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«Melodie & Rhythmus» wird 50

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Ein Kultmagazin wird 50 - Musikzeitschrift «Melodie & Rhythmus» erschien 1957 zum ersten Mal - Nicht nur Forum für Ostmusikszene


Berlin (ddp). Die erste Ausgabe wurde 1957 angeblich direkt wieder eingestampft. Grund: Ein Westkünstler zierte das Titelbild. Über wen sich die damalige DDR-Spitze so erregt haben soll, ist leider nicht mehr bekannt. «Es gibt keine Redakteure mehr, die man fragen könnte», sagt der Chefredakteur der Musikzeitschrift «Melodie & Rhythmus», Christian Hentschel, im ddp-Interview. Die zweite Ausgabe war dann politisch korrekt, und ein neues Kultmagazin war geboren. Zwar wird das Blatt erst im November offiziell 50 Jahre alt, gefeiert wird jedoch bereits am 2. Oktober mit einer Party in der Berliner Kalkscheune.

Das inzwischen monatlich erscheinende Magazin, an dem drei feste und rund 30 freie Schreiber arbeiten, verzeichnet eine Auflage von 60 000 Exemplaren. Zum Vergleich: «Musikexpress» und «Visions» haben laut Hentschel eine Auflage von rund 90 000 beziehungsweise etwa 70 000. Zu DDR-Zeiten, als «Melodie & Rhythmus» weit und breit konkurrenzlos war, betrug die Auflage zwar 290 000, trotzdem kam kaum jemand an das begehrte Blatt ran.

«Man musste die Zeitungsfrau kennen», erinnert sich Hentschel, der als Neunjähriger zum «Melodie & Rhythmus»-Leser wurde. Über diese Kontakte habe er zum Glück verfügt. An den Luxus eines Abos sei man dagegen nur gekommen, wenn ein Abonnement verstarb. Einen festen Erscheinungstag des Magazins, das laut Hentschel damals aus grauem Papier von «mieser Qualität» bestand und nur 20 bis 24 Seiten hatte, gab es in der DDR nicht. «So viele Platten kamen in der DDR nicht raus», sagt der 40-jährige Chefredakteur zur Erklärung.

«Heute muss man über vieles schmunzeln», sagt Hentschel über die früheren «Melodie & Rhythmus»-Hefte. So habe es in den 80er Jahren mal einen Artikel über rechtsextremistische Musik gegeben, in dem Village People und Dschinghis Khan als Beispiele genannt wurden.

Nach der Wiedervereinigung wurde das Magazin 1991 eingestellt und erst 2004 von Hentschel wieder ins Leben gerufen. Nach einer erneuten kurzfristigen Einstellung Anfang 2006 erscheint «Melodie & Rhythmus» seit Juni 2006 im Berliner Heimat-Verlag.

Hentschel hatte die Idee zur neuen «Melodie & Rhythmus», weil er fand, die Ostmusikszene finde in Magazinen nicht statt. Doch wenn Bands wie Keimzeit große Konzerthallen füllten, müsse es doch auch ein Publikum geben, das etwas darüber lesen wolle, dachte er sich.

Ein Ostmusikblatt ist «Melodie & Rhythmus» aber nicht, auch gibt es keine Quotenregelung. Ins Blatt kommt, was gefällt und was als wichtig betrachtet wird - vorrangig allerdings aus dem eigenen Land. Die Redakteure widmen aber auch Katie Melua, James Blunt und Moneybrother große Geschichten und Interviews. Bei der Auswahl von Newcomern hört Hentschel auf sein «Bauchgefühl», und wenn er merkt, dass «eine junge Band brennt, hat sie einfaches Spiel bei mir».

Eine Namensänderung war übrigens nie Thema: «Wenn sich eine Band Sportfreunde Stiller oder Wir sind Helden nennen kann, dann ist \'Melodie & Rhythmus\' gar nicht so uncool», sagt Hentschel.

Nadine Emmerich
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