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Johnny Cash intim - Rund 50 bisher unveröffentlichte Songs werden auf dem Album «Personal File» veröffentlicht
Berlin (ddp). Es klingt, als hätte Johnny Cash nach der Arbeit einfach noch ein bisschen auf seiner Gitarre rumgezupft und dabei seine Gedanken laut ausgesprochen. Und das Abend für Abend. Hunderte Tapes mit eigenen Aufnahmen wurden nach dem Tod des Kultmusikers in einem Büro hinter den Aufnahmestudios des «House Of Cash» gefunden. Fast 50 Songs davon werden jetzt erstmals veröffentlicht. Das Doppelalbum mit dem Titel «Personal File» kommt am Freitag in den Handel.
Auf den Platten sind private Solo-Aufnahmen aus den 70er und 80er Jahren. Stilistisch reichen die Songs von klassischen Folk- & Gospel-Traditionals über Interpretationen seiner persönlichen Lieblingslieder bis hin zu eigenen Cash-Songs. Die Lieder sind nicht abgemischt, werden nur mit Gitarre und Stimme dargeboten. Diese Sparsamkeit verleiht ihnen viel Emotionalität und Intimität.
Selten ändert Cash in seinen «Personal Files» Rhythmus oder Tonlage. Die Lieder scheinen manchmal fast nahtlos ineinander überzugehen. Zwischendurch plaudert der Musiker: So erzählt er zum Beispiel, wie er als Kind viele Songs aus dem Radio lernte.
Die Plattenfirma Sony BMG feiert die neuen Songs als eine der «größten musikalischen Archiventdeckungen des 20. Jahrhunderts». Ob Cash wollte, dass seine persönlichen Aufnahmen veröffentlicht werden, bleibt indes unklar.
Der Johnny-Cash-Experte und Chef des Country-Labels Bear Family, Richard Weize, glaubt, Cash hätte sicher nichts gegen eine Veröffentlichung gehabt. Der Gesang des Country-Stars sei auf «Personal File» zwar nicht perfekt, komme aber «von Herzen». «Die Songs hat er seiner Familie vorgespielt», sagt Weize.
Obwohl Hunderte Tapes gefunden wurden, sind laut Sony BMG zunächst keine weiteren Veröffentlichungen geplant. Gänzlich ausgeschlossen sind sie zu einem späteren Zeitpunkt aber nicht. Die jetzt herausgebrachten Songs seien jedoch die «interessantesten», weil es sich dabei um neues Material handle, hieß es.
Warum die Tapes jahrelang im Verborgenen schlummerten, ist unklar. Möglicherweise war der Unplugged-Sound der Aufnahmen damals nicht so gefragt wie heute. Bei der Vielzahl der Cash-Veröffentlichungen blieben sie daher vielleicht erst liegen und gerieten dann in Vergessenheit.
Spätestens seit der erfolgreichen Cash-Filmbiografie «Walk the Line» ist der «Man in Black» aber wieder absolut angesagt. Die Plattenfirmen vermelden reges Interesse an Cash-Scheiben. Universal Music und Sony BMG hatten mit «Ring of Fire: The Legend of Johnny Cash» und «Walk the Line» Alben zum Film veröffentlicht, Bear Family brachte «Traveling Cash - An Imaginary Journey» heraus, eine Reise durch Cashs musikalisches Leben.
Johnny Cash wurde am 26. Februar 1932 als Kind armer Farmer in Kingsland im US-Bundesstaat Arkansas geboren. Er begann früh, Gitarre zu spielen und Lieder zu schreiben. Später jobbte er tagsüber, abends spielte er zusammen mit den Tennessee Two in verschiedenen Clubs in Memphis - bis er schließlich einen Plattenvertrag bekam.
Seine erste Single «Cry Cry Cry» erschien 1951. 1963 brachte er den Song »Ring of Fire» heraus, der ein Welthit wurde. Im Laufe der Jahre entwickelte sich Cash trotz Drogenproblemen und Abstürzen zu einem der populärsten US-Country-Sänger. Legendär sind seine Konzerte in den Gefängnissen Folsom State Prison und San Quentin. Cash starb am 12. September 2003 in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee.
Nadine Emmerich