Musikschulen müssen sich verändern, wollen sie bleiben, was sie sind: ein von vielen Menschen gerne angenommener Lern- und Lebensraum. Inklusive Musikschulen sind Schulen in Bewegung. Sie reagieren auf gesellschaftlichen Wandel und gestalten diesen mit.

Fröhliche Tagungsteilnehmer:innen vor dem Oberstdorf Haus. Foto: VBSM
Musikschule gemeinsam gestalten
Unter dem Motto „Musikschule gemeinsam gestalten“ trafen sich am letzten Märzwochenende 21 Inklusionsbeauftragte und andere Interessierte, die sich für die Selbstverständlichkeit einsetzen, dass die Institution Musikschule für alle da ist, die Musik machen können und für solche, die es lernen wollen. Die Weiterentwicklung von Musikschulen beruht auf dem Austausch aller in und für die Musikschule handelnden Menschen und erfordert eine neue Kultur des Zusammenarbeitens. Hierfür braucht es Menschen, die hierbei für einen reibungslosen Ablauf sorgen, die Schulleitungen und die Menschen in der Schulverwaltung. Zusätzlich sind weitere Akteur*innen im Spiel: Eltern, Politiker*innen, Menschen, die die Arbeit finanziell unterstützen und solche, die die Ergebnisse der Arbeit in Konzerten genießen.
Jeder dieser Menschen bringt eigene Erfahrungen und Perspektiven ein, die letztlich den Lebensraum Musikschule gestalten. Ziel der Fachtagung war es, die eigene Perspektive um die der anderen zu erweitern und so eine inklusive Schulentwicklung örtlich geprägt anzugehen. Inklusive Musikschulen sind gleichermaßen Arbeitsplatz und Lernraum. Sie werden zum Lebensraum für alle, wenn sie von allen Beteiligten gewollt, professionell gestaltet, gemeinsam solidarisch verantwortet und solide finanziert werden. Auf der Basis gemeinsam gelebter Werte werden sie zum Modell einer inklusiven Gesellschaft und sichern ihre eigene Zukunft.
Die Teilnehmenden fanden auf Einladung der Musikschule Oberstdorf und deren Leiter Hans-Jürgen Gerung im Oberstdorf Haus perfekte Bedingungen für einen intensiven Austausch vor. Eine erste Vorstellungsrunde befasste sich mit dem Selbstverständnis der eigenen Musikschule und der Erkenntnis, dass Menschen Musikschulen verändern und entwickeln. Mancherorts wird schon viel mehr inklusiv gearbeitet, als es im Bewusstsein der Musikschulfamilie angekommen ist. Am Abend des ersten Tages demonstrierte Tagungsleiter und VBSM-Vertreter des Netzwerks Inklusion Robert Wagner eindrucksvoll mit seiner „Max einfach“-Methode, wie er ein Musikstück so in seine Bausteine zerlegt, dass jedes Mitglied eines Ensembles einen für ihn/sie passenden Aspekt auswählen kann, um sich am gemeinsamen Musizieren zu beteiligen. Dieser Workshop war zeitgleich eine Probe für das für den Folgetag geplante gemeinsame Musizieren „mit offenen Ohren“ im Rahmen des Festkonzertes. Dieses wurde zum Höhepunkt der Tagung am Samstagabend im Oberstdorf Haus. Der Abend wurde gestaltet von 22 Seniorinnen und Senioren der Tischharfengruppen der Musikschulen Kaufbeuren und Oberstdorf und gemeinsam mit den Tagungsteilnehmenden.
Eindrücklich war, wie alle Teilnehmenden des Konzertes trotz ganz unterschiedlicher Erfahrungshintergründe und musikalischer Fähigkeiten nach nur einer kurzen gemeinsamen Anspielprobe das Programm aus fünf Stücken im Konzert musikalisch überzeugend darbieten konnten. Dies war möglich durch gute Vorbereitung der Notenvorlagen und Absprachen im Vorhinein sowie eine Methodik, die allen Beteiligten