Der Stand der Technik ermöglichte Anfang des 20. Jahrhunderts die Entwicklung elektronischer Musikinstrumente. Erstmals konnten völlig neuartige Klänge erzeugt werden.
Es ist ein eigenartiges Musikinstrument. Der Apparat hat keine Tasten und wird mit Zeigefingern gespielt. Und die Töne? Als 1930 der Prototyp des Trautoniums erklang, fehlten den Zuhörern die Worte. Niemand hatte bis dahin Melodien direkt aus dem elektrischen Netz gehört. Die Menschen hatten das Gefühl, dass Musik so in der Zukunft klingt.
Der Erfinder benannte das Instrument nach sich selbst
Bei dem Instrument ist über eine lange Metallschiene eine mit Widerstandsdraht umsponnene Saite gespannt. Beim Niederdrücken mit dem Finger auf die Schiene wird ein elektrischer Kontakt herstellt. Die Stelle, an der die Schiene beim Spielen den Widerstandsdraht berührt, bestimmt die Frequenz und damit die Tonhöhe. Der Erfinder Friedrich Trautwein (1888-1956) nannte das Gerät selbstbewusst Trautonium.
Im Händelhaus steht eines der wenigen Exemplare
Im Händelhaus Halle steht eines der wenigen verbliebenen Exemplare, die in den 1930er Jahren von der Firma Telefunken produziert wurden. «Das Radio war damals das neue Medium und die Überlegung war, dazu brauchen wir auch neue Instrumente um die Übertragung zu verbessern. Als Folge wurde das Trautonium gebaut», sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Musik- und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, Christina Dörfling. «Das Besondere war, dieses Instrument imitierte Orchesterinstrumente als auch neue Instrumente, die es bislang gar nicht gab.»
Das Instrument war lange stumm
«Das Trautonium ist eine Dauerleihgabe der evangelischen Kirchenmusikschule Halle. Als es zu uns kam, funktionierte das Gerät, später blieb es aufgrund einer technischen Störung stumm», sagt die Leiterin des Händelhauses, Christiane Barth. Dörfling und ein Musikwissenschaftler reparierten das elektrische Musikinstrument im vorigen Jahr in Berlin.
«Ein Draht war falsch angelötet, wir haben Tage gebraucht, bis wir darauf gekommen sind», sagt Musikwissenschaftler Ingolf Haedicke. «Da hatte jemand herumgebastelt, denn die Lötstelle sah 50 Jahre alt aus. Eine neue Lötstelle wäre sofort aufgefallen.» Auch das Netzteil hatte einen Fehler. Das Teil wurde nachträglich von jemandem gebaut. «Ursprünglich hatte das Trautonium eine Anodenbatterie, diese alten Batterien mit 100 Volt gibt es natürlich nicht mehr», sagt Haedicke.
Wann das Trautonium zu hören ist
«Wir haben das einzige spielfähige historische Exemplar eines Trautoniums», sagt die Leiterin Barth. «Es war uns wichtig, dass das Instrument nicht nur als stummes Objekt in der Vitrine steht.» Für Besucher erklingt das Trautonium zum Beispiel in der Museumsnacht. «Das ist wirklich etwas Außergewöhnliches. Es ist eine ganz andere Art von Klang, man hört und fühlt das enorme Klangspektrum. Bei historischen Aufnahmen kommt das nicht so rüber. Mit dieser Art der Repräsentation ist das Händelhaus wirklich vorbildlich», sagt Dörfling.
Kein Erfolg mit Instrumenten für 380 Reichsmark
Aus der Produktion von etwa 200 Stück, die von Telefunken hergestellt wurden, existieren schätzungsweise noch zehn Stück. Das Volkstrautonium war als Hausmusikinstrument gedacht. Ein Musikverlag entwickelte dafür extra eine Anleitung, die Trautonium-Schule, mit der sich jeder mit kleinen Übungen das Spielen selbst beibringen konnte. Aber der hohe Preis von 380 Reichsmark bescherte dem Telefunken-Trautonium keinen Markterfolg und die Produktion wurde nicht fortgesetzt.
Das Geburtshaus des Barockkomponisten Georg Friedrich Händel (1685-1759) öffnete 1948 als Museum. Gleichzeitig begann der Aufbau einer Musikinstrumentensammlung. Der Fundus umfasst heute 780 Musikinstrumente. Neben Originalen befinden sich in der Sammlung auch Nachbauten.