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Jazztrompeter Ulrich Beckerhoff wird 60 – aber nicht leise

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Manchmal passieren Dinge, die man wohl nur Schicksal nennen kann. Im Jahr 1962 verfiel ein Jugendlicher, angesteckt von seinem älteren Bruder, dem Jazz. Den Wunsch, selbst ein Instrument zu erlernen, unterstützten die Eltern gern, nur war das eigentlich Gewünschte – die Klarinette – zu teuer. Dafür kam der damals 15-Jährige vergleichsweise günstig an eine Trompete. Am 6. Dezember 2007 feiert dieser Junge nun seinen 60. Geburtstag und gehört mittlerweile zu den führenden Trompetern Europas, ist Professor für Jazztrompete und Ensembleleitung und künstlerischer Leiter der internationalen Jazzmesse jazzahead!: Ulrich Beckerhoff.

Außergewöhnlich sensibel, kraftvoll, glasklar und positiv besessen sei er, so liest man in den Kritiken über sein Spiel. Und gespielt hat er mit vielen nam-haften Künstlern der internationalen Jazzszene. Wenn man ihn fragt, ob es noch jemanden gäbe, mit dem er gerne einmal auf der Bühne stehen wür-de, antwortet er nach kurzem Nachdenken: “Ich hatte ja schon das Glück, mit so vielen Künstlern arbeiten zu können.” Klar, wenn man sich so etwas wünschen könnte, wären es die großen Legenden wie John Coltrane oder Miles Davis. “Und was sich leider nie ergeben hat, war einmal mit Joe Za-winul zu spielen. Wir waren zwar oft auf den selben Festivals, aber nie ge-meinsam auf der Bühne.”
Über 30 LPs und CDs veröffentlichte Beckerhoff bisher mit eigenen Projekten oder als Sideman und machte sich zudem als Komponist für Hörspiel-, Film-, Fernseh- und Bühnenmusiken einen Namen. Auch am The-ater arbeitete er als Komponist und Solist unter anderem mit den Regisseuren Werner Schroeter und Hans Kresnik. 1979 tourte er im Auftrag des Goethe-Insti-tutes durch elf afrikanische Staaten und 1999 war er künstlerischer Berater für Europas Kulturhauptstadt Weimar.
In die Schublade vom grüblerischen Musiker, der als Einzelgänger durch die Welt geht, passt Ulrich Beckerhoff nicht. Vernetzung untereinander und Einsatz für die Kultur sind ihm wichtig, kommt das Gespräch auf politische Entscheidungen, merkt man schnell, dass ihn das Thema nicht kalt lässt. Ein Beispiel ist die strikte Hochschulpolitik in Bezug auf die europäischen Abschlüsse Bachelor und Master an Kunsthochschulen. “Das ist doch keine artgerechte Haltung des Künstlers.” Für wissenschaftliche Studiengänge mögen Standardmuster ja sinnvoll sein, für alles Kreative seien diese aber geradezu kontraproduktiv. “Da wird ohne Rücksicht auf Inhalte jede kultu-relle Besonderheit glattgebügelt, alles im Namen der Vergleichbarkeit. Ein-fach zum Kotzen.” Er selbst arbeitet seit Anfang der 70er Jahre als Päda-goge und seit 1991 als Professor an der Folkwang Hochschule in Essen, wo er den Studiengang Jazz mit aufbaute, der allseits hohes Ansehen genießt.
Ulrich Beckerhoff wurde 1947 in Münster geboren und lebt seit über 30 Jahren in Bremen. Er studierte zunächst Jura, dann Musik in Münster und Köln. Seine künstlerische Leistung wurde mit diversen nationalen und inter-nationalen Auszeichnungen gewürdigt, unter anderem mit dem er-sten Preis des Jazzfestivals Loosdrecht, in den Niederlanden, und dem Förderpreis Musik der Freien Hansestadt Bremen.
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