahren das neue Theaters in Erfurt mit einer Uraufführung eröffnet. Seitdem führt Guy Montavon das Haus erfolgreich, gerade wurde sein Vertrag verlängert, kann große Projekte wagen wie „Parsifal“ oder „Tannhäuser“, setzt vergessene oder überhörte Werke auf den Plan, stellt immer wieder auch außergewöhnliche Interpretationen zur Diskussion und hält sein Versprechen, in jeder Saison eine Uraufführung nach Erfurt zu bringen. Das Publikum dankt mit Treue, Neugier und Aufgeschlossenheit. Auch am Sonntag, zur Uraufführung der Oper „Der leuchtende Fluss“ von der österreichischen Komponistin Johanna Doderer mit dem Text ihres Landsmannes Wolfgang Hermann, ist das Haus so gut wie ausverkauft, die Zustimmung ist weitaus größer als dass man sie lediglich freundlich nennen müsste.

Dennoch, das Werk hat inhaltlich, textlich und vor allem musikalisch kaum eine tragfähige Basis. Es gibt keine Spannung, der Text – soweit man ihn versteht – ist nicht von dramatischem Zugriff und der beständig melodisch dahinfließenden Musik fehlt es an Gegensätzen, an Härten, an Verblüffung ebenso wie an Überraschungen.

Das ist alles einfach zu schön, zu weich, zu einschmeichelnd als gelte es den Kamerafahrten amerikanischer Filme über die Breite der Leinwand einen gefälligen Sound beizugeben. Dass die Komponistin dabei in der Lage ist geschickt Anklänge an so bekannte wie bewährte Kompositionstechniken der Alten und der Neuen Welt des 20. Jahrhunderts anzuwenden ohne einfach zu kopieren, dass sie es versteht klangvolle Arrangements zu setzen auch Klangfarben geschickt zu mischen, das ist unüberhörbar. Woran es mangelt ist die Dramatik, da gibt aber auch die Vorlage kaum Anlässe. So wird in epischer Breite eine Geschichte erzählt, wohlklingend, über weite Passagen in oratorisch, hymnischer Feierlichkeit.

Der Anlass des Werkes ist authentisch, das Leben des Protagonisten Ira Hayes wurde beschrieben, verfilmt und besungen. Es handelt sich um jenen Mann aus dem Indianerreservat der sich ein Jahr nach dem Überfall der Japaner auf Pearl Harbour, 1942 zum Militärdienst meldet und zu jenen drei überlebenden Männern gehört, die am 23. Februar 1945 auf der Insel Iwo Jima das Sternenbanner hissen. Hayes wird zum Nationalhelden indianischer Herkunft aufgebaut, auf Werbetouren zwecks Stärkung des Kampfgeistes und zur Gewinnung von Kriegsanleihen geschickt woran er zerbricht und was ihn Zuflucht in Alkoholexzessen suchen lässt. Er stirbt 1955 dort, wo er her kam, im Gila-River-Reservat.

Dazu baut das Team Doderer und Hermann für das Erfurter Auftragswerk einen Rahmen, der allgemein auf das Schicksal amerikanischer Ureinwohner und der Vernichtung ihres Lebensraumes anspielt und davon berichtet dass die Umleitung eines Flusses, als Lebensader der Indianer, diese in die Armut treibt, und dazu zwingt, sich zu verkaufen, die Frauen an Männer, die Männer an das Militär.

Für die Bühnenwirksamkeit bei fast drei Stunden Spieldauer aber fehlt es an wirklichen Konflikten, an Handlungsfeldern und letztlich auch an musikalischen Zuspitzungen, Duetten oder mitreißenden Ensembleszenen, zumal ja in tonaler Melodik die traditionelle Ästhetik fernab aller Experimente immer wieder gern bedient wird.

Zum Glück stellt das Theater Erfurt ein erstklassiges Ensemble und dieses sich mit besten Kräften in den Dienst des Werkes. Walter E. Gugerbauer bringt mit dem Philharmonischen Orchester Erfurt und dem Opernchor immer wieder die ausgebreiteten Klangflächen in Fluss was am ehesten Assoziationen zum im Titel verheißenen Leuchten zulässt.

Aus dem großen Ensemble sollen die „Gegenspieler“ genannt sein, John Bellemer als Ira Hayes und Peter Schöne als General Curtis. Bellemer kann einen gut klingenden und sicher geführten, vor allem standhaften Tenor für die ausladende Partie einsetzten, Schöne einen bewundernswert ebenmäßig klingenden Bariton bei ausgezeichneter Diktion.

Guy Montavon als Regisseur setzt in den Räumen von Peter Sykora auf klare Akzente und die Stärke wenig bewegter Bilder, vermeidet jede Zutat etwaiger Erklärungen oder Aktualisierungen zugunsten einer direkten Optik, die so auch dem musikalischen Anspruch nicht entgegen steht. So spielt das Werk in einer „weißen“ Oberwelt, auf deren Säulen Kernaussagen der Unabhängigkeitserklärung von 1776 geschrieben sind, und einer indianischen Unterwelt, durch die im gnadenlos mächtigen Stahlrohr die umgeleitete und somit geraubte Lebensader, eben jener Fluss, führt.

Am Ende wird unter allem noch ein dritter Raum sichtbar, ein Raum, überquellend von gleißendem Licht. Ob dessen Kraft den tödlichen Stahl wird schmelzen lassen und den Beton zum Bersten bringt bleibt unentschieden.

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