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Neben der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim verfügt das Land bald über eine zweite Ausbildungsstätte für Popmusiker: das Europäische Zentrum für Musikwirtschaft, Popkultur, junge Musik, Rock und Existenzgründung (Empjre).
Vier Säulen unter einem Dach - Das Stuttgarter «Empjre» bietet der Popmusikszene eine neue Heimat und dem Nachwuchs eine Ausbildung
Stuttgart (ddp-bwb). Baden-Württemberg und Popkultur - bislang war diese Partnerschaft oft zum Scheitern verurteilt. Als im vergangenen Jahr die Plattenfirma der «Fantastischen Vier», Four Music, entnervt vom kulturpolitischen Klima in Stuttgart nach Berlin zog, war gar vom Ende der Popmusikszene die Rede. Dass der Abgesang inzwischen leiser geworden ist, hat vor allem mit der bundesweit einmaligen Popakademie Baden-Württemberg zu tun, die ab diesem Herbst in Mannheim zwei Studiengänge für den Nachwuchs anbietet. Doch auch in der Landeshauptstadt tut sich was: Mit dem Europäischen Zentrum für Musikwirtschaft, Popkultur, junge Musik, Rock und Existenzgründung (Empjre) hat sich hier eine Einrichtung niedergelassen, die der Szene von der Ausbildung bis zur Produktion eine neue Heimat bietet.
Das aus einer Ludwigsburger Medienagentur hervorgegangene Empjre steckt noch in den Kinderschuhen, verfolgt aber einen ehrgeizigen Ansatz. In einer ehemaligen Reiterkaserne - dem Römerkastell - werden auf einer Fläche von 3000 Quadratmetern gleich vier Säulen unter ein Dach gebracht: Qualifikation, Produktion, Präsentation und Vermarktung. Zehn Firmen vom Tonstudio über die Schlagzeugschule bis zur Musikproduktionsgesellschaft haben sich unter dem Empjre-Dach bereits angesiedelt. Zudem nutzen etwa 80 Bands, darunter «Beatbetrieb», die «Farmer Boys» und «Gallery», die zahlreichen Proberäume.
Das Empjre ist eine gemeinnützige und damit nicht auf Gewinn ausgerichtete GmbH, die der Szene in der Region Stuttgart zu neuem Auftrieb verhelfen will. «Viel dümpelt im Musikbereich vor sich hin, obwohl die Branche wirtschaftlich nicht unbedeutend ist», klagt Geschäftsführer Thorsten Schulz. Das Empjre wolle deshalb einen «Nukleus» für die Musikwirtschaft schaffen. Junge Menschen, die ihre Zukunft in der Popkultur sehen, sollen nicht nur mit den entsprechenden Kompetenzen ausgestattet, sondern auch alle Säulen der Wertschöpfungskette an einem Ort vereint werden - ein Netzwerk, das innerhalb von Europa nur wenige Beispiele kennt.
Die Reiterkaserne war zunächst auch als Standort für die Popakademie des Landes im Gespräch. Die Enttäuschung darüber, dass letztlich Mannheim den Zuschlag erhalten hat, können die Empjre-Macher nicht ganz verhehlen. Die Verbindung ihres ganzheitlichen Konzepts mit der Popakademie wäre für sie eine Idealvoraussetzung gewesen. Nun hofft man, dass die Region Stuttgart nicht in der allgemeinen Mannheim-Euphorie «ausblutet» . «Auch Stuttgart braucht Projekte mit Leuchtturmfunktion», betont Schulz.
Im Ausbildungsbereich sieht sich das Empjre zwar nicht in direkter Konkurrenz zur Popakademie, doch der Ansatz ist vergleichbar. Derzeit lassen sich bereits rund 80 junge Menschen über den Empjre-Partner «eban» - einer europaweit tätigen Businessakademie für Medien, Event und Kultur - berufsbegleitend in Wochenendseminaren zum Musikkaufmann oder Event Manager ausbilden. Im September startet für zunächst 20 Teilnehmer der zweijährige Vollzeit-Ausbildungsgang zum «European Pop Creative» - ein Studium Generale für die Entertainmentwirtschaft. Mittelfristig will das Zentrum auch Tonassistenten ausbilden. Auf Dauer sollen in allen Bereichen jährlich insgesamt 400 Auszubildende im Römerkastell ein- und ausgehen.
Anträge auf staatliche Zuschüsse hat das Empjre bislang nicht gestellt. «Rock- und Popmusik muss unabhängig sein», erläutert Schulz, der ohnehin nicht viel von Subventionen hält, da sie die Betreiber von Einrichtungen «phlegmatisch» machen würden. Die laufenden Kosten des Zentrums werden vor allem über die Vermietung der Proberäume bestritten. Einzig im Ausbildungsbereich sieht der Geschäftsführer Möglichkeiten für ein öffentliches Engagement - etwa über Stipendien für die Teilnehmer. Für den Vollzeitstudiengang sollen sich die Ausbildungsgebühren auf mindestens 400 Euro pro Monat belaufen, die berufsbegleitenden Seminare kosten immerhin 200 Euro pro Monat.