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Musik als Beruf(-ung) durch Netzwerken fördern

Untertitel
Die junge Generation bringt durch Vernetzung Leben auch in die Bezirksverbände (BV)
Vorspann / Teaser

Im Rahmen der neuen DTKV NRW Fachgruppe „Vernetzung“ habe ich mit zwei Musikstudierenden und einem Bewerber für den Studiengang Schulmusik aus der Region Düsseldorf/Mettmann gesprochen. Im Bezirksverband unserer Region freuen wir uns sehr über junge Menschen, die sich für ein Musikstudium entscheiden, weil sie enthusiastisch andere inspirieren und gleichzeitig neue Vernetzungspotentiale freilegen. Zu diesem Thema hat Judith Lorenz für den DTKV mit Jee-Young Phillips (Dozentin im Fach Klavier, HfMT Köln) und Prof. Florian Ludwig (Orchesterleitung, HfM Detmold) gesprochen.

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Vor dem Interview noch zwei Perspektiven junger Musikstudierender. Vera Surdina vom BV Düsseldorf/Mettmann hat das geschafft, was wohl jede lehrende Person glücklich macht: gleich zwei ihrer Schüler:innen konnten ihr Musikstudium zum Wintersemester 2024/25 beginnen.

Auf die Frage „Warum ein Musikstudium?“ haben sie folgende spannende und individuelle Antworten gegeben:

Sarina Schmidt (2. Sem IGP Klavier, HfMT Köln):

Da ich seit meiner Kindheit Klavier spiele bei Frau Surdina und es liebe, habe ich mich für ein Musikstudium entschieden und konnte mir nichts anderes vorstellen. Ich habe mich entschieden, IGP zu studieren, da fast jeder Pianist auch Pädagoge ist und da ich glaube, dass das Verständnis des menschlichen Lernprozesses mir helfen kann, meine eigenen Lernwege noch besser zu entwickeln.

Julius Ruben Lenz (2. Sem Orches­terleitung, HfM Detmold):

Musik war schon immer mein Traum! Mit drei Jahren begann ich, in einem Kinderchor zu singen, später auch bei Opernproduktionen. Mit vier Jahren begann mein Klavierunterricht, mit 11 Jahren wechselte ich zu Frau Surdina, durch die ich verschiedene Ebenen der Musik kennen lernte. Ab meinem 10. Lebensjahr habe ich bis zum Abi­tur Querflöte im Orchester meines Gymnasiums gespielt. Durch all diese großartigen musikalischen Aktivitäten, die meinen Alltag prägten, wuchs meine Liebe zur Musik in all ihrer Vielfalt exponentiell. Entscheidend für mich war, dass ich mir mein ganzes Leben lang nichts anderes als die Musik als Beruf – oder vielmehr als Lebenssinn – vorstellen konnte und kann.

Interview

DTKV: Liebe Frau Phillips, was sehen Sie in der heutigen Zeit in Ihrem Fach IGP Klavier als notwendig an?

Jee-Young Phillips: Es ist mein Anliegen, musikbegeisterte junge Studierende des Studiengangs IGP durch eine intensive künstlerische Ausbildung darin zu fördern, auf hohem professionellem Niveau ihre Präsenz auf der Bühne zu entfalten und dass sie sowohl ihre Offenheit als auch ihre Liebe zur Musik unter Einsatz ihres im Studium angeeigneten Wissens und ihres instrumentalen Könnens im kulturellen Umfeld weiterzugeben vermögen. Ich bin sicher, dass Absolvent:innen auf Grundlage ihrer während des Studiums erworbenen musikalisch-künstlerischen und pädagogischen Fähigkeiten mit Motivation flexibel und erfolgreich die vielfältigen Herausforderungen der modernen Erwerbswelt bewältigen, sowie ihrerseits junge Talente der nächsten Generation für Musik begeistern und gewinnen können.

DKTV: Lieber Herr Professor Ludwig, die Vernetzungsinitiative #patenschaftaufohrenhöhe möchte etwa dazu beitragen, den konkreten Austausch zwischen Jugendlichen an Jungstudierendeninstituten und Musikschüler:innen zu ermöglichen, den Nachwuchs zu fördern, zu mobilisieren und gemeinsam Begeisterung für Musik zu erfahren.

