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Leipzig: Rund 50 000 Besucher beim Bachfest Leipzig +++ Leipzig: Glamouröses Galakonzert für Kurt Masur +++ Braunschweig: Zwiegespräch zwischen Mensch und Maschine über den Wolken
Leipzig: Rund 50 000 Besucher beim Bachfest Leipzig
Leipzig (ddp-lsc). Rund 50 000 Besucher sind zum diesjährigen Bachfest nach Leipzig gekommen. Mit Bachs h-Moll-Messe endete das zehntägige Festival am Sonntag in der ausverkauften Thomaskirche. Das Vorjahresergebnis ist damit um etwa zehn Prozent gesteigert worden, wie die Organisatoren mitteilten. Aus mehr als 23 Ländern und fünf Kontinenten reisten die Besucher in die Stadt.
In diesem Jahr gab es erstmals im Anschluss an das Open Air Konzert «Bach on Air» ein dreitägiges Bach-Fanfest auf dem Augustusplatz, das insgesamt 12 000 Besucher in seinen Bann zog. Neu war auch die Einführung eines Familientages bei dem etwa 1000 Besucher gezählt wurden.
Das Bachfest Leipzig wird seit 1999 jährlich vom Bach-Archiv im Auftrag der Stadt Leipzig veranstaltet. Im nächsten Jahr findet es vom 13. bis 22. Juni unter dem Motto «Bach und seine Söhne» statt. Zu den Gästen des kommenden Jahres gehören Sir Roger Norrington, die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen mit Reinhard Goebel, die Rheinische Kantorei und Hermann Max, das Collegium Vocale Gent und der Christ Church Cathedral Choir, Oxford.
Leipzig: Glamouröses Galakonzert für Kurt Masur
Leipzig (ddp). Großer Bahnhof für einen Weltbürger: Der Ehrendirigent des Leipziger Gewandhausorchesters, Kurt Masur, hat am Samstagabend anlässlich seines 80. Geburtstages zahlreiche hochkarätige Gäste zu einer glamourösen Benefizgala in seine einstige Wirkungsstätte gebeten. Die 1900 Besucher des ausverkauften Gewandhauses erlebten ein von ARD-Entertainer Harald Schmidt moderiertes Konzert der Sonderklasse.
Es spiegelte Masurs Karriere musikalisch wider: Der Beginn seiner Laufbahn am Opernhaus in Halle in den fünfziger Jahren, die Gründung der Internationalen Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung unter seinem Vorsitz in den frühen neunziger Jahren, sein Wechsel zu renommierten Klangkörpern in New York, Paris und zahlreiche andere Stationen wurden darin nachgezeichnet.
Während des Konzerts rief Masur die Deutschen auf, «mehr Nationalstolz» zu entwickeln. «Wir haben erstmals in unserer Geschichte eine friedliche Revolution zustande gebracht», betonte der 79-jährige, der am 18. Juli 80 Jahre alt wird. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) zeichnete Masur für sein Lebenswerk mit dem Mendelssohn-Preis aus, den die Stadt erstmals vergeben hat.
Geigerin Anne-Sophie Mutter interpretierte ein Violinkonzert von Mendelssohn Bartholdy. Zudem standen unter anderem Werke von Johannes Brahms, Antonin Dvorak, Peter Tschaikowsky, George Gershwin und Leonard Bernstein auf dem Programm. Es spielte das Gewandhausorchester unter Leitung von Masur. Das Galakonzert wurde auf einer großen Leinwand auf den Augustusplatz vor dem Gewandhaus übertragen.
Der Einladung des früheren Gewandhaus-Kapellmeisters waren unter anderen Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan sowie die Schauspieler Armin Mueller-Stahl und Iris Berben gefolgt. Der Erlös des Abends - die Karten kosteten zwischen 100 und 1000 Euro - kommt der Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung zugute.
Sie hat sich das Ziel gesetzt, das musikalische Erbe Mendelssohns zu bewahren und junge Künstler zu fördern, die sich besonders um das Werk des einstigen Gewandhauskapellmeisters verdient gemacht haben. Auch die Künstler spendeten ihre Gage der Stiftung.
