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Nürnberg/Augsburg: Kindertheaterfestival Panoptikum beginnt +++ Hamburg: Flüchtlings-Theaterprojekt Hajusom! wird fünf Jahre alt
Nürnberg/Augsburg: Kindertheaterfestival Panoptikum beginnt
Nürnberg/Augsburg (ddp-bay). Das Kindertheaterfestival Panoptikum wird heute in Nürnberg und Augsburg eröffnet. Die Organisatoren erwarten Gäste aus 21 Ländern. Das Festival, das fünf Tage dauert und dieses Jahr zum vierten Mal stattfindet, setzt sich aus 35 Vorstellungen von insgesamt 18 Ensembles zusammen. Teilnehmer aus Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz, Dänemark, Kroatien, Estland und Russland stehen mit Genres von Musical bis Tanz und Interpreten von Grimm bis Tschechow für ein breit gefächertes Angebot.
Hamburg: Flüchtlings-Theaterprojekt Hajusom! wird fünf Jahre alt
Hamburg (ddp-nrd). Spitze Schreie wechseln sich ab mit tiefen kehligen Lauten, zehn Jugendliche trainieren im Warming-up der Probe lautstark ihre Kopf- und Bauchstimmen. Im März steht eine weitere Premiere ihres preisgekrönten Stückes «Die Kinder der Regenmacher an beim internationalen Performance-Theaterfestival auf der Kampnagel-Bühne in Hamburg. Doch vorher begeht das Ensemble mit Namen »Hajusom! ein Jubiläum. Am 18. Februar wird das Theater der minderjährigen Flüchtlinge fünf Jahre alt. Von der ursprünglichen Besetzung lebt wohl niemand mehr in Deutschland - abgeschoben oder untergetaucht. Doch Theatergründerin und Regisseurin Dorothea Reinicke entmutigt das nicht: «An Aufgeben haben wir nie gedacht. Auch wenn ihre Arbeit schon manchmal wie ein Theaterspielen gegen das Trauma anmutet, denn manche der Jugendlichen haben Folter, Töten und Hungersnot aus nächster Nähe erfahren. Zentrales Thema ist in den Stücken die Suche nach einer eigenen kulturellen Identität.
Winifred aus Liberia gehört seit fast fünf Jahren zur Theatergruppe. Die 20-jährige Schülerin ist damit »dienstältestes« Mitglied. Sie kennt alle Produktionen, hat bei Tourneen auf den Bühnenbrettern gestanden und sogar Ehrungen wie den Bundespreis der Berliner Festspiele im Jahr 2001 miterlebt. Und sie hat den Jubel bei Gastauftritten oder Heimspielen des begeisterten Publikums verfolgt. Doch in Winifreds privatem Leben ist nichts in Ordnung. »Ich habe Stress, bemerkt das zierliche Mädchen schüchtern. Das Fachabitur steht an und danach droht die Abschiebung. Ohne Aufenthaltsrecht hat sie keine Perspektive. Ihre Duldung muss bei der Ausländerbehörde alle drei Monate verlängert werden.
Das Okay für eine Ausbildung wäre ein neuer Aufschub, doch das ist selten. So geht es vielen Flüchtlingen aus der Gruppe. Die Unsicherheit ist Teil ihres Lebens. Die meisten kamen alleine nach Deutschland und wohnen in Ausländerheimen. Da kommt der Bühnenarbeit mehr Bedeutung zu als nur einem Hobby. «Das Theater-Team ist so etwas wie eine Ersatzfamilie für uns, bestätigt Hamidullah Habib aus Afghanistan. Der 18-jährige Handelsschüler ist seit zwei Jahren festes Ensemble-Mitglied. »Hier entstehen Freundschaften und wir verstehen uns, sagt er.
15 bis 20 Mitglieder im Alter von 13 bis 20 Jahren zählt das Ensemble. Im Laufe der Jahre durchliefen rund 80 Flüchtlinge die Gruppe, vorwiegend Jugendliche aus Schwarzafrika, Iran und Afghanistan, sagt Projektleiterin Reinicke, die die Gruppe gemeinsam mit der Schauspielerin Ella Huck ins Leben gerufen hat. Der Name «Hajusom! leitet sich aus den Anfangsbuchstaben der ersten Mitglieder ab. »In den Stücken geht es immer auch darum, das Lebensthema der Jugendlichen zu verstehen. Wie es ist, keine Sicherheit zu haben oder fremd zu sein, sagt Reinicke. Allerdings seien sie keine Therapeuten, sondern Künstler. «Da gibt es keinen Flüchtlingsbonus. Das künstlerische Niveau zählt bei den Aufführungen.
Dennoch sind die Projektleiterinnen auch privat gefragt, etwa bei der Suche nach Rechtsanwälten und vor schwierigen Behördengängen. So wundert es auch nicht, dass in allen Stücken auch Geschichten der Jugendlichen eingebaut sind. Schon bei der Produktion »Traumhochzeit E44 haben die Darsteller eine ihrer «letzten Chancen in eine bedrückende Show verpackt. Heirat mit einem Weißen das Aufenthaltsrecht per Ehe winkt als Siegerprämie in einer Spielshow. Grenzt das an Galgenhumor? Für das neuste Bühnen-Projekt »Kosmos II muss der Blick der Laien-Schauspieler mehr geschult werden. Mit den Augen der anderen auf das Fremde sehen. Für das internationale Jugendfestival auf Kampnagel vom 6. bis 14. März steht noch viel Arbeit an. Die Texte vom "Regenmacher müssen noch ins Englische übertragen und gepaukt werden.
Mechthild Klein