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Eine Frau mit hellem Oberteil und lockerer blauer Hose oder Rock hält einen Vortrag in einem Raum mit abgedecktem Flügel.

Taissia Boiko über Kommunikation. Foto: Oliver Fraenzke

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Stein des Anstoßes

Untertitel
Workshop mit Taissia Boiko zum Thema Musikunterricht und Kommunikation
Vorspann / Teaser

Kommunikation im Musikunterricht lautete das Thema des Workshops, den Taissia Boiko am 4. April 2025 im Rubinsteinsaal des Münchner Steinwayhauses präsentierte. Mit dem Slogan „Mehr Verständnis, weniger Frust!“ stieß die Pianistin und Pädagogin auf große Resonanz. Schon bei der Begrüßungsrunde fiel auf, dass jeder der Partizipierenden Geschichten parat hatte, wo gelegentlich die Kommunikation im Musikunterricht nicht so verlaufen ist, wie gewünscht: Das Interesse an Optimierungsideen war groß.

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Taissia Boiko erwies sich als vielseitig interessierte und gebildete Seminarleiterin mit enormem Wissen, aber auch praktischen Anwendungsmöglichkeiten zu diesem Thema. Das umfangreiche Handout und die vielen schnell überflogenen oder ausgelassenen Folien zeugten davon, dass dieser Komplex an einem Tag überhaupt nicht annähernd aufzuarbeiten ist. Boi­ko ging auf mehrere Kommunikationswissenschaftler und ihre Konzepte ein und bemerkte offen, dass manche sich gar widersprechen und keine einzige davon die alleinige Wahrheit offenbart. So ging es der Seminarleiterin nicht darum, den Teilnehmenden in sieben Stunden platte Schemata zur scheinbar korrekten Kommunikation zu vermitteln, sondern vielmehr, das Interesse zur eigenen Weiterbildung zu schüren und einen Anstoß zu geben.

Als zentrale Erkenntnis bemerkte Taissia Boiko, dass für jede Art des Unterrichts andere Kommunikationskonzepte zielführend sein könnten, ganz abhängig von Persönlichkeit und Unterrichtsstil der Lehrkraft, der Unterrichtsart und dem Bezug zu den Schülerinnen und Schülern. Erfolgreiche Kommunikation ist aber auch abhängig von der sozialen Konstellation zwischen Lehrkraft und Schüler, denn während ein Unterricht bei einem Schüler auf fruchtbaren Boden trifft durch gemeinsame Interessen, ähnlichen sozialen und familiären Hintergrund, kann der selbe Stil bei anderen Schülern auf Granit stoßen.

An konkreten Dialogen, welche die Teilnehmenden anonym (nach wahren oder fiktiven Begebenheiten) verfassten, wurde probiert, wie die Lehrkräfte im Unterricht agieren könnten, um Konflikte zu lösen oder gar nicht erst entstehen zu lassen, und schülerbasiert zu denken. Das Team stieß immer wieder auf Situationen, in denen die Interessen der Lehrkraft und die der Schüler aufeinanderprallten und Unmut auf Schülerseite aufbrodelte. Die Lösungsideen gingen größtenteils in die Richtung, mehr darauf einzugehen, was die Schüler wirklich wollen und was sie auch motivieren könnte, einen Sinn in den Aufgaben zu sehen. Das Endziel, die sogenannte „intrinsische Motivation“, also aus Spaß zu üben und Flow zu erleben, kann hier nicht erzwungen oder dazu überredet werden, sondern ist Stück für Stück zu erarbeiten; der Prozess wird auch Rückschläge erleben, die ein natürlicher Teil des Unterrichts sind. Wie vielfältig die Überlegungen sich auch entwickelten, die schülerbasierte Kommunikation etablierte sich stets als unabdingbar. In der Feedbackrunde taten die Teilnehmenden kund, dass auch die klare Trennung zwischen Sender und Empfänger eine neue Erkenntnis darstellte: Damit meinten sie, dass eigene Gefühle und Wünsche auch als deutliche Ich-Botschaften zu vermitteln seien, und nicht in Du-Botschaften umgemünzt werden sollten. Du-Botschaften sind schnell negativ interpretierbar und führen oft zu schlechtem Gefühl im Unterricht, während Ansichten der Lehrkraft aus Ich-Perspektive ein menschlicheres Umfeld schaffen und neutraler zu werten sind.

Als Highlight erwies sich ein Experiment, in dem Boiko die Teilnehmer an vier Tischen Karten spielen ließ, wobei niemand sprechen durfte. Nach jeder Runde wurden zwei der Spieler pro Tisch getauscht. Der Witz bestand darin, dass jeder Tisch andere Regeln hatte und sogar zwei der Regelwerke beabsichtigte Fehler beziehungsweise Lücken aufwiesen. Nun oblag es den Teilnehmern, nonverbal zu kommunizieren, welche Regeln gelten oder wie man mit bestimmten Situationen umgehen solle. Was hier an Erkenntnissen resultierte, ist Gold wert für jede Art der Kommunikation.

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