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Konzert in Leipzig - Die Fantastischen Vier erheben ihre Stimme gegen Rechts - Mehr Zivilcourage von Bürgern gefordert
Leipzig (ddp-lsc). Ihr Auftritt besaß eine Aktualität, die sich Die Fantastischen Vier sicher nicht gewünscht hatten. Am Samstag stellte Sänger Smudo vor einem Konzert in Leipzig das Engagement der deutschen Hip-Hop-Band für die Kampagne «Laut gegen Nazis» vor. Selbstverständlich, dass dabei auch über den Vorfall von Mittweida diskutiert wurde, der am Freitag bekanntgeworden war. Dort sollen Neonazis einem 17-jährigen Mädchen auf einem Parkplatz ein Hakenkreuz in die Haut geritzt und Bewohner der benachbarten Häuser dabei zugesehen haben. «Es geht uns sehr wohl etwas an, wenn das Leute vom Balkon aus sehen», sagte der Sänger mit Blick auf die Jugendliche, die mit ihrer Zivilcourage alleine stehe. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sprach von einem «schrecklichen Ereignis». Er wünsche sich, dass der Mut der 17-Jährigen Schule mache.
Diesem Zweck soll auch die Kampagne «Laut gegen Nazis» dienen, die seit drei Jahren für einen Zusammenschluss in der Zivilgesellschaft gegen die Gefahr von Rechts wirbt. Die Fantastischen Vier setzen sich gleich doppelt für das Projekt ein. Unter den eingeladenen Gästen ihrer aktuellen Tour sammeln sie Geld für die Kampagne und sind auch mit einem Song auf einer CD vertreten, die auf Schulhöfen verteilt wird und ein gezielter Gegenpart zu Nazi-CDs sein soll.
Dass man damit kaum die Neonazis selbst erreicht, glaubt Sänger Sebastian Krumbiegel von der Band Die Prinzen. «Es geht nicht vordergründig um Glatzen, die sich als Nazis outen, sondern um die, die daneben stehen und zugucken.» Smudo nannte es eine «Aufgabe der Gesellschaft», etwas gegen die rechte Gefahr zu tun. Es fehle vielen Menschen an der Erfahrung im Umgang mit solchen Problemen. Dennoch warnte Smudo vor zu großen Erwartungen: Man dürfe nicht davon ausgehen, dass es in unserer Gesellschaft irgendwann keine Rechtsextreme mehr gebe: «Ich glaube nicht, dass eine CD auf einem Schulhof etwas bringt, aber sie bringt das Thema an die Öffentlichkeit.»
Die Notwendigkeit der Kampagne begründet ihr Geschäftsführer Jörn Menge auch damit, dass seit 1990 140 Todesopfer durch rechte Gewalt zu beklagen gewesen seien. Menge berichtete von den Erfolgen, aber auch den Schwierigkeiten, die ihm und seinen Mitarbeitern täglich begegneten. So seien nur 7 von 200 angesprochenen Unternehmen bereit gewesen, ein klares Statement gegen Rechtsextremismus auf ihrer Homepage zu platzieren. «Die E-Mails, die wir bekommen, sind ziemlich deftig», sagte er. Viele der Absender seien direkt bedroht von rechter Gewalt. Aber eine Kampagne wie diese koste Geld, das für Aufklärungs-Touren ebenso gebraucht werde wie für die jüngst veröffentlichte Hörbuch-Edition. Darin wurden unter anderem mit Smudo, Silbermond und Heinz Rudolf Kunze Geschichten vertont, die die Auswirkungen der Nazi-Ideologie emotional widerspiegeln.
Jung nutzte am Samstag die Chance und lud Die Fantastischen Vier zum Leipziger Stadtfest im Sommer kommenden Jahres ein. An jedem Bratwurststand solle das Anliegen der Kampagne «Laut gegen Nazis» das Thema sein, versprach er. Im Gegenzug machte ihm Smudo Hoffnungen. «Die Chancen stehen gut», sagte er. Die Fantastischen Vier seien im kommenden Jahr mit Live-Auftritten nicht ganz so ausgelastet wie derzeit.
Susann Huster