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Kachel zum Jahr der Mandoline.

nmz-Serie: Das Jahr der Mandoline 2023 von Ralf-Thomas Lindner.

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Das Jahr der Mandoline in der nmz (Teil 6): Das Norddeutsche Zupfmusik-Festival

Vorspann / Teaser

Allein Musik machen, macht Spaß – keine Frage. Aber viel schöner ist es, wenn man vielen anderen Musikern gemeinsamen in Tönen schwelgen kann. Einander begegnen, sich kennenlernen, sich wiedertreffen, gemeinsam Musik machen, neue Impulse bekommen und diese mit nach Hause nehmen, einfach glücklich sein – all das gehört zum Konzept des Norddeutschen Zupfmusik-Festivals, das im Juni zum 6. Mal in Hamburg-Dulsberg stattgefunden hat. 18 Ensembles aus Norddeutschland haben sich dort getroffen – und ein ganz besonderer Ehrengast war auch gekommen.

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Vereinen und mischen sich im Sinfonieorchester viele Instrumente unterschiedlichster Gattungen zu einem großen homogenen Klangkörper, so sucht die Mandoline zum Zusammenspiel zunächst erst einmal im eigenen familiären Umfeld, dem Bereich der Zupfinstrumente, ihre Partner. Dazu gehören in erster Linie die Lauten, die Gitarren und die Harfen, auch gern das Cembalo. Auch zu den Streichinstrumenten, insbesondere, wenn sie gezupft werden, gesellt sich die Mandoline gern als Melodie-Instrument. Natürlich gibt es auch Besetzungen „Mandoline plus …..“ mit anderen Instrumenten, aber diese Kombinationen sind deutlich weniger stark vertreten.

Der Idee „gleich und gleich gesellt sich gern“ folgend treffen sich alle zwei Jahre im Kulturhof Dulsberg in Hamburg Zupfmusiker aus Hamburg und Schleswig-Holstein, um ihre künstlerische Arbeit vorzustellen und um gemeinsam zu musizieren. Das mittlerweile 6. Norddeutsche Zupfmusik-Festival war in diesem Jahr am 3. und 4. Juni ganz besonders dem Instrument des Jahres, der Mandoline, gewidmet. Dabei gelang es den Veranstaltern, dem Bund Deutscher Zupfmusiker, Landesverband Nord, der Staatlichen Musikschule Hamburg, der European Guitar Teachers Association und den Landesmusikräten der Freien und Hansestadt Hamburg und des Landes Schleswig-Holstein, an den beiden Festivaltagen die außerordentliche Breite der musikalischen Arbeit zu präsentieren.

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Zupforchester im Konzertsaal

Das Mandolinen- und Gitarrenorchester Empelde von 1927 (Region Hannover) war beim 6. Norddeutschen Zupfmusik-Festival der „auswärtige Gast“ aus Niedersachsen.

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In sechs Konzertblöcken mit jeweils drei Ensembles brachten wirklich alle Generationen ihr Können zu Gehör, angefangen mit den 3. und 4. Klassen der Schule Neubergerweg in Hamburg (mit dem gesungenen Motto: „Mandoline und Gitarre, klingen alle schön, zupfe alle Saiten, pling, plang, plong“) bis hin zur „Hamburger Spätlese“ (die musikalische Leiterin stellte eine ihrer Mitspielerinnen augenzwinkernd mit dem Satz vor: „Sie ist erst 64 Jahre alt – Sie versaut uns den Schnitt“; der älteste Mitspieler ist immerhin 93 Jahre alt). Neben den musikalischen Darbietungen war das Treffen anderer Musiker und Ensembles das wohl wichtigste Moment, das dieses Festival auszeichnete. Dabei blieb man (leider) unter sich, denn wirkliche Gäste (immerhin hätten Stadt und Umland davon etwa 1,8 Millionen potentielle Aspiranten zu bieten gehabt) gab es nicht. Alles kann man nicht haben – aber es erscheint im Jahr der Mandoline (diesem „exotischen“ Musikinstrument, dass die Initiatoren ja gerade einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen wollen) wie eine vertane Chance.

Die musikalischen Gäste waren durchweg imponierende und hörenswerte Ensembles, von denen man durchweg gern mehr gehört hätte! Die Musik war ganz weit weg von Lagerfeuerromantik und Gitarrengeklampfe. Auffällig war neben der folkloristisch geprägten Musik und den klassischen Komponisten eine bemerkenswerte Menge an zeitgenössischen Komponisten, die für Zupfinstrumentenensembles komponiert haben. Dabei sind diese stilistisch immer wieder von historischen Rückgriffen geprägt – der weitaus größte Teil aber hat eine eigene zeitgenössische und gut hörbare Harmonik, die Lust auf mehr macht. Dabei handelt es sich – auch für die jüngeren Musiker – um echte Konzertmusik, die sicher auch ihre pädagogischen Momente hat, aber weit entfernt ist, von plattem pädagogischem Geklimper. Hier muß der Name des Joachim-Trekel-Musikverlages in Hamburg fallen, deren besonderes Interesse es ist, spiel- und hörbare Musik für Zupfinstrumente zu verlegen und zur Verfügung zu stellen.

