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Görlitz: Musik-Theater zeigt «Boris Godunow» auf Russisch +++ Chemnitz: Oper startet mit Puccini-Premiere in die neue Spielzeit +++ Hamburg: Premiere für Hindemiths "Mathis der Maler"+++ Berlin: Calixto Bieito inszeniert «Madame Butterfly» - Ein Interview
Görlitz: Musik-Theater zeigt «Boris Godunow» auf Russisch
Görlitz (ddp-lsc). In russischer Originalsprache kommt am Samstag die Oper «Boris Godunow» von Modest Mussorgski (1839-1881) auf die Görlitzer Bühne. Die Koproduktion mit dem Theater im tschechischen Liberec (Reichenberg) ist die erste Premiere des Görlitzer Theaters in der neuen Saison. Josef Prudek habe das 1874 in St. Petersburg uraufgeführte Volksdrama in Szene gesetzt, teilte das Haus mit. Die musikalische Leitung liegt in den Händen des Görlitzer Generalmusikdirektors Eckehard Stier. Die Oper wird mit deutschen und polnischen Übertiteln aufgeführt.
Nach Theaterangaben dauerten die Vorbereitungen für die grenzüberschreitende Koproduktion mehr als zwei Jahre. Arbeitspläne beider Häuser mussten aufeinander abgestimmt werden. Der Chor spielt in der Oper eine herausragende Rolle. In beklemmender Weise stelle er das russische Volk in seiner Armut und Trauer dar, hieß es.
http://www.theater-goerlitz.de
Chemnitz: Oper startet mit Puccini-Premiere in die neue Spielzeit
Chemnitz (ddp-lsc). Die Puccini-Oper «Das Mädchen aus dem goldenen Westen» ist am Samstag die erste Premiere der neuen Spielzeit in der Oper Chemnitz. Die Partie der Minnie singt mit Hellen Kwon ein unter anderem an der Hamburgischen Staatsoper gefeierter Star, wie die Theater Chemnitz am Donnerstag mitteilten. Das Bühnenbild stamme von dem mehrfach ausgezeichneten Berliner Bühnenbildner und Regisseur Hinrich Horstkotte. Operndirektor Michael Heinicke habe das Stück in italienischer Sprache inszeniert.
Unter dem Aspekt drohender Zuschusskürzungen aus dem Stadthaushalt und eines 2006 bevorstehenden Intendantenwechsels haben die Theater Chemnitz in diesem Jahr ein bescheideneres Programm aufgelegt. So reduzieren sich die angekündigten Premieren im Schauspiel von elf auf neun und im Figurentheater von neun auf sechs. Statt zwei Tanztheaterpremieren wird es nur ein neues Ballett geben. Lediglich beim Musiktheater wird zugelegt. Hier stehen den Angaben zufolge drei weitere Opern, ein Musical und eine Operette neu auf dem Spielplan. Außerdem werde im Mozart-Jahr 2006 als Koproduktion von Oper, Schauspiel und Robert-Schumann-Philharmonie das Stück «Amadeus» von Peter Schaffer einstudiert.
http://www.theater-chemnitz.de
Hamburg: Premiere für Hindemiths "Mathis der Maler"
Als erste Premiere (25. September und 01. Oktober 2005) an der Hamburgischen Staatsoper dirigiert Simone Young die Hindemith-Oper Mathis der Maler, in der es um die Freiheit der Künstle am Beispiel des Malers Matthias Grünewald geht. Die Neuinszenierung stammt von Christian Pade, der damit sein Hamburg-Debüt als Opernregisseur gibt, ebenso wie der amerikanische Tenor Scott Mac Allister, der in der Rolle des Albrecht von Brandenburg sein Hamburg-Debüt gibt. Die Titelrolle singt Falk Struckmann, Carsten Wittmoser stellt sich in der Rolle des Lorenz von Pommersfelden als neues Mitglied im Ensemble der Staatsoper vor. Susan Anthony ist als Ursula zu hören, Inga Kalna als Regina. Weitere Vorstellungen am 7., 16., 21. 27. und 30. Oktober 2005, jeweils um 19.00 Uhr.
Berlin: Calixto Bieito inszeniert «Madame Butterfly» - Ein Interview
Berlin (ddp-bln). Der spanische Regisseur Calixto Bieito ist in Deutschland bekannt geworden durch seine skandalumwitterten Operninszenierungen. In Arbeiten wie «Der Troubadour», «Don Giovanni» oder «Entführung aus dem Serail» brachte der Katalane glaubwürdig, aber wenig zimperlich, Gewalt und Schmutz des wirklichen Lebens auf die Bühne. Nach seiner gefeierten ersten Inszenierung 2004 in Berlin steht am Sonntag seine zweite Arbeit an der Komischen Oper ins Haus: Giacomo Puccinis «Madame Butterfly». Über das manchmal verstörte Publikum in seinen Vorstellungen, die Auffassung seiner Ehefrau von der Oper und seine Popularität in Spanien sprach ddp-Korrespondentin Angelika Rausch mit dem 41-Jährigen in Berlin.
ddp: Was interessiert Sie an der «Butterfly»?
