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13.9.: Die Rezension: "Parsifal" in Hamburg

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Ein Sängerfest - Nach 13 Jahren Robert Wilsons «Parsifal» wieder auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper

Hamburg (ddp-nrd). Es ist jetzt 13 Jahre her, dass Robert Wilson, das amerikanische Multitalent, in Hamburg für Stürme der Entrüstung wie der Begeisterung sorgte. Seine Inszenierung der Richard-Wagner-Oper «Parsifal» fand damals ganz neue, kühle und minimalistische Bilder für die mystische Parsifal-Dichtung. Am Sonntagabend kehrte Wilson mit seiner Inszenierung an die Hamburgische Staatsoper zurück. Die Zeit gab dem 63-jährigen Texaner Recht, denn nun riss er das Publikum zu einhelligen Begeisterungsstürmen hin. Verschwunden waren alle Missfallensäußerungen. Inzwischen hat die Sichtweise des Künstlers Wilson ganze Generationen von Opernregisseuren beeinflusst.

Wilson kleidet die Wagnerschen Mysterienfiguren konsequent in Weiß, Schwarz oder in dunkles Violett, wie den König Amfortas (Wolfgang Brendel). Ein See trennt diese Welt der Weißen und der Schwarzen, die Gralsgesellschaft auf der einen und die dunkle Welt des Klingsor (Tomas Möwes) auf der anderen Seite. Die strengen, geometrischen Kostüme werden unterstützt von minimalistischen Bewegungen der Sänger: Die schreiten in Zeitlupe, ihre Bewegungen oft roboterhaft verzerrt. Außerhalb jeder Realität, so wie sich die Figuren des Bühnenweihfestspiels zeigen, inszeniert auch Wilson seine Bilder. Seine Figuren ordnen sich ein in seine Bilder und geben ihnen damit Dominanz.

Der Gralsritter Gurnemanz (großartig: Franz-Josef Selig) sorgt sich um den siechen König Amfortas und wendet sich um Hilfe suchend an Kundry (beeindruckend: Gabriele Schnaut). Sie ist ebenso demütige Gralsbotin wie lockende Schönheit und damit dem Reich Klingsors angehörend. Sie, die lachte, als der Heiland sein Kreuz nach Golgatha trug, ist verdammt zum ewigen Dasein ohne Erlösung. In Kundrys Armen überraschte Klingsor den Gralskönig, entwand ihm den heiligen Speer und verwundete ihn damit. Diese Wunde will seither nicht heilen, bis schließlich Parsifal, «der reine Tor», in den Besitz des Speeres kommt und mit ihm die Wunde des Königs heilt. Das macht ihn schließlich selbst zum König.

In der Rolle des Parsifal ist erstmals Klaus Florian Vogt zu hören. Als Wilsons Inszenierung 1991 Premiere in Hamburg hatte, saß Vogt im Orchestergraben und spielte im Philharmonischen Staatsorchester das Horn. Einige Jahre später begann er, in Lübeck Gesang zu studieren, und debütierte in Hamburg im vergangenen Jahr als Walther von Stolzing in der Wagner-Oper «Die Meistersinger von Nürnberg». Als neuer Hamburger Parsifal wurde der Heldentenor am Sonntagabend von «seinem» Publikum ausgiebig gefeiert.

Mehr als 40 Jahre lang hat Wagner sich mit dem Parsifal-Stoff beschäftigt, ist er immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven auf den Grals-Mythos gestoßen. Von allen Musikdramen Wagners führen Fäden zum Parsifal, überall sind Parallelen zu finden. Verschiedene Sagenkreise sind hier zusammengeschmolzen worden, um ein Werk von selbstständigem Gepräge zu schaffen. Die Oper ist sozusagen Schlussstein, das Finale seiner Werkidee. Dabei sind die Hauptgedanken dieses Parsifal, die dem Mysterium Richtung und Inhalt geben, Wagners alleiniges geistiges Eigentum.

Die Opernarbeiten Robert Wilsons gelten inzwischen an den großen Bühnen als Meilensteine und wegweisend. Überall auf der Welt inszenierte er sowohl Originalwerke als auch die traditionelle Theaterliteratur. «Madame Butterfly» an der Pariser Oper, «Salome» an der Mailänder Scala, »Lohengrin« an der Metropolitan Opera in New York und auch seine Inszenierung von Wagners »Ring« in Zürich gelten als Interpretationen von bleibender Gültigkeit. Zu diesen gehört nun auch der Hamburger «Parsifal».

http://www.hamburgische-staatsoper.de
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