Während wir in Erinnerungen schwelgen, wird deutlich, dass die Herausforderungen und Belastungen für unsere Mitglieder und die Freiberuflichkeit sich nicht verringert, sondern im Gegenteil verstärkt haben. Warum blicken wir zurück? Der Tonkünstlerverband Baden-Württemberg stellt seine Printausgabe des „tonkünstler-forum“ ein und wird seine Mitglieder künftig ebenfalls – ähnlich wie der Tonkünstlerverband Bayern – mit regelmäßigen Rundmails informieren. Diese Digitalisierung und auch Neuorientierung hat mich veranlasst, eine alte Ausgabe des „TONKÜNSTLER-FORUM BAYERN“ aus dem Jahr 2003 aus dem Archiv zu holen und sie mit unseren heutigen Serviceleistungen, Fortbildungsangeboten sowie den aktuellen Herausforderungen zu vergleichen.

Zwischen Nostalgie und Gegenwart
Welche Serviceleistungen waren wichtig? Schon damals wurde eine Umfrage zum Thema „Spektrum der Musikberufe“ durchgeführt, um die Bedürfnisse der Mitglieder in Bezug auf Serviceleistungen zu ermitteln und das Angebot entsprechend den verfügbaren Mitteln gezielt anzupassen. Eine sinnvolle Initiative, die ich im Hinterkopf behalte und auf die ich in den kommenden Monaten gerne zurückkommen werde.
Der TKVB betreibt seit 2003 eine eigene Website, die mehrfach überarbeitet und erweitert wurde, um die Nutzung durch zusätzliche Tools und Filter zu erleichtern. Heute ist es Standard, viele Angebote ausschließlich online bereitzustellen. Bereits damals fanden jährlich 15 bis 20 Fortbildungsveranstaltungen statt, deren Themen, wie „Die Gründung einer freiberuflichen Existenz“, „Musik und Computer für Musikerinnen und Musiklehrerinnen“ und „Zeitmanagement“, auch in unserer heutigen Beratungsoffensive wiederzufinden sind. Die Kurse sind nach wie vor sehr erfolgreich, was uns zeigt, dass wir im Bereich Fort- und Weiterbildung auf dem richtigen Weg sind. Vor 22 Jahren unterstützte der TKVB jährlich rund 55 Konzerte und Veranstaltungen der regionalen Tonkünstlerverbände. Heute werden zusätzlich zu den oben genannten Zahlen über die Projektförderung TONKÜNSTLER LIVE SPECIAL etwa 160 Konzerte gefördert, und die Höhe der Förderungen (80 %) hat sich erheblich verbessert. Im Bereich der Förderungen verzeichnen wir eine bemerkenswert positive Entwicklung; der TKVB hat sich über die Jahrzehnte für seine Mitglieder und die Freie Szene eingesetzt und nun trägt es Früchte.
Aber: Die Herausforderungen und Belastungen von damals sind aktueller denn je. Wenn ich auf die Tagesordnung der diesjährigen Delegiertenversammlung blicke, finde ich etliche Themen von früher wieder, die uns beschäftigen. „Umsatzsteuerbefreiung“, „Wie gehe ich mit den ersten Ganztagsangeboten um?“, „Die Arbeit in den Privaten Musikinstituten“, „Honorare“, „Unterrichtsvertrag“ und vieles mehr. Ich frage mich, warum wir in diesen Fragen stagnieren – warum gibt es keine endgültigen und zufriedenstellenden Lösungen? Warum beschäftigen uns diese Probleme immer wieder aufs Neue? Vielleicht muss vieles nicht unbedingt neu erfunden, sondern einfach nur langfristig gut und solide aufgestellt werden.
2024 hat sich schon etwas Weitreichendes getan: Im Rahmen des neuen Jahressteuergesetzes beziehungsweise der Änderung des Umsatzsteuergesetzes wurden wir als Verbände erstmals durch das Bundesfinanzministerium einbezogen; wie sich dies in der praktischen Umsetzung auswirken wird, bleibt abzuwarten. Die „Arbeit in den Privaten Musikinstituten“ hat sich allerdings durch das „Herrenberg-Urteil“ erschwert. Aber auch hier gelang im letzten Jahr zumindest die Findung einer Übergangslösung, die bis zum 31.12.2026 gilt. Nun bleibt zu hoffen, dass die neue Bundesregierung rechtssichere Lösungen findet, um weiterhin Honorarlehrkräfte im beiderseitigen Einvernehmen zu beschäftigen, aber auch Festanstellungen anbieten zu können.
Der Unterrichtsvertrag musste im Rahmen des Verbraucherschutzes neu überarbeitet werden. Die Bedingungen für unsere Mitglieder wurden damit schlechter. Honorar-Leitlinien sind mittlerweile in vielen Varianten vorhanden; ob die Umsetzung tatsächlich funktioniert und die Akzeptanz für die Honorar-Empfehlungen gegeben ist, muss überprüft werden. Wir planen dazu eine Evaluation. Bereits damals stand das Thema Ganztag auf der Tagesordnung und nach über 20 Jahren ist diesbezüglich noch wenig Fortschritt sichtbar. Lösungen, dass freiberufliche Musikpädagog*innen in ein qualifiziertes Ganztagsangebot mit adäquater Bezahlung einbezogen werden, sind nach wie vor wenig zu finden. Häufig scheitert es am Geld, manchmal leider auch an der Organisation und auch am Verständnis. Wir bleiben dran – der Bayerische Musikrat plant Regionalkonferenzen – wir sind gespannt und Sie sind eingeladen. Eine umfangreiche GEMA-Reform steht bevor. Die kategorielle Unterscheidung zwischen Werken der Sparte U und E soll im Wesentlichen abgeschafft werden, verkündet die GEMA. Der TKVB sieht diese Reformpläne als ein „bedrohliches Signal“ für die zeitgenössische Musik in Deutschland. Zusätzlich ist eine Umstellung auf ein Inkasso-Prinzip geplant, welches dazu führen kann, dass die Freie Szene nur noch Kleinstausschüttungen generieren kann. Komponistinnen und Komponisten von zeitgenössischer Musik müssen um ihre Zukunft und um ihre Einkommenserwartungen bangen.
Die Vergangenheit trifft auf die Gegenwart, und dennoch ist ein Umdenken erforderlich. Welche Planungen haben wir für 2025? Wir nehmen die wachsenden Belastungen unserer Mitglieder wahr und fühlen uns verpflichtet, aktiv an den Veränderungen teilzunehmen, Lösungen zu finden und neue Themen aufzugreifen.
Apropos Umfragen: Ich finde sie nach wie vor zeitgemäß und freue mich über die Beteiligung unserer Mitglieder. Konstruktive Kritik und Vorschläge zu Fortbildungsveranstaltungen, der Arbeit der Ausschüsse, der Dachverbände und zur Erweiterung unserer Angebote sind uns sehr wichtig und jederzeit willkommen. Um den Austausch zu intensivieren, werden wir verschiedene Formate für Feedback und Diskussionen anbieten. Gemeinsam können wir die Herausforderungen meistern und unsere Organisation weiterentwickeln. Ich freue mich auf Ihre Rückmeldungen und darauf, was wir zusammen erreichen können!
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