Florian Ludwig: Selbstverständlich müssen alle mit Musik befassten Institutionen, Verbände, Hochschulen, Kulturträger in dieser Situation höchst netzwerklich arbeiten, an dem einen Strang ziehen, der uns noch Hoffnung lässt. Theater und Orchester wenden sich seit den 2000ern deutlich mehr und intensiver dem jungen Publikum zu, das ist natürlich äußerst positiv und extrem wichtig, kann es doch Inspirationspunkte und Sehnsuchtsmomente für eine musikalische Ausbildung wecken. Gleichzeitig sind ja auch diese Institutionen einem ständigen Sparzwang ausgesetzt.(…)

DKTV: Jakob, Sie streben erfreulicherweise ein Studium der Schulmusik an! Was war in Ihrem bisherigen Leben prägend für Ihre Liebe zur Musik, wann sind Sie auf die Idee gekommen, Schulmusik zu studieren?

Jakob Stanek: Meine Familie. Meine Eltern haben mich schon früh zur Musik erzogen, und als sie gemerkt haben, welche Freude ich an ihr finde, haben sie mich weiter gefördert. Jetzt spiele ich drei Instrumente, spiele und singe regelmäßig in Orchestern und in meinem Chor. Meine Mutter war ebenfalls Musikpädagogin, und da sie ihre Fähigkeiten wohl an mich weitergegeben hat, habe ich schon mit 14 Jahren erstmals darüber nachgedacht, selbst Musikpädagoge zu werden. Mein Klavierlehrer Herr Gotthard Kladetzky (Anm. d. Red.: DTKV BV Bonn/Rhein-Sieg) unterstützt mich maximal.

DTKV: Wie wichtig war der Musikunterricht in der Schule für Ihre Entscheidung?

Stanek: Sehr wichtig. Aber leider habe ich keinen Musikunterricht mehr seit der 8. Klasse, was ich sehr schade finde. Leider hatten auch zu wenige Leute Musik gewählt und es kam kein Kurs zustande, was ich mir sehr gewünscht hatte. 

DTKV: Dankeschön Jakob! Die Daumen sind fest gedrückt für die Verwirklichung Ihres Berufswunsches! Professor Ludwig, Jakobs Berufswunsch gibt Grund zur Hoffnung. Wir erfahren jedoch leider immer wieder, dass der Musikunterricht, der erlebbar und inspirierend sein sollte, zu viel ausfällt, nicht zustande kommt oder einfach ganz im Schulalltag gestrichen wird.

Ludwig: Das Dilemma der Musikausbildung in Deutschland ist, dass wir seit den 80er- und 90er-Jahren einen konsequenten Niedergang der Musikausbildung in der Breite, also an den allgemeinbildenden Schulen erleben. Musik wird oft nur noch als Spezialbegabung verstanden und gefördert. (…)

DTKV: Besonders die musikpädagogischen Talente sollten entdeckt und gefördert werden, um dem im Juni 2024 vom DMR kommunizierten enormen Defizit an Musiklehrkräften von 66% bis zum Jahre 2035 in den Sekundarstufe I und II, entgegen zu treten. Dass sich etwas in die richtige Richtung entwickeln kann, hat in diesem Jahr die Jugend musiziert Region Hamm/Westfalen zupackend frisch gezeigt: die Musikschule der Stadt Hamm, Gründungspartner der #patenschaftaufohrenhöhe hat sowohl eine Preisträgerin in der diesjährig erstmals ausgetragenen Kategorie „Musikpädagogik“, als auch einen Preis erhalten bei den Netzklang Awards in Düsseldorf mit ihrem Film „Merits Weg in die Musikpädagogik.
Gelungene Vernetzung und ein gutes Beispiel inspirieren, schaffen und unterstützen die Gemeinschaft der durch die Musik Verbundenen und sind im besten Falle geeignet, Begeisterung für die Sache erlebbar zu machen. Haben Sie einen abschließenden Aufbruchsgedanken, den Sie mit uns teilen möchten?

Ludwig: Ziel muss es für alle sein, mehr begabte Studierende für einen Beruf zu begeistern, der eben einzigartig und zauberhaft sein kann, wenn man den Mut hat, sich ihm ganz zu widmen. Gerade die Stärkung der Schulmusik sollte dabei im Zentrum stehen. Nur dann kann es gelingen, nicht nur die Breitenbildung an den Schulen im Fach Musik wieder auf stabile Füße zu stellen, sondern eben auch gesellschaftlich einen Wandel zu mehr Miteinander einzuleiten. Wer im Chor oder im Orchester etwas erreichen will, der kann dies nur gemeinsam und er muss immer das schwächste Glied der Mannschaft mitnehmen. Wenn dies als gesellschaftliche Aufgabe verstanden ist, dann sieht es mit der Zukunft der deutschen Kulturlandschaft wieder anders aus.

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