Braunschweig: Zwiegespräch zwischen Mensch und Maschine über den Wolken
Braunschweig (ddp-nrd). Durchaus «verrückt» kann man die Idee des Komponisten Karlheinz Stockhausen bezeichnen, ein komplettes Streichquartett in Hubschrauber zu verfrachten, um aus dem knatternden Lärm der Rotoren und der Musik der Streicher ein Konzert zusammenzustellen. In Braunschweig kam diese Idee jedoch beim Publikum durchaus gut an. Minutenlangen Applaus gab es nach der deutschen Premiere des «Helikopter Streichquartetts» am Sonntag am Braunschweiger Flughafen. Auch wenn die Töne von Stockhausens Musik teilweise etwas schrill und gewöhnungsbedürftig waren, fügte sich das Zwiegespräch zwischen Mensch und Maschine, zwischen Helikoptern und Streichern, zu einem Gesamtkunstwerk zusammen.
Beeindruckend war dabei alleine schon die Mühe, mit der das Stück in Braunschweig aufgeführt wurde. Für die multimediale Inszenierung war ein enormer technischer und finanzieller Aufwand nötig. Die Streicher des Staatstheaters Braunschweig hatten sich, jeder einzeln, an Bord von vier Hubschraubern begeben. Der Klang der Streichinstrumente wurde mit den Rotorgeräuschen elektronisch abgenommen, zur Erde gefunkt und erst dort vom Tontechniker zu einer Gesamtkomposition zusammengemixt. Das von Kameras im Helikopter aufgenommene Bild der Streicher konnte das Publikum schließlich auf Großleinwänden im Hangar betrachten und gleichzeitig der Musik zuhören, die selbst ohne das Geräusch des Hubschraubers an dessen knatterndes Geräusch erinnerte.
Das Werk Stockhausens, das zu seinem monumentalen «Licht»- Opernzyklus gehört, begann beim Aufstieg der Hubschrauber mit einem gleichförmigen «Tremolo» der Streicher. Erst ab einer gewissen Höhe fingen die Streicher an, die Komposition aus schrillem Auf- und Ab zu einem Klangteppich zu entfalten, der durch gelegentliches geflüstertes aber auch laut gebrülltes Zählen der Musiker untermalt wurde.
Für die Musiker des Braunschweiger Staatstheaters stellte die Aufführung indes eine besondere Herausforderung dar. «Das ist schon schwer. Das Drumherum bekommt man gar nicht mit. Ich starre nur in meine Partitur und konzentriere mich darauf», sagte der Cellist Karl Huros vor der Aufführung. Über Kopfhörer hören die Musiker während des Spielens nicht den Gesamtklang, sondern nur ihre eigene Stimme und ein «Klickband», das den Takt vorgibt. Die Piloten müssen nebenbei durch ihre fliegerische Leistung überzeugen. «Das Wichtigste bei dem Ganzen ist, dass die Funkübertragung nicht abreißt. Wir fliegen in vorgegebenen Positionen in Kreisen in unterschiedlichen Größen und Höhen, um uns nicht ins Gehege zu kommen», sagte Pilot Wolfgang Schumacher.
Zum ersten Mal war das Werk 1995 im Rahmen des Holland Festivals uraufgeführt worden. Als deutsche Erstaufführung erklang das Streichkonzert gleich dreimal hintereinander in Braunschweig. Nach der streng reglementierten Aufführungsvorschrift des Komponisten gelten nur drei Flüge mit wechselndem Publikum als eine Aufführung. Vor jeder Vorstellung erklärte Martin Weller, Orchesterdirektor des Staatstheaters Braunschweig, kurz, wie das Stück Stockhausens zu verstehen sei. Nach seinen Angaben ist die Komposition Stockhausens «eine Zusammenführung von Dingen, die nicht zusammenpassen.» Der 78 Jahre alte Komponist konnte nicht anwesend sein, da er mit Proben beschäftigt war.
Vor der Aufführung in Braunschweig hatte es starke Kritik an dem Werk gegeben. Vor allem Umweltschützer hatten den Sinn und Zweck des «Helikopter-Streichquartetts» angezweifelt. Doch für Johannes Denhoff, der die zweite Geige bei der Aufführung spielte, ist auch diese Kritik ein Element von Stockhausens Werk, das «der Komponist so gewollt hat». «Er sieht die Welt, wie verrückt sie ist.»