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Studierende der Hochschule bei der Pop-Stage im Februar 2025. Foto: Oliver Pracht

Studierende der Hochschule bei der Pop-Stage im Februar 2025. Foto: Oliver Pracht

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Mit Puccini in den Club

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Die neuen Professor*innen des IfM der Hochschule Osnabrück im Interview
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Torsten Haas, bekannt als „HazE“, ist Bassist der mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichneten Show „Wer stiehlt mir die Show?“, Musical Direc­tor sowie Bassist für Samy Deluxe. Er war feder­führend an der „SamTV unplugged“-Produktion 2019 beteiligt und hat als Produzent und Musiker mit zahlreichen Künstler*innen wie Nneka, Max Herre, Thomas D und Y‘akoto zusammengearbei­tet. Er leitet das Online-Bass-Coaching-Programm #Bassbuddies und veröffentlicht eigene Beat- Tapes unter dem Namen „BNDA!“. Seit 2025 hat Haas die Professur für Pop-Bass am Institut für Musik der Hochschule Osnabrück inne. 

Hayat Chaoui, Sängerin, Gesangspädagogin, Auto­rin und Chorleiterin, wurde für ihre Arbeit vielfach ausgezeichnet, unter anderem 2020 mit dem Deutschen Rock & Pop Preis für KIWI als das beste Kinderliederalbum (erschienen bei Helbling), vom Deutschen Musikverlegerverband mit dem „Best Edition“-Preis für ihr Chorbuch WoW-Women of Our World (bei Breitkopf & Härtel erschienen), mit dem Kulturpreis der Hartmut und Lore Schuler- Stiftung und 2025 mit dem WupperTaler für ihr soziales Engagement mit dem interkulturellen Frauenchor WoW-Women of Wuppertal. Seit 2025 ist Hayat Chaoui Professorin für Klassischen Gesang/ Vokalpädagogik am Institut für Musik der Hochschule Osnabrück. 

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Chaoui: Wer hätte gedacht, dass wir uns schon wieder „Erstis“ nennen würden? Dabei habe ich ja schon die Hälfte meines ersten Lehrjahres bereits absolviert. Ich konnte die bisherigen Studierenden kennenlernen, den Großteil des Kollegiums aus meinem Fachbereich, habe die ersten Aufnahmeprü­fungen und Zwischenprüfungen abgenommen und Veranstaltungen organisiert. Aber es ist trotzdem noch immer alles komplett neu. 

Wie ist denn Dein erstes Semester gestartet? 

Haas: Für mich ist es eine Mischung aus „alles neu“ und „sehr vertraut“, denn dieses Semester ist mein erstes Jahr als Professor und gleichzeitig mein 14. Jahr in der Popabteilung des IfM, da ich bereits so lange einen Lehrauftrag für Pop-Bass ausgefüllt habe. 

Kanntest Du denn Osnabrück bereits? 

Chaoui: Tatsächlich habe ich hier früher öfter in der Marienkirche gesungen und wunderschöne Konzerte erlebt. Außerdem war ich auch in der Region oft als Solistin engagiert. Vor allem ist mir aber Osnabrück auch als hervorragende überregio­nale Ausbildungsstätte für Musical und das Singen mit Kindern ein Begriff gewesen. Ich habe gern Ausflüge nach Osnabrück gemacht und gehe auch heute noch gerne durch die malerischen Gassen der Altstadt spazieren, stöbere durch eigentümer­geführte Läden und lasse die Seele in einem der netten Cafés baumeln. 

Für Dich als alten Ha(a)sen am Institut für Musik – verzeih das Wortspiel - gibt es da überhaupt etwas Neues oder Veränderungen innerhalb Deines Jobs? Was möchtest Du innerhalb der Lehre weiterfüh­ren? Was würdest Du gerne an neuen Impulsen mit hineinnehmen? 

Haas: Erstmal freue ich mich darauf, den Studieren­den etwas mehr Raum und Zeit anbieten zu können, als das im Lehrauftrag möglich gewesen wäre. Mir ist der Austausch mit den Studierenden sehr wichtig und deren Impulse und Bedürfnisse befeuern oft bei mir Ideen für etwa Kurse oder Methodik. Das möchte ich gerne weiterführen und vertiefen, mit dem Ziel, dass Studierende die eigene Individualität und das, was sie mitbringen, positiv einlösen können. 

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Torsten Haas. Foto: Moritz Stahl

Torsten Haas. Foto: Moritz Stahl

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Wie sieht das bei Dir aus? Ich habe mitbekommen, dass Du, wie ich finde, ganz tolle Projekte an einer Musikschule ins Leben gerufen hast. Inwiefern passt das zu Deinem neuen Beruf? 

Chaoui: Ich war nicht nur an der Bergischen Mu­sikschule in Wuppertal beschäftigt, sondern ich bin es noch immer. Ich arbeite dort weiterhin als Gesangslehrerin, Stimmbildnerin und Chorleiterin des 80-köpfigen interkulturellen Frauenchores WoW-Women of Wuppertal und des 60+ Chores West Side Voices. Zuvor habe ich elf Jahre lang den Fachbereich Gesang geleitet und damit viele Erfahrungen in Projektleitungen und -konzipie­rungen und in Verwaltung und Gesprächsführung sammeln dürfen. Meine Unterrichtstätigkeit hat mir Einblicke in viele verschiedene Arbeitsbereiche mit unterschiedlichen Altersgruppen, kulturellen Hintergründen und sozialen Schichten ermöglicht. Mit dem Kollegium habe ich fach- und genreüber­greifend gearbeitet, was ich in Osnabrück gerne fortführen würde. Außerdem habe ich etliche Schü­lerinnen und Schüler erfolgreich für das Gesangs­studium an diversen Musikhochschulen vorbereitet und einige davon sind erste Bundespreisträger beim Wettbewerb Jugend musiziert. 

Mit all diesen Einblicken und langjährigen Erfah­rungen fühle ich mich ziemlich gut vorbereitet für eine Lehre, bei der es um das Pädagogische und die Vermittlung wie in den Seminaren der Didaktik des Klassenmusizierens, der Fachdidaktik oder des Begleitseminars für das Praktikum geht. Hilfreich ist dabei natürlich auch, dass ich bereits an der HfMT Köln mehrere Jahre gelehrt habe. 

Wie sieht denn Dein Leben aus? Bist Du noch aktiv als Musikschaffender unterwegs? 

Haas: Unbedingt - die Arbeit auf Bühnen und in Studios ist für mich eine wichtige Ressource, damit ich Popmusiklehre aus echten Popmusikszenarien ableiten kann. Ich bin also weiterhin als Bassist/Mu­sical Director für (primär) Hip Hop Künstler*innen unterwegs und bin in der Band einer Sonntag-Abend TV-Show. Lehre und Popwelt haben sich für mich immer gegenseitig sehr befruchtet und ich sehe keinen Bruch zwischen Künstlerdasein und Lehre. Am Ende arbeitet man im Team daran, dass jede Person sich selbst in der Musik wiederfindet. Ob das dann in einem Raum passiert, der sich Hoch­schule nennt, oder Club, ist für die Prozesse nicht ausschlaggebend. Ich sehe erstmal jede Person als bereits vollständige(n) Künstler*in auf Augenhöhe… das war in meinem eigenen Studium nicht immer der Fall. 

Wie siehst Du Deine Ausrichtung als Professorin im Kontext zu Deinem Studium? Gibt es irgendwas, was du anders machen möchtest, als Du es im Studium erfahren hast? Quasi jetzt, wo Du auf der anderen Seite des Zauns stehst? 

Chaoui: Ich sehe das ganz ähnlich wie Du. Erstmal stehen wir in unserem Beruf Künstlerpersönlich­keiten gegenüber. Wir können Angebote machen, Neues anregen und die Menschen auf ihrem künstlerisch-pädagogischen Weg begleiten. Ich sehe mich selbst ebenfalls als Lernende oder auch miteinander Lernende, sozusagen ein biographie­begleitender Prozess für alle Seiten. Gerne möchte ich die Sinne dahingehend sensibilisieren, dass es mehr gibt als das, was gelehrt wird. Das IfM birgt die Chance, dass sich Stilrichtungen und Genres auf Augenhöhe begegnen und vielleicht sogar inspirie­ren können, weil Pop, Jazz, Musical und Klassik so nah beieinander ausgeübt werden. Ich bin ein gro­ßer Fan von Teamwork und Cross-Over-Projekten. Gerne möchte ich Studierende ermutigen, sich ihre Nischen und Alleinstellungsmerkmale zu suchen und auszuarbeiten und nicht nach einem vermeintlichen 08/15-Prinzip ihr Studium zu absolvieren. 

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Hayat Chaoui. Foto: Bettina Osswald

Hayat Chaoui. Foto: Bettina Osswald

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Vor allem aber möchte ich den Blick dafür erwei­tern, unseren eurozentrischen Blick zu öffnen und anzuerkennen, dass es zum Beispiel viele klassische Musiken gibt: Klassisch arabische Musik, tür­kische Klassik, klassisch chinesische Oper u.v.m. Klangästhetik und Sozialisation haben unmittelbar miteinander zu tun. Wenn wir das anerkennen und wertschätzen lernen, ist das ein großer Schritt in Richtung Toleranz und Demokratieförderung. 

Haas: Das unterstreiche ich sofort. Ich denke, dass Diversitätsoffenheit und Demokratieförderung für unsere gesamte Lehre in diesen gesellschafts­politischen Zeiten wichtige Hauptaugenmerke als Bildungsauftrag sein werden und sein sollten. Viel­leicht können wir direkt bei unseren beiden Fächern starten. Hast Du eine Idee? 

Chaoui: Mit Puccini in den Club!

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