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Mit der Leitidee: Jetzt aber endlich mal unernst

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Bericht über das Münchener A*DEvantgarde-Festival
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Die Münchner Szene der Neuen Musik ist eine eigenwillige. Da hatten zum Beispiel 1991 junge Komponisten um Moritz Eggert und Sandeep Bhagwati, unterstützt und gefördert von Wilhelm Killmayer, ein Festival ins Leben gerufen, das sich zur Abgrenzung von der alten, ästhetisch als doktrinär empfundenen sogenannten Avantgarde den Namen Adevantgarde-Festival verlieh. Statt Frust an der Struktur, statt Langeweile über grau-theoretische Hypertrophien, sollte die Lust am scheuklappenlosen Klang treten. Damit hatte man, trotz aller Spaß-Fixierung, Startschwierigkeiten. Das künstlerische Potential, das sich in erster Linie aus der Münchner Musikhochschule rekrutierte, langte an Ecken und Enden nicht, um Vergnügen über die Rampe zu bringen. Daraus hat man nun gelernt und Moritz Eggert hob das größere Demokratieverständnis hervor, das jetzt in die Kreise der Adevantgarde eingezogen sei. So sorgten bei der jetzigen vierten Veranstaltung Namen wie Denys Bouliane, George Crumb, Luc Ferrari, Mauricio Kagel oder Claude Vivier für Gewichtsaufwertung. Die Früchte dieser Bemühungen, die man beim ersten Konzert im wie fast immer übervollen Raum der Bayerischen Akademie der Schönen Künste erntete (Stücke von Georg Haider, Anton Plate, Richard Ayres, Sandeep Bhagwati, Moritz Eggert, Lutz Landwehr von Pragenau und Denys Bouliane), waren freilich weitgehend klägliche. Was nützen die immer wieder beschworenen Begriffe wie Lebendigkeit und neue Sinnlichkeit, gar einen Sinnes-Wandel - so das Motto des ersten Konzerts - in die Wege leitend, wenn das Gebotene allzu sehr nach Hochschul-Satz riecht. Als Nachweis der neuen Frische wird mit - ja nicht ganz ernst zu nehmenden! - Infantil-Allüren gekungelt, ein Robert-Stolz-im-Herzen-Sentiment winkt der Gefühligkeit Rachmaninows zu und poltert allzu geradtaktig redselig mit Bartók und Ravel. Das soll heitere Gelassenheit ausstrahlen, auf die Chance hoffend - und hier wird es ernst -, den „aufgeblasenen Ballast einer hypertrophen Musikgeschichte hinter sich zu lassen“ (so Lutz Landwehr von Pragenau über sein uraufgeführtes „Duo concertant“ für zwei Klaviere). Allzuoft aber scheint das Adevantgarde-Lager Leichtigkeit mit Leichtfertigkeit zu verwechseln. Und leichtfertig unpräzise wurde auch das einzig tragfähige Stück gespielt: die „Trois petits simiodrames“ von Denys Bouliane. Immerhin gelangen die drei Konzerte im Neuen Theater nach dem wenig verheißungsvollen Beginn in der Akademie runder und in sich stimmiger. Zur Beschäftigung von anderen Sinnesorganen hatte man am Freitag auf Lichtregie gesetzt, die freilich von Rainer Ludwig recht lieblos den verschiedenfarbigen Scheinwerfern übertragen worden war. Auch die einzige Uraufführung, Axel Frank Singers „(t)raumspüler“ für Lautsprecher, ließ im kantenfreien Tonbandgemisch aus meist wohligem Sound eher die Assoziation Weichspüler zu. Doch Marti Epsteins fein durchgehörte Kompositon „Swirl“ oder das sehr intensive Blockflötenstück „Black Intention“ von Maki Ishii - faszinierend das Spiel von Naomi Graham - machten Mut. Der wurde am nächsten Abend im durchinszenierten Konzert „Mund-Stücke“ in die Tat umgesetzt. Ruth Geiersberger, die neuerdings als „Verrichterin“ angesprochen werden möchte, machte sich launische Gedanken rund ums Sprech-, Freß- und Kußorgan, das auch als musikalisches Lautwerk im Mittelpunkt stand. Eine Auswahl aus den wortvirtuosen „Récitations“ von Georges Aperghis verklammerten den Abend, der weniger durch die Kühnheit der einzelnen Arbeiten (recht konventionell Kay Westermanns uraufgeführte „Song Art“-Miniaturen, orgiastisch freilich Moritz Eggert in seinem mundproduzierten Schlagzeugstück „Mouth Organ“), sondern vielmehr durch den Witz des kleinsten Übergangs im durch-strukturierten Konzert bestach. Für den letzten Abend „Lausch-Angriffe“ hatte man das Würzburger percussion art quartett eingeladen. Die Musiker formierten sich noch unter dem ausgezeichneten Schlagzeug-Neuerer Siegfried Fink und die exzellente Ausbildung macht sich im souverän nervigen Spiel der Gruppe auf erfrischende Weise bemerkbar. Bernhard Weidner konfrontierte in seinen „Zwischenwelten“ weitgehend frei erzählte Texte von Milan Kundera, Raymond Carver und Slavko Mihalic mit einem fein durchstrukturierten Schlagzeug-Panorama und das Stück „...aus Ruhe...“ von Stefan Johannes Walter trieb packend aus Zonen der Stille in stürmisch exaltierte Trommel-Landschaften. Keiner fragte mehr nach avant oder adevant. Das ist gut so - vielleicht sogar eine Lösung?!

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