Bieito: Zunächst mag ich die Oper, weil mein Vater zu Hause immer eine Arie daraus gesungen hat. Er hatte mit Musik nichts zu tun, aber er liebte das italienische Repertoire. Das sind meine Erinnerungen. Mit dem Inhalt dieser Oper kann man aber auch dem Publikum von heute etwas erzählen: die Träume der «Butterfly», dem eigenen Land zu entkommen, in die USA zu gehen und dort ein besseres Leben zu haben. Dies ist ein sehr aktuelles Thema auch in Spanien, wo so viele afrikanische Flüchtlinge ankommen mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Aber viele finden es nicht in Spanien.
ddp: Welche Rolle spielt der Konflikt zwischen den USA und Asien in Ihrer Inszenierung?
Bieito: Am Beginn der Proben zu meiner Inszenierung war ich sehr darauf fixiert, dass die USA alles tun können, was sie wollen. Aber letztendlich ist der gezeigte Konflikt ein Konflikt zwischen der armen und der reichen Welt. Aber das ist ja nun offensichtlich so, und darum muss ich es nicht wiederholen. Und es steckt ja schon in dem Stück selbst drin. Viel wichtiger war mir aber, die Sehnsüchte und Träume der handelnden Figuren herauszuarbeiten.
ddp: Normalerweise ist die Hauptfigur ein sehr trauriger Charakter. Wie wird sie bei Ihnen sein?
Bieito: Sie ist eine depressive Frau, auch in meiner Inszenierung. Sie ist ein Opfer. Ich wollte wirklich eine Tragödie machen. Ich will dem Publikum keine Heldin zeigen, die am Ende stirbt und wo die Leute denken: «Oh wie wunderbar, sie stirbt aus Liebe». In anderen Produktionen habe ich gesehen, dass die Leute nach der Aufführung der «Butterfly» ins Restaurant gehen und denken: «Sie war so schön." Das will ich nicht. Es wird eine emotionale Aufführung werden, aber keine sentimentale.
ddp: Kann Oper ein Spiegelbild der Gesellschaft sein, wo sie doch so unglaublich künstlich ist?
Bieito: Oper kann künstlich sein und gleichzeitig die Gesellschaft reflektieren. Als Verdi seine Opern geschrieben hat, waren sie voll von Verweisen auf die Gesellschaft und auf das politische Leben in Italien. Ich kann mir aber auch klassische Produktionen ansehen, die manchmal weit entfernt sind von der Idee des Komponisten. Ich mag es, mich hinzusetzen und die Show zu sehen. Man kann also beides machen: Die Opern auf eine neue Weise, oder aber auch traditionell inszenieren.
ddp: Die meisten Menschen wollen nicht mit Gewalt und Schmutz konfrontiert werden, wenn sie in die Oper gehen. Warum zwingen Sie sie trotzdem dazu?
Bieito: Warum kommen die Leute in meine Shows? Eine Menge von ihnen wollen doch neue Inszenierungen in der Oper sehen. Gerade in Spanien gehen viele Menschen nicht in die Oper, weil sie diese so langweilig finden. Meine Frau zum Beispiel, sie ist 35 Jahre alt, findet Oper langweilig und altmodisch. In Spanien gibt es, ebenso wie vermutlich in Deutschland, ein sehr traditionelles Publikum. Aber viele Leute wollen eben auch neue Interpretationen erleben. Wir stellen nur die Leute, die am Ende der Aufführung Buh schreien, zu sehr in den Vordergrund.
ddp: Erwarten Sie von Ihrem Publikum, dass es am Ende Buh schreit?
Bieito: Es ist ein Horror für mich, am Ende auf die Bühne zu gehen, wenn die Leute Buh schreien. Manche meiner Kollegen mögen das, aber ich mag es überhaupt nicht.
ddp: Ist es nicht Teil Ihres künstlerischen Konzepts, die Zuschauer zu verstören?
Bieito: Ich will Emotionen provozieren beim Publikum, genau wie das ein guter Film macht, ein Buch oder zum Beispiel die Gemälde von Francisco de Goya.
ddp: Erinnern Sie sich noch an den Beginn Ihrer Karriere hierzulande, in Hannover?
Bieito: Der Anfang in Hannover war sehr hart. Die Polizei stoppte mich mal auf der Straße und fragte mich, ob ich meine Arbeit dort etwa fortsetzen will. Aber in Hannover befindet sich auch mein Lieblingsrestaurant in Deutschland. Und im nächsten Jahr werde ich dort Alban Bergs «Wozzeck» inszenieren.
ddp: Sind Sie in Spanien als Direktor des Teatre Romea in Barcelona ein bekannter Mann?
Bieito: Ja, aber das geht nicht so weit, dass ich in der Klatschpresse auftauche. Ich beschütze meine Privatsphäre sehr.