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Aufwändig und eigenwillig

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„Pyramidale 6“: Die Erotik des Kontrastes
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Inmitten der Hellersdorfer Plattenbauten haben auch in diesem Jahr bei der „Pyramidale 6“ Susanne Stelzenbach und Ralf Hoyer ein vielfältiges Programm präsentiert. Mit Musik, Performances, Texten und einer Installation, darunter etliche Uraufführungen, folgte man dem vieldeutigen Motto „Die Erotik des Kontrastes“.

Im Zentrum der ersten Programmreihe standen Streichquartette, gespielt durch das „Sonar Streichquartett“ (Susanne Zapf, Gregor Dierck, Nikolaus Schlierf, Cosima Gerhard), daneben gab es Stücke für ein Kammerensemble (Bratsche: Karen Lorenz, Saxophon: Meriel Price, Oboe: Simon Strasser, Horn: Noam Yogev). Den Vokalpart in Max E. Kellers Zeitungssolokantate „12-06-07“ und Helmut Zapfs Lied „Rechenschaft“ übernahm die Sopranistin Claudia Herr. Kontrapunkt zur Musik bildete Bernhard Garberts Vortragsinstallation über „ordentliche Kunst“ (Performance: Peter Funken, Albert Markert).

Musikalisch kontrastierten gleich zu Beginn Helmut Lachenmanns Streichergeräuschaktionen in „Gran Torso“ mit dem dritten Streichquartett von Georg Katzer, in dem Geräusche zwar nicht fehlen, aber doch als „andere Seite“ des Klangs markiert werden. Ebenfalls zwei unterschiedliche Klang- und Formauffassungen zeigten das erste Streichquartett von Stefan Keller und Susanne Stelzenbachs Quartettsatz „Haut“. Während Keller den Gang des Stücks pulsierenden, treibenden Rhythmen übergibt, zeigt Stelzenbach offene Stellen, Risse im Gewebe, stumme Zeichen in die Luft gemalt. Friedrich Goldmann hat sich mit seinen aktuell geschriebenen fünf Duos für Oboe und Viola dem Gegensatz der Instrumente gewidmet. Kontraste zwischen Elektronik und Live zeigten Stücke von Michael Hirsch und Helmut Oehring. In Hirschs „Würgeengel-Fragment“ handelte es sich – so der Komponist – um eine „Komposition für CD mit fragmentarischer ‚Kammermusikzuspielung’“. Auch in Oehrings „Love in“ erzeugten die verschiedenen Atemgeräusche von CD eine Grundstimmung, die die Instrumente nur eingeschränkt mithalten sollten. Schließlich setzten ein „Schreistück“ von Stelzenbach/Hoyer und die „Metamorphosen des Eises“ von Hermann Keller Musiktheater gegen die Kammerensemble- und elektroakustischen Hörstücke.

Der zweite Programmteil brachte den Kontrast zwischen Alter und Neuer Musik, hauptsächlich umgesetzt durch das hervorragende Vokalensemble „Vox nostra“ (Amy Green, Allegra Silbiger, Ellen Hünigen, Jens Bauditz, Werner Blau, Burkard Wehner). Der Versuch, aus der Ausstellungspyramide eine Kathedrale zu machen, gelang zwar nicht ganz, aber die Abwechslung von mittelalterlichen Gesängen und „erotischen Miniaturen“ von Martin Daske, Thomas Gerwin, Mayako Kubo, Gwyn Pritchard und Friedrich Schenker (alles Auftragswerke) zeigte die große Bandbreite des Ensembles. Hervorzuheben ist der klangliche Kontrast zur Vokalmusik durch die elektroakustische Komposition „Nefs“ von Mehmet Can Özer sowie durch Lothar Voigtländers „Salmo Salomonis“, ein Solostück für Englischhorn, brillant gespielt von Simon Strasser. Hoyers quasi elektroakustisches Stück für Vokalstimmen „Five Spaces for Six Voices“ bildete den Abschluss des Festivals. Die Hellersdorfer „Pyramidale“ brachte wieder einmal ein aufwändiges und eigenwilliges Programm, das auch Publikum mit sehr langen Anfahrtswegen angezogen hat. Es ist den Organisatoren und Unterstützern im Bezirk viel Energie zu wünschen, ihr Engagement für neue Musik im Osten Berlins weiterzuführen.

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