Aber nicht nur als Musikverlag ist die Familie Trekel aktiv. Wenn es um Mandolinen- und Zupfmusik geht, dann sagen lustige Stimmen im hohen Norden gelegentlich „es trekelt“. Steffen Trekel gehört zu den national und international bekanntesten Mandolinisten und Mandolinenpädagogen. Im Bund Deutscher Zupfmusiker ist er Bundesmusikleiter. Im Norden ist er die herausragende Persönlichkeit, die sich um Nachwuchsarbeit kümmert. Dabei geht er in die Schulen, begeistert für das Instrument und bleibt an den jungen Interessenten solange dran, bis sie in einem der Kinder- und Jugendensembles, etwa dem NZO-YOUNGSTERS (NZO = Norddeutsches ZupfOrchester) Fuß gefasst haben. Dieses hat er jüngst in zwei Orchester, die Kids und die Teens, getrennt, da das das Nachwuchsorchester zum einen aus allen Nähten platzte, zum anderen wegen der großen Altersunterschiede im Nachwuchsorchester. Keine Frage; alle diese Formationen leitet er selbst. Der größte Erfolg, den man bei dieser Arbeit (und das darf auch bei einem Konzert auch mal gesagt werden:) ist die unübersehbare Freude der Kinder und Jugendlichen. Mehr geht nicht.

Steffens Frau Maren Trekel leitet heute den Verlag, den sie von ihrem Vater übernommen hat und stellt ein schier unüberschaubares Notenrepertoire für Zupfer zur Verfügung. Wo ihr Mann sich der Aufbauarbeit widmet, erntet sie die Früchte dieser Arbeit. Sie leitet das Norddeutsche Zupforchester und das Landeszupforchester Nord. Während des Festivals hat sie mit diesen beiden Orchestern sicher zwei der Höhepunkte geboten. Mit dem Norddeutschen Zupforchester hat sie von Lars Wüller die Komposition „Oz“ aufgeführt, ein musikalisches Märchen für Sprecher, Zupforchester und Sandmalerei. Mit dem Landeszupforchester, das ambitionierten Amateurmusikern die Möglichkeit bietet, auf hohem Niveau zu musizieren und gleichzeitig Anregungen in die Heimatorchester mitzunehmen, konnte sie mit der Uraufführung von Ricardo Sandovals „Cubandolina“ brillieren.

Als Ehrengast war der renommierte Mandolinist Alon Sariel zum Festival eingeladen worden. Natürlich spielte er selbst auch ein wenig Mandoline und zeigte seine Kunst, seine Hauptaufgabe aber war es, am Sonnabend den Workshop „Mandoline für Alle – Entdecke das Instrument des Jahres!“ zu leiten. Würde man solch einen Workshop mit einer Klarinette oder einer Violine versuchen, so müßte man schon den Versuch als „waghalsig“ bezeichnen. Aber mit der Mandoline kann man es wagen: gut eine Stunde proben – mit Menschen, die zuvor noch nie eine Mandoline in der Hand gehabt haben – und dann sofort ein kleines Konzert geben. Etwa 50 Leihinstrumente hatten die Veranstalter zusammengetragen, um Menschen diesen ersten persönlichen Kontakt mit dem Instrument des Jahres zu ermöglichen. Es folgten eine kurze Einführung in das Instrument und die Spielweise und dann einige erste Griffe und Akkorde. Die musikalische Idee war einfach: der Workshopleiter (am Sonnabend Alon Sariel, am Sonntag Steffen Trekel) selbst spielte ein Hauptstimme, ein Solo. Das Newcomer-Orchester spielte einige (wenige) Akkorde als Begleitung; Antonio Vivaldi und ein Traditional standen auf dem Programm. Das Ergebnis nach gut einer Stunde war nicht nur konzertreif, sondern auch klanglich eine Freude! Ein Projekt, das unbedingt wiederholt werden sollte, denn so an Musik herangeführt zu werden, das macht einfach nur Spaß und ist Breitenarbeit im allerbesten Sinn!

„Aufgaben und Ziele des Bundes deutscher Zupfmusiker sind die umfassende Wahrnehmung der instrumentalspezifischen Belange der Zupfmusikerinnen und -musiker und die kulturelle Förderung ihrer Musik“, heißt es in der Selbstdarstellung des Verbandes. Hier einen Blick auf den Norden zu werfen war eine Art Zufall. Der Verband selbst ist mit Landesverbänden in allen Bereichen Deutschlands vertreten und veranstaltet (nicht nur in diesem Jahr) zahlreiche Konzerte, Festivals und vor allem auch Fortbildungsveranstaltungen. Er bietet eine Vielzahl von Ansprechpartnern und tut tatsächlich etwas für die Verbreitung der Zupfmusik. Es lohnt sich hier bei Interesse auf die Homepages des Bundes- und der einzelnen Landesverbände zu schauen. Dort findet man Veranstaltungen und Menschen, an die man sich mit Fragen sehr konkret wenden kann. Diese Chance sollte man nutzen, denn die Erfahrung des Festivals lehrt, dass die Mandoline ein Instrument ist, das für wirklich jedermann und jederfrau in seinen Grundzügen relativ schnell zu erlernen ist und schnell auch zu klanglich befriedigenden Ergebnissen und Erlebnissen führen kann.

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