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Die Rezension: «Nabucco» an der Hamburgischen Staatsoper

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Machtkampf vor biblischem Hintergrund - Karoline Gruber inszeniert «Nabucco» an der Hamburgischen Staatsoper - Wenig Anerkennung für die Regie

Hamburg (ddp-nrd). Giuseppe Verdis frühes Meisterwerk «Nabucco» war seit 30 Jahren nicht mehr an der Hamburgischen Staatsoper zu sehen. Zeit also für eine Neuinszenierung. Für die gründliche Überarbeitung des Opernklassikers mit der etwas verworrenen Handlung suchte sich die Bühne die junge österreichische Regisseurin Karoline Gruber aus, die in der vergangenen Spielzeit in Hamburg mit der Moteverdi-Barockoper «Die Krönung der Poppea» einen fulminanten Erfolg gefeiert hatte. Doch ihre Neuinterpretation des «Nabucco», die den Konflikt der Schwestern Abigaille und Fenena in den Vordergrund stellt, fiel beim Hamburger Premierenpublikum am Sonntagabend durch.

Noch während der Ouvertüre werden die Zuschauer auf den eigentlichen Konflikt der Oper, wie Gruber ihn sieht, eingestimmt: Ein schwarz-weiß-Film in Home-Video-Optik zeigt zwei kleine Mädchen, die mit Geschenken um die Gunst ihres Vaters buhlen: Fenena und Abigaille. Wenn die eine mehr Aufmerksamkeit von ihm bekommt, so reagiert die andere mit Eifersucht und Faustschlägen auf die Schwester. Auch einen Missbrauch von Abigaille durch ihren Vater deutet dieses Video an.

Der Nabucco-Stoff stammt aus der Bibel. Erzählt wird die historisch verbürgte Gefangennahme der Herbräer durch die Assyrer und ihre Verschleppung in das von Nebukadnezar (= Nabucco) beherrschte Babylon 586 vor Christus. Nabuccos Bekehrung zum Judentum, wie sie in der Oper vorkommt, aber ist reine Erfindung. Vor dem Hintergrund der Fehde der an verschiedene Götter glaubenden Nachbarvölker schildert die Oper ein Familiendrama. König Nabuccos (Lado Atanelli) Macht wächst, während seine Familie immer mehr zerfällt.

Fenena (Katja Pieweck), die jüngste Tochter Nabuccos, läuft zum Feind über, weil sie sich in den Hebräer Ismaele (Viktor Lutsiuk) verliebt hat. Und seine älteste Tochter Abigaille (großartig: Georgina Lukacs) macht ihm selbst den Thron streitig. Sie lässt ihren eigenen Vater entmündigen und einkerkern, weil sie erfährt, dass sie die Tochter einer Sklavin ist. Im einem übergroßen Bett thronend setzt sie sich schließlich selbst die Krone auf. «Das ist die Frage, die mich bewegt: Woher kommt dieser Hass, woher kommt dieser Glaube?», hatte Regisseurin Gruber vor der Premiere gesagt.

Aggressiv, verletzbar, unversönlich und am Ende verzweifelt - so lässt Gruber Abigaille agieren. Eine starke Frau, die im politischen Machtpoker alles setzt und am Ende alles verliert. Als «Beweis» ihres Hasses trägt sie ein Knäuel aus Celluloid in den Händen. Es ist der alte Film aus ihrer Kindheit, der ihre Vergangenheit wenig rosig darstellt. Schließlich reißt Nabucco wieder die Macht an sich und seine Tochter bittet ihn sterbend um Vergebung.

Wie bereits bei der Monteverdi-Oper arbeitete Regisseurin Gruber auch diesmal wieder mit Kostümbildnerin Henrike Bromber zusammen. Und wie bereits bei der «Krönung der Poppea» setzt sie auch bei «Nabucco» wieder auf Mini und Straßenanzug. Dazu sind ihre Truppen stets bis an die Zähne bewaffnet und setzen diese auch unentwegt für Drohgebährden und das Demonstrieren von Macht ein.

Angelika Rausch

http://www.hamburgische-staatsoper.de
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