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26.7.: Die Rezension - „Tristan und Isolde“ in Bayreuth

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Die 94. Richard-Wagner-Festspiele begannen gestern in Bayreuth mit Christoph Marthalers Neuinszenierung von «Tristan und Isolde». Für den Schweizer Regisseur war es die erste Arbeit auf dem Grünen Hügel.


Bayreuth (ddp-bay). Frauenpower war angesagt beim Auftakt in Bayreuth. Denn in der Premiere von «Tristan und Isolde» zur Eröffnung der 94. Richard-Wagner-Festspiele glänzte am Montagabend vor allem eine: die Schwedin Nina Stemme in der Titelrolle. Dafür gab es schon nach dem ersten Aufzug tosenden Beifall. Und in den Pausen stand vor allem CDU-Chefin Angela Merkel im Blickpunkt.

Die Unions-Kanzlerkandidatin - im apricotfarbenen Abendkleid - genoss die größte Aufmerksamkeit unter der Premieren-Prominenz. «Angie, Angie!» riefen zahlreiche Zaungäste der Kanzlerkandidatin zu.

Zur Politprominenz auf dem Grünen Hügel gehörten außerdem Bundespräsident Horst Köhler, Portugals Staatspräsident Jorge Sampaio und der Ministerpräsident der Republik Kroatien, Ivo Sanader, sowie die Alt-Bundespräsidenten Walter Scheel und Richard von Weizsäcker, Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos), der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und FDP-Chef Guido Westerwelle. Aus dem Showbusiness hatte es außer Entertainer Thomas Gottschalk und Ehefrau kaum Prominente nach Bayreuth gezogen.

Während die Sänger am Premierenabend mit Applaus überschüttet wurden, prasselte auf Regisseur Christoph Marthaler und seine Ausstatterin Anna Viebrock ein heftiges Buh-Gewitter ein. Die beiden applaudierten im Gegenzug dem Publikum, als hätten sie die Reaktion geahnt.

Auf großen Gefühlspathos wollte sich Marthaler erwartungsgemäß nicht einlassen. Stattdessen herrschte in Wagners Liebesdrama herbe Nüchternheit, und Anna Viebrock lieferte dazu die passende Bühne im Stil der 50er Jahre: Zum variablen Einheitsraum wurde ein öder Saal, vielleicht der Salon eines alten Passagierdampfers, vielleicht eines Sanatoriums, über dem sternengleich runde Neonröhren prangten. Und in jedem Aufzug kam eine weitere Sockelzone dazu, im zweiten eine gelbe, im dritten eine graue. So geriet die Liebesnacht in eine Turnhallen-Atmosphäre, Tristans Todeskampf schließlich ins beklemmende Umfeld eines Hospitals.

Beklommenheit stellte sich nach dem Liebestrank ein, starr standen Tristan und Isolde im zweiten Aufzug an der Wand, um dann im «Rausch der Gefühle» doch nichts miteinander anfangen zu können. Immerhin streifte Isolde, im gelben 60er-Jahre-Kostüm, ihre Handschuhe ab, um wenigstens die Hand von Tristan im braven blauen College-Blazer zu fassen.

Die Sänger hatten sich fast statisch zurückzuhalten und legten vielleicht auch deshalb alles in ihren Gesang. Tristan Robert Dean Smith glänzte auch im dritten Akt noch mit unglaublichen Kraftreserven. Satt und sonor tönte Kwangchul Youns Bass in der Rolle von König Marke. Andreas Schmidt schien als Kurwenal im Schotten-Outfit indisponiert. Dagegen gab Petra Lang mit ihrem kräftigen Mezzo eine einnehmende Brangäne. Nina Stemme sang eine in jeder Phase souveräne Isolde, die das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss. Höflichen Beifall gab es für das Bayreuth-Debüt von Dirigent Eiji Oue und das Orchester.

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