Berlin - Der Goldene Bär der 59. Internationalen Filmfestspiele Berlin geht an das Drama «La teta asustada» («The Milk of Sorrow») der peruanischen Regisseurin Claudia Llosa. Der deutsche Film «Alle Anderen» gewann bei der Preis-Gala im Berlinale-Palast am Samstagabend gleich zwei silberne Bären: Birgit Minichmayr wurde als beste Schauspieler gekürt, zudem bekam der Film von Regisseurin Maren Ade den Großen Preis der Jury ex aequo mit dem Wettbewerbsbeitrag «Gigante».
Die Entscheidung, die peruanisch-spanische Produktion als besten Film auszuzeichnen, fiel laut Jury-Präsidentin Tilda Swinton einstimmig. «Du hast uns gut ausgewählt», sagte sie zu Festival-Direktor Dieter Kosslick. Regisseurin Llosa war überglücklich und sagte vor rund 1600 Gästen, der Preis sei eine große Ehre. Hauptdarstellerin Magaly Solier betonte: «Das berührt mich sehr, ich zittere förmlich.»
Der eindringliche Wettbewerbsbeitrag «La Teta Asustada« ist der erste peruanische Film im Wettbewerb und der zweite Spielfilm von Llosa (»Madeinusa«), der Nichte des Schriftstellers Mario Vargas Llosa. Die junge Fausta, die beeindruckend von Solier gespielt wird, lebt in einem Armenviertel von Lima und leidet an einer rätselhaften Krankheit. Diese wurde durch die Milch von Müttern übertragen, die während der Schwangerschaft oder Stillzeit während der Zeit des Terrors in dem Land vergewaltigt wurden - so auch ihre Mutter. Nach deren Tod beginnt für die traumatisierte Fausta eine Reise aus der Furcht in die Freiheit. Der Film hat bisher noch keinen deutschen Verleih.
Jury-Mitglied Christoph Schlingensief überreichte Minichmayr den Silbernen Bären. Der an Krebs erkrankte Regisseur sagte, er habe erschöpft angefangen und sei jetzt viel kräftiger. Diese Berlinale mit diesen Leuten sei sensationell gewesen. Auch die Entscheidung für Minichmayr war einstimmig gefallen. Sie danke der Jury für diesen «wunderbaren Preis», betonte die Darstellerin.
Regisseurin Ade betonte, die Auszeichnung bedeute ihr sehr viel. Es sei eine große Ehre, einen Preis auf einem Festival zu gewinnen, dass sie liebe. »Ich bin sehr glücklich, auch wenn ich nicht so wirke«, sagte sie. In »Alle Anderen« mit Minichmayr und Lars Eidinger erzählt Ade (»Der Wald vor lauter Bäumen«) die tragikomische Geschichte eines jungen Paares, das im Urlaub, der erst unbeschwert und ausgelassen beginnt, plötzlich in eine Krise gerät.
Gleich drei Preise konnte die Komödie «Gigante» des argentinischen Regisseurs Adrian Biniez abräumen, die vom Wachmann eines Supermarkts erzählt, der sich in eine Putzfrau verliebt. Sie gewann wie «Alle Anderen» den Großen Preis der Jury. Zudem wurde Biniez' Debütfilm mit dem Alfred-Bauer-Preis - ex aequo mit »Katarak« des polnischen Regiealtmeister Andrzej Wajda - sowie als bester Erstlingsfilm gekürt. Dem Regisseur fehlten fast die Worte, als er zum dritten Mal auf die Bühne kam. «Ich möchte, dass meine Mama hier ist», rief er ins Publikum.
Die zweifellos längste Dankesrede hielt der Schauspieler Sotigui Kouyate, der diverse kleine Geschichten erzählte. Der in Mali geborene burkinische Darsteller spielt eine der Hauptrollen in dem Drama »London River« des französischen Regisseurs Rachid Bouchareb. Er hoffe, dass es die Berlinale noch ewig geben werde, sagte Kouyate. Der Film handelt von den Folgen der Terroranschläge von London im Juli 2005.
Der Silberne Bär für die beste Regie ging an den iranischen Beitrag «Darbareye Elly» von Asghar Farhadi. Den Silbernen Bären für das beste Drehbuch erhielt der US-Film »The Messenger« von Regisseur Oren Moverman, der das Drehbuch gemeinsam mit Alessandro Camon schrieb. Für eine herausragende künstlerische Leistung wurde der Beitrag »Katalin Varga« für das Sounddesign geehrt.
Kosslick betonte, diese Berlinale sei eine Berlinale gegen die Krise gewesen. Man habe das Kino, Stars und große Künstler gefeiert, die diese Filme gemacht hätten.
Die Bären-Gewinner der Berlinale 2009
- Goldener Bär für den besten Film
«La teta asustada» («The Milk Of Sorrow») von Claudia Llosa (Peru/Spanien)
- Silberner Bär - Großer Preis der Jury
«Alle Anderen» von Maren Ade (Deutschland) und ex aequo «Gigante» von Adrián Biniez (Uruguay/Deutschland/Argentinien/Niederlande)
- Silberner Bär - Beste Regie
Asghar Farhadi für «Darbareye Elly» (Iran)
- Silberner Bär - Beste Darstellerin
Birgit Minichmayr in «Alle Anderen»
- Silberner Bär - Bester Darsteller
Sotigui Kouyate in «London River» von Rachid Bouchareb (Algerien/Frankreich/Großbritannien)
- Silberner Bär - Bestes Drehbuch
Oren Moverman und Alessandro Camon für «The Messenger» von Oren Moverman (USA)
- Silberner Bär - Herausragende künstlerische Leistung
Gábor Erdély und Tamás Székely für das Sound-Design in «Katalin Varga» von Peter Strickland (Rumänien/Großbritannien/Ungarn)
- Der Alfred-Bauer-Preis, in Erinnerung an den Gründer des Festivals, für einen Spielfilm, der neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet
«Gigante» von Adrián Biniez und ex aequo «Tatarak» («Der Kalmus») von Andrzej Wajda (Polen)
- Preis für den besten Erstlingsfilm, der von einer weiteren Jury vergeben und von der Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten (GWFF) gestiftet wurde (dotiert mit 50 000 Euro):
«Gigante» von Adrián Biniez