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Berlin (ddp). Nach dem deutschen Debakel beim Eurovision Song Contest in Belgrad appellieren NDR und ARD an Künstler und Plattenfirmen, sich stärker für den Grand Prix zu engagieren.
Die Auswahl der Wettbewerbstitel sei jedes Jahr eine Gratwanderung für den Norddeutschen Rundfunk, sagte der Leiter der Talk- und Unterhaltungsredaktion beim NDR, Ralf Quibeldey, am Dienstag. Er beklagte, es sei schwer, überhaupt Interpreten für den Schlager-Contest zu gewinnen. Quibeldey setzt jetzt auf Gespräche mit der Branche.«Das Problem ist, dass sich viele etablierte deutsche Künstler nicht trauen, sich dem Wettbewerb zu stellen», sagte Quibeldey. Insbesondere scheuten sie den nationalen Vorentscheid. Wenn er Künstler anfrage, bekomme er viele Absagen. Wenn ein Künstler zusage, bestimmten Plattenfirma und Management mit bei der Wahl des Songs. Quibeldeys Vorgesetzter, NDR-Unterhaltungschef Thomas Schreiber, monierte, der Sender wolle es besser machen, «aber wir können es nicht alleine».
Eine Alternative zum derzeitigen Vorgehen sieht der NDR allerdings nicht: «Man kann nur mit Profis antreten. Und die werden von Plattenfirmen vertreten», sagte Quibeldey. Den Vorentscheid will der Sender auf alle Fälle beibehalten. «Wir müssen dem deutschen Publikum schon unseren Starter vorstellen», sagte er und fügte hinzu: «Aber wir werden den Vorentscheid sicher verändern.»
RTL-Juror Dieter Bohlen überraschte das schlechte Abschneiden der No Angels nicht. «Alle anderen Teilnehmer haben besser gesungen», ließ der 54-Jährige verlauten. Er sei «erschrocken» gewesen, dass die Sängerinnen die Töne teilweise nicht getroffen hätten. «Man muss leider klar sagen, dass das Ergebnis gerecht ist», befand er.
Bohlen schlug vor, künftig nur einzelne Interpreten mit Songs antreten zu lassen, die einen hohen Wiedererkennungswert hätten. Schließlich hörten die Zuschauer das Lied nur einmal ganz, bevor sie abstimmten. Bei der nationalen Vorauswahl sollten nach Bohlens Ansicht auch mehr als fünf Kandidaten antreten. «Es muss länger und intensiver gesucht und gesiebt werden. Nur dann kommt am Ende der optimale Interpret mit dem optimalen Titel heraus», findet er.
Für den Grand Prix selbst schlägt Bohlen ein neues Abstimmungsverfahren vor. «Es kann doch nicht sein, dass Zwergen-Länder wie Andorra und San Marino die gleiche Stimme haben wie Deutschland und Russland», kritisierte er. Die Bewertung der Songs durch eine unabhängige Jury lehnt Bohlen aber ab: «Die Leute haben Spaß, wenn sie selbst anrufen und abstimmen können.»
Der NDR nahm die Vorschläge zur Kenntnis. «Dass sich Deutschlands erfolgreichster Hitlieferant konstruktiv an der Diskussion beteiligt, freut uns», sagte Quibeldey. Sein Haus will nun mit Vertretern des Musikbusiness sprechen. «Wir wollen uns mit möglichst vielen Profis aus der Branche zusammensetzen und sehen, was wir besser machen können», kündigte er an.