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In der Diskussion um die neue Orgel für die Dresdner Frauenkirche ist die Entscheidung nach Ansicht des Orgelbauunternehmens Eule offenbar schon im vergangenen Jahr gefallen.
Bautzen (ddp-lsc). Als die Orgelkommission im Februar 2002 empfohlen habe, den Vorschlag der Straßburger Firma Kern für ein modernes Instrument weiter zu verfolgen, sei der Bautzener Firma Eule bereits faktisch eine Absage erteilt worden, sagte Eule-Geschäftsführer Armin Zuckerriedel der Nachrichtenagentur ddp. Aus der ostsächsischen Orgelbauwerkstatt habe bis zuletzt ein Konzept als Alternative zu Kerns Angebot vorgelegen.
Die Firma Eule favorisierte eine weitgehende Rekonstruktion nach dem historischen Vorbild von Gottfried Silbermann (1683 - 1753). Zuckerriedel widersprach Darstellungen, wonach sich die Bautzener wenige Tage vor der endgültigen Entscheidung im Februar dieses Jahres mit ihren Vorschlägen komplett zurückgezogen hätten. In einem Schreiben an den Stiftungsrat der Frauenkirche habe die Firma vielmehr ihr erstes Konzept aus dem Jahre 1997 für das einzig gültige erklärt. Wegen der deutlich größeren Nähe zu Silbermann sei dieser Entwurf eindeutiger und klarer, sagte der Orgelbaumeister zur Begründung. Von dem zuletzt eingereichten Konzept aus dem Jahre 2001 habe das Unternehmen angesichts der weit reichenden Änderungswünsche Abstand genommen, weil ansonsten eine «Universalorgel» entstanden wäre.
Das 1736 geschaffene Silbermann-Instrument für die Dresdner Frauenkirche war 1945 völlig zerstört worden. Die Firma Eule habe die neue Orgel «für den besonderen Ort» nach den Grundprinzipien des berühmten sächsischen Meisters bauen wollen, machte Zuckerriedel deutlich. Es sei möglich, sehr nahe an den Klang Silbermanns heranzukommen, da es hinreichend Vergleichsinstrumente gebe. Die Bautzener Firma könne auf viel Erfahrung bei der Restaurierung und Pflege von Orgeln verweisen, die der Meister hinterlassen habe.
Nach Ansicht von Zuckerriedel hätte die Klangwelt Silbermanns in der Frauenkirche unbedingt erlebbar gemacht werden müssen, zumal das Orgelgehäuse detailgenau rekonstruiert wird. Nun bekomme der Bau eine «Kern-Orgel französischer Prägung». Die Straßburger Firma habe allerdings keine Beziehung zu Silbermann und Dresden. Auch aus diesem Grund habe die Firma Eule im vergangenen Jahr den Vorschlag des Stiftungsrates abgelehnt, beim Bau der Orgel für die Frauenkirche mit der Firma Kern zusammenzuarbeiten.
Die Bautzener Orgelbaufirma Hermann Eule wurde 1872 in der Spreestadt gegründet. Knapp 640 neue Orgeln sind seitdem in der Werkstatt entstanden, die heute rund 40 Mitarbeiter zählt. Instrumente aus Bautzen befinden sich unter anderem in den Domen von Zwickau, Halberstadt und Meißen und in der Kathedrale von Warschau. Im November vergangenen Jahres wurde in der Universität von Tel Aviv eine Eule-Orgel mit 3 Manualen und 39 Registern geweiht.
Hinzu kommen zahlreiche Instrumente, die das ostsächsische Unternehmen rekonstruiert oder restauriert hat. Dazu gehören die Silbermann-Orgel in der St.-Georgen-Kirche in Glauchau, das Werk des Silbermann-Schülers Zacharias Hildebrandt in der Wenzelskirche von Naumburg sowie die Orgel der Friedenskirche im polnischen Jawor (Jauer), die die Handschrift von Alexander Lummert trägt.
Derzeit ist die Firma mit dem aufwändigsten Projekt innerhalb ihrer 130-jährigen Geschichte beschäftigt: Die große Orgel für die Leipziger Nikolaikirche wird in Bautzen komplett erneuert. Erweitert auf 102 Register und 5 Manuale soll die größte Orgel Sachsens im Oktober 2004 wieder eingeweiht werden.
(www.frauenkirche.org; www.euleorgelbau.de)
s. auch: ?Die Dresdner Frauenkirche bekommt eine Allerweltsorgel?
http://www.nmz.de/nmz/2003/04/kupo-frauenkirche.shtml