In diesem Jahr feiert das Langenberg Festival zehnjähriges Jubiläum. Ins Leben gerufen und jährlich geplant wird es von der Violinistin Nina Reddig, die auch die dem Festival angegliederte Akademie gegründet hat.
Geigerin mit Anliegen und Engagement
Das Festival bietet ein umfassendes Programm erstklassiger (Kammer-)Musiker*innen, denen die authentische Begegnung mit den Zuhörenden immer sehr wichtig ist.
In Langenberg, mitten im Grünen und doch zwischen großen Städten wie unter anderem Essen, Düsseldorf und Wuppertal liegend, findet das Festival an wunderbaren Orten statt. Die architektonisch interessanten Spielstätten, die teilweise aus der Gründerzeit stammen, bieten Orte, an denen eine „Symbiose von Ursprünglichkeit und Hochkultur“ erlebt werden kann, so Nina Reddig. Die Termine für das diesjährige Jubiläums-Festival liegen zwischen dem 19. und 22. September.
Aktuelle Informationen finden sich unter www.langenberg-festival.com
Hier seien einige der auftretenden Künstler*innen genannt: Dirk Mommertz und Mariko Sudo – Klavier, Annette Walther und Nina Reddig – Violine, Xandi van Dijk und Johannes Gehring – Viola, Claude Frochaux – Cello. Ebenso wird der Schauspieler Christian Redl mit von der Partie sein.
Nina Reddig studierte in Essen, Paris und Köln und war im Anschluss Lehrbeauftragte in Essen und Bremen. Viele Stipendien und Preise folgten.
Bereits mit 23 Jahren wurde sie als Konzertmeisterin im Sinfonieorchester Aachen engagiert. Zusammenspiele mit mehreren renommierten Orchestern waren die Folge. Dazu gehörten unter anderem: das WDR Sinfonieorchester, das Folkwang-Kammerorchester Essen, das Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks oder das Chamber Orchestra of Europe (Wrexham Symphony Orchestra).
Umfassende Festivalerfahrungen konnte Nina Reddig bei Gastspielen auf dem Pablo Casals Festival Prades/Frankreich, den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, Mostly Mozart New York, dem Heidelberger Frühling, den Sommets musicaux Gstaad und dem Kuhmo Chamber Music Festival Finnland sammeln.
Mit LUDIMUS („wir spielen“) hat die Geigerin ein Projekt ins Leben gerufen, mit dem sie ihrer Lust am leidenschaftlichen Musizieren ganz persönlichen Ausdruck verleiht und dabei neben gleichgesinnten Spitzenmusiker*innen junge Talente der Langenberg Festival Akademie präsentiert. Als Solistin oder Konzertmeisterin tritt sie dabei in der Besetzung Quintett bis kleines Kammerorchester auf.
Die dem Festival angegliederte Akademie bietet mehrfach im Jahr die Möglichkeit zu Meisterkursen und Kammermusik. In diesem Jahr gibt es noch zweimal die Möglichkeit zur Teilnahme: 16. bis 20. August Meisterkurs Violine/ festes Ensemble und 12. bis 16. Oktober Kammermusikkurs.
Cordula Schlößer-Braun: Seit zehn Jahren organisieren Sie nun das Langenberg Festival – herzlichen Glückwunsch schon einmal. Was hat Sie am Anfang dazu motiviert, dieses ins Leben zu rufen?
Nina Reddig: Die Liebe zur Musik! Es war immer schon mein Traum, selbst Programme zu gestalten und Musiker*innen dazu einzuladen, die sich musikalisch und menschlich auf der selben Wellenlänge bewegen, sodass ein ganz eigenes Profil entsteht. Auch habe ich eine starke Affinität zu Schauspiel, Sprache und Tanz, die vielschichtige Verbindungen mit der Musik eingehen können. Ich würde sagen, dass der Drang, kreativ zu sein und meinen künstlerischen Ausdruck auf noch mehr Bereiche auszudehnen, der innere Motor war und immer noch ist.
Schlößer-Braun: Ihr musikalisches Leben ist sehr vielfältig. Was ist gerade an einem Festival das Spannende? Und wie kam es zu dem Standort Langenberg?
Reddig: Die Entdeckung der erstklassigen Konzertsäle vor meiner Haustür, umringt von wunderbarer Natur hat den Funken der Idee zu einem wahren Feuerwerk explodieren lassen. Diese Energie trägt mich in der mittlerweile ganzjährigen Arbeit für die Wintersession, das Kooperationskonzert mit der Stadt Velbert, das Kernfestival im Herbst und natürlich die Festival Akademie zusammen mit meinem Co-Leiter Johannes Gehring. Dabei habe ich wunderbare Partner und Unterstützer gefunden, die verstehen, worum es mir geht. So etwas ist essentiell wichtig, um die künstlerische Unabhängigkeit zu bewahren und gemeinsam die Inhalte weiterzuentwickeln. Es geht um Berührbarkeit und Berührtwerden, um ein gemeinsames Erleben von Unsagbarem, Zerbrechlichem, was jeden Menschen im Tiefsten angeht, beglückt, aufrüttelt und auch erschüttern kann.
Schlößer-Braun: Sie erwähnen auf Ihrer Internetseite, dass Sie eben auch eine große pädagogische Leidenschaft haben. Dieser entspringt vermutlich die angegliederte Akademie?
Reddig: So ist es. Der abgeschiedene Kursort Hof Fahrenscheidt bietet ideale Bedingungen, sehr schnell auf das Wesentliche zu kommen, ohne Ablenkung, aber eingebettet in ein ganzheitliches Konzept von sozialem Miteinander und Naturerleben. Wenn der innere Boden „gut gedüngt“ ist, entsteht viel von ganz alleine, wie auch Pflanzen von selbst wachsen und ihre Präzision finden, wenn man ihnen den passenden Raum und die Zeit dafür gibt – und natürlich das richtige Maß an Einfluss ausübt.
Wir begleiten nun schon seit 5 Jahren unsere Akademist*innen vor und während ihres Musikstudiums, binden sie ins Festival oder auch bei Konzerten mit LUDIMUS mit ein. Wir haben Talente dabei, die internationale Wettbewerbe gewinnen, nehmen aber auch gerne Anmeldungen von noch unerfahrenen Jugendlichen entgegen, sodass alles ausgewogen bleibt und sich gut mischt. Bei manch nächtlicher Blattspiel-Session erleben wir nicht selten die ein oder andere Initialzündung.
Schlößer-Braun: Allenthalben ist von Nachwuchssorgen in der Musik, sowohl als Musizierende wie auch im pädagogischen Bereich, zu lesen. Abgesehen von Ihrem Engagement in der Akademie, was denken Sie, wo landesweit Handlungsbedarf besteht?
Reddig: Da bin ich gar nicht so pessimistisch! Der Nachwuchs bewegt sich auf einem irrsinnig hohen Niveau und hat nichts an Leidenschaft eingebüßt. Und das trotz fehlendem Musikunterricht oder verschulten Studiengängen, die wenig Zeit für kreative Experimente lassen. Offenbar findet eine Werteverschiebung statt. Ich bin aber überzeugt davon, dass sich alles immer wieder von selbst korrigiert bzw. das Bedürfnis nach Inhalten und Echtheit eine große Kraft hat.
Schlößer-Braun: Wenn Sie Werbung dafür machen dürften, ein Instrument zu erlernen, was würden Sie Kindern sagen?
Reddig: Ein Instrument zu erlernen ist immer und unter allen Umständen eine große Bereicherung für die emotionale, geistige und körperliche Entwicklung. Ganz egal, ob man es dann später zum Beruf macht oder nicht.
Schlößer-Braun: Wie sehen Sie insgesamt die Entwicklungen im Musiksektor? Das Festival und die Akademie mussten ja auch durch die Coronazeit kommen. Sind die Auswirkungen noch spürbar? Was hat sich vielleicht geändert?
Reddig: Wir haben uns während Corona dazu entschlossen, keinen festen Eintrittspreis zu nehmen und sind dabei geblieben. Ich glaube an die Utopie, dass diejenigen, die nichts haben, von denjenigen getragen werden, die mehr geben können. Das Publikum legt sich nicht mehr langfristig fest, hat aber einen wahren Heißhunger auf Kultur und Gemeinschaft. Flexibilität und Eigeninitiative sind so wichtig wie nie. Man muss schnell reagieren können, Ideen ohne große Bürokratie umsetzen. Die Musiker*innen von morgen und auch schon von heute sind breit aufgestellt, risikofreudig, selbstständig und mutig, neue Wege zu finden und zu erfinden.
Schlößer-Braun: Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft?
Reddig: Ich wünsche mir, dass alle, die den Mut und das Durchhaltevermögen haben, neue und eigene kreative Wege zu gehen, auch die entsprechende Wertschätzung erfahren.
Schlößer-Braun: Sie sind seit Jahren Verbandsmitglied des DTKV. Wie kam es dazu? Würden Sie jungen Studierenden/Musiker*innen die Anbindung an einen Verband empfehlen? Aus welchen Gründen?
Reddig: Die Vernetzung mit einem großen Verband ist immer sinnvoll. Der DTKV bietet so viele Vorteile, Hilfestellungen und interessante Informationen auf verschiedensten Gebieten, dass ich eine Mitgliedschaft jedem wärmstens empfehlen kann.
Schlößer-Braun: Sie haben auf der ganzen Welt konzertiert, Ihr Instrument stammt aus der Langenberger Werkstatt von Josef Kasak. Das liest sich sehr charmant. Wie wichtig ist Ihnen heimatliche Verbundenheit?
Reddig: Ich habe dieses Jahr bereits die zweite Geige von Herrn Kasak gekauft, da sie einfach ganz fantastisch klingt. Dass Herr Kasak in Langenberg lebt, ist einfach ein glücklicher Zufall.
Schlößer-Braun: Vielen Dank für das Interview und guten Erfolg für das Festival in diesem und den folgenden Jahren.
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