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«Verdamp lang her» - Mit einem beeindruckenden Doppelalbum feiert BAP 30 Jahre Bandgeschichte
Köln (ddp). Köln im Jahr 1976. Wolfgang Niedecken, seinerzeit freischaffender Kunstmaler und Gitarre spielender Bob-Dylan-Jünger, scharrt einige Musiker um sich, um gemeinsam «einen Kasten Kölsch leer zu proben». Die Formation nennt sich BAP und ist inzwischen bekanntlich eine der erfolgreichsten deutschen Bands geworden.
Im nächsten Jahr feiert BAP mit einer ausgedehnten Tournee den 30.
Geburtstag. Am Freitag erscheint das Doppelalbum «Dreimal Zehn Jahre», das weit mehr als eine «Best of»- Zusammenstellung geworden ist. Für jedes Jahr der Bandgeschichte hat das Quintett einen BAP-Song neu interpretiert. So entstanden zweieinhalb Stunden Musik, weitgehend frei von Sentimentalität und Selbstbeweihräucherung.
Für die Neuaufnahmen wurden die Stücke gründlich entschlackt. Wo der langjährige BAP-Musik-Chef Klaus «Mayor» Heuser auf ausgedehnte Gitarrenstrecken setzte, zeigen die Stücke nun oft ein völlig neues Gesicht, verändert in Rhythmus und Tempo.
Nicht zuletzt sind es die exquisiten musikalischen Gäste, die «Dreimal Zehn Jahre» zu einem besonderen Album machen. Rapper Thomas D. (Fantastischen Vier) singt mit Wolfgang Niedecken «Verdamp lang her», das Stück, mit dem sich die Band wohl ihren Platz in der deutschen Pop-Geschichte gesichert hat. Gastsänger Xavier Naidoo macht die Ballade «Dir allein» zu einer Hommage an die verstorbene frühere BAP-Percussionistin Sheryl Hackett, während den Berliner Multi-Kulti Rappern »Culcha Candela« an der Seite von Niedecken eine anarchistische Version von «Time is cash, time is money» gelingt.
Meret Becker verzaubert «Paar daach fröher» zu einem betörend zerbrechlichen Liebeslied, und sogar der eigentlich eher in seichteren Gewässern musizierende Laith Al-Deen liefert einen starken Beitrag zu «Kristallnaach».
Dabei beweisen die Gäste fast beiläufig, dass BAP-Texte sehr wohl auch auf Hochdeutsch funktionieren, sogar auf Österreichisch, wie «Alpen-Rocker» Hubert von Goisern bei «Lena mir zwei» zeigt.
Bei den Neuaufnahmen ist BAP-Chef Wolfgang Niedecken die Konstante. Der mittlerweile 54-Jährige ist als einziger von der Ur-Formation übrig geblieben und setzt mit gewohnt nuscheliger Stimme die Akzente. Sie kommt immer dann besonders zur Geltung, wenn die Band Stücken wie «Frau, ich freu mich» aus dem Jahr 1981 den jugendlichen Übermut austreibt und für sich neu entdeckt.
Und natürlich bleibt es Niedecken vorbehalten, in einem der beiden einzigen neuen Stücke auf dem Album die Bandgeschichte zu schreiben, die immerhin gemeinsame Konzerte mit Bruce Springsteen und den Rolling Stones beinhaltet.
Während auf dem letzten BAP-Album «Sonx» (2004) noch die Stagnation überwog, zeigt «Dreimal Zehn Jahre» die Kölner Band auf der Höhe der Zeit. Da kann man auch verschmerzen, dass Klassiker wie «Bahnhofskino», «Waschsalon» oder der unvergleichlichen «Müsli-Män» nicht den Sprung auf das Jubiläums-Album geschafft haben.
Ein Höhepunkt hat sich die Band für das letzte Stück des Albums aufgehoben. Herbert Grönemeyer singt ungewohnt feierlich das Geburtstagständchen «Einmal nur in unserem Leben», ein Text von Johann Wolfgang Goethe zu einer Musik von Willibald Gluck. «Wir fühlen uns wirklich sehr geehrt», gesteht Wolfgang Niedecken.
Markus Peters