7.1 Vorbemerkung
Die Bearbeitung von Projekten für verschiedene Auftraggeber spielt traditionell in der Arbeit des Deutschen Kulturrates eine herausragende Rolle. In Kapitel 2 Die Geschäftsstelle des Deutschen Kulturrates wurde dargestellt, dass die Projektarbeit zu einem beträchtlichen Teil zur Finanzierung der Geschäftsstelle und damit der Arbeit des Deutschen Kulturrates beiträgt.
Die vom Deutschen Kulturrat bearbeiteten Projekte zielen darauf ab, den Sachverstand und das Fachwissen aus den Mitgliedsverbänden der Sektionen des Deutschen Kulturrates zu bündeln und anschließend Politik und Verwaltung zur Verfügung zu stellen. Anders als bei wissenschaftlichen Forschungsvorhaben von Universitäten, bei denen die wissenschaftliche Erkenntnisse im Vordergrund stehen, sollen bei den Projekten des Deutschen Kulturrates auf der Grundlage von Forschungsergebnissen Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung erarbeitet werden. Bedeutsam ist dabei, die Diskussion in den jeweiligen Fach- und Berufsverbänden zu berücksichtigen.
7.2 Bündelung verbandlicher Kulturpolitik und Politikberatung durch den Deutschen Kulturrat e.V.
Im Berichtszeitraum hat der Deutsche Kulturrat im Auftrag des Beauftragten der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien zwei Projekte bearbeitet, in deren Mittelpunkt die Politikberatung steht. Vom 01.01.1999 bis zum 31.12.1999 wurde das Projekt „Politikberatung durch den Deutschen Kulturrat e.V.“ bearbeitet. Seit dem 01.01.2000 bis zum 31.12.2000 erfüllt der Deutsche Kulturrat den Projektauftrag „Bündelung verbandlicher Kulturpolitik und Politikberatung durch den Deutschen Kulturrat e.V.“.
Beide Projekte haben zum Ziel, Politik und Verwaltung Informationen aus den Mitgliedsverbänden des Deutschen Kulturrates zur Verfügung zu stellen. Zentrale Aufgabe ist dabei, dass der Deutsche Kulturrat als Filter die teilweise sehr unterschiedlichen Interessen der Mitgliedsverbände der Sektionen des Deutschen Kulturrates zunächst aufnimmt, dann bündelt, in Stellungnahmen oder Resolutionen überführt und schließlich Politik und Verwaltung zur Verfügung stellt.
Im Deutschen Kulturrat e.V. finden wichtige Meinungsbildungsprozesse im Kulturbereich statt. Die Stellungnahmen spiegeln den von den unterschiedlichen Akteuren des kulturellen Lebens erarbeiteten und damit auch getragenen Konsens in kulturpolitischen Fragen wider. Dieser Konsens wird in Stellungnahmen und Positionen veröffentlicht. Weiter stellt der Deutsche Kulturrat in parlamentarischen Anhörungen die gebündelten Positionen des Kulturbereiches dar.
Dieser Bündelungs- und Vermittlungsprozess kann nur innerhalb des Kulturbereiches selbst stattfinden. Er enthebt die einzelnen Mitgliedsverbände der Sektionen des Deutschen Kulturrates e.V. nicht der Aufgabe, ihre spezifischen Interessen, die nicht konsensual sind, zu artikulieren.
Weiter informiert der Deutsche Kulturrat e.V. durch Veranstaltungen, Tagungen und Öffentlichkeitsarbeit die Öffentlichkeit über kulturelle und kulturpolitische Entwicklungen.
Ansprechpartner für den Deutschen Kulturrat sind im Rahmen der o.g. Projekte die Bundesministerien, hier in besonderer Weise die Behörde des Beauftragten der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien, das Parlament sowie die Ausschüsse des Deutschen Bundestags.
7.3 Kulturelle Bildung in der Wissensgesellschaft unter besonderer Berücksichtigung der Künste – Anforderungen, Entwicklungen und Qualifikationen
Dieses über mehrere Jahre (1998 bis 2001) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Vorhaben hat zum Ziel die Veränderungen in den Kultur- und Medienberufen durch den Einsatz neuer Technologien aufzuzeigen.
Im Projekt werden daher die Fragen gestellt:
welche Auswirkungen die neuen Informationstechnologien auf die Ausbildungsgänge haben,
welche Veränderungen in den Ausbildungsinhalten notwendig sind,
ob und wenn ja, welche Ergänzungen zu vorhandenen Ausbildungsbestandteilen erforderlich sind,
ob und wenn ja, inwieweit Auflösungstendenzen in den Zugangsvoraussetzungen zu beobachten sind und wenn ja, wie muss darauf in Hinblick auf die Weiterbildung reagiert werden,
ob die Zugangsvoraussetzungen ihren Stellenwert behalten und wenn ja, welche Rolle künftig die Weiterbildung bei der Anpassung an die neuen Anforderungen spielen wird,
ob Tendenzen zur Etablierung fester Zugangsvoraussetzungen diskutiert werden und wie hier die Rolle der Weiterbildung gesehen wird,
ob weiterhin an offenen Zugangswegen festgehalten wird und welcher Stellenwert dabei der Weiterbildung eingeräumt wird,
welchen Stellenwert Weiterbildung in den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern innerhalb einer Sparte hat,
welchen Stellenwert Weiterbildung in den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern zwischen den Sparten hat,
welche Bedeutung der Weiterbildung bei nicht strukturierten Zugängen im Vergleich zu geregelten Zugängen zukommt.
Im Berichtszeitraum wurde die erste grundlegende Literaturrecherche abgeschlossen. Es erwies sich, dass in der Fachliteratur das Thema „Informations- und Kommuniaktionstechnologien und Veränderung beruflicher Inhalte“ zwar sehr breit diskutiert wird, die Bereiche Kultur und Medien aber zumeist eine untergeordnete Rolle spielen. Aus den Fachzeitschriften des Kultur- und Medienbereiches, die bei der Literaturrecherche einen besonderen Stellenwert einnehmen, findet eine von Verband zu Verband sehr unterschiedlich intensive Diskussion statt. Hier zeigt sich auch die verschiedene Betroffenheit von technologischen Veränderungen und damit Diskussion in den Sparten. Am gegensätzlichsten sind die Sparten Literatur und darstellende Künste. Wird im Literaturbereich sehr intensiv über den Einsatz neuer Technologien und die Veränderung der beruflichen Tätigkeitsfelder gesprochen, scheint die Debatte an der Sparte Darstellende Kunst von weniger Bedeutung zu sein.
Diese kurz skizzierten Ergebnisse der Literaturrecherche wurden durch Interviews mit Expertinnen und Experten aus den Mitgliedsverbänden der Sektionen des Deutschen Kulturrates bestätigt. Wurde von den Expertinnen und Experten aus dem Literaturbereich von veränderten Berufsalltag und dem Erfordernis einer neuen beruflichen Positionierung mit entsprechend neuen Ausbildungsgängen gesprochen, fühlten sich Expertinnen und Experten aus der Sparte Darstellende Kunst von der Frage wenig angesprochen.
Im nächsten Untersuchungsschritt, in dem über den Verbandsbereich hinaus Expertinnen und Experten angesprochen werden sollen, wird zu eruieren sein, ob der oben geschilderte Eindruck den verbandlichen Diskussionen oder allgemein der Situation der Sparten geschuldet ist.
Ferner wurde im Rahmen des Projektes eine Studie zu Professionalisierungsseminaren für Bildende Künstlerinnen und Künstler angestellt. Wichtigstes Ergebnis war hier, dass nach wie vor die Vorbereitung auf die Berufsausübung und das Bewegen auf den Kunstmarkt von den Kunsthochschulen vernachlässigt wird. Professionalisierungsseminare dienen dazu, Künstlerinnen und Künstlern die notwendigen Kenntnisse zum Überleben auf dem Kunstmarkt zu vermitteln. Gerade in Hinblick auf die Chancen neuer Technologien zur Selbstvermarktung von Künstlerinnen und Künstler können Professionalisierungsseminare wichtige Informationen bieten.
7.4 Cultural Contact Point
Der Cultural Contact Point gehört inzwischen zum festen Bestandteil des Service-Angebotes des Deutschen Kulturrates. Sein Ziel ist es, über die Europäischen Kulturförderprogramme zu informieren und bei der Antragstellung konkrete Hilfe zu leisten.
Im Berichtszeitraum war die Arbeit des Cultural Contact Point dadurch geprägt, dass lange Zeit Unsicherheit bestand, wie die Europäische Kulturförderung überhaupt aussehen soll. Das Programm Kaleidoskop war bereits ausgelaufen, bevor das neue Programm Kultur 2000 verabschiedet war. Als Übergangslösung wurden daher Pilotprojekte gestartet, mit denen auch getestet werden sollte, ob die Ausrichtung der neuen Kulturförderung der Europäischen Kommission auf ausreichend Resonanz stößt.
Obwohl die Bewerbungsfrist im Jahr 1999 für die Pilotprojekte sehr knapp war und zu dem in die Ferienzeit fiel, war die Resonanz ausgesprochen groß. Der Cultural Contact Point hat die an europäischer Kulturförderung Interessierten über die Pilotprojekte informiert und hinsichtlich der Antragstellung beraten.
Neben der allgemeinen Information über die Europäischen Kulturförderprogramme hat sich der Cultural Contact Point bei seiner Beratungstätigkeit zur Aufgabe gemacht, darüber aufzuklären, bei welchen Projekten und Institutionen von einer Antragsstellung Abstand genommen werden sollte. Da die Projektbeantragung bei der Europäischen Union mit zahlreichen Klippen und Hindernissen verbunden ist und aufgrund der begrenzten Mittel ohnehin nur ein kleiner Teil der Anträge Chancen auf Bewilligung hat, ist es mitunter sinnvoller, sich um andere Fördermittel als die Europäische Kulturförderung zu bemühen. Hier bietet der Cultural Contact Point konkrete Hilfestellung an.
Eine kontinuierliche Tätigkeit ist die Information über die Europäische Kulturförderung anlässlich von Tagungen und Fachveranstaltungen. Vielfach richten sich diese Informationsveranstaltungen an Multiplikatoren.
Ein fester Bestandteil der Arbeit des deutschen Cultural Contact Point ist der Austausch mit den anderen Cultural Contact Point der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums. Dieser Erfahrungsaustausch wird bei den Informationsveranstaltungen für die Cultural Contact Point in Brüssel sowie den kontinuierlichen Treffen im Rahmen von Tagungen der jeweiligen EU-Ratspräsidentschaften gepflegt (siehe hierzu auch: Kapitel 7.5 Treffen der Cultural Contact Point).
Das Projekt Cultural Contact Point wird aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien sowie aus Mitteln der Europäischen Kommission gefördert.
7.5 Treffen der europäischen Cultural Contact Points
Mit der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft wurde eine Tradition des regelmäßigen Austauschs der europäischen Cultural Contact Points im Rahmen von größeren europapolitischen Veranstaltungen begonnen.
Der Deutsche Kulturrat hatte die Freude, im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die europäischen Cultural Contact Points bei sich zu Gast zu haben. Eingebettet in die europakulturpolitische Woche, die von mehreren Kulturverbänden - so der Kulturpolitischen Gesellschaft, der Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung, der Kulturstiftung Haus Europa und dem Deutschen Kulturrat - getragen wurde, waren vom 13. bis 16.06.1999 die europäischen Cultural Contact Points beim Deutschen Kulturrat zu Gast.
Neben den fachspezifischen Diskussionen und ihrem Meinungs- und Erfahrungsaustausch hatten die Mitarbeiter aus den europäischen Cultural Contact Point die Gelegenheit die Kulturverbandslandschaft in der Bundesrepublik kennen zu lernen.
Das Projekt „Treffen der europäischen Cultural Contact Points“ wurde im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft aus Mittel des Auswärtigen Amtes gefördert.
7.6 Das „Wer ist was in der Kulturpolitik“
Mit der Erstellung des „Wer ist was in der Kulturpolitik“ hat der Deutsche Kulturrat einen neuen Weg der Projektarbeit beschritten.
Diese Publikation, die die Lebensläufe von rd. 750 Kulturpolitikern aus den Verbänden, den Parteien, den Kommunen, den Ländern und dem Bund versammelt, wurde ohne öffentlichen Förderung erstellt. Der Deutsche Kulturrat ist damit ein Risiko eingegangen, denn die Aufwendungen für das Buch mussten aus dem Verkauf erlöst werden. Erfreulicherweise stieß die Publikation auf positive Resonanz, so dass die Kosten gedeckt werden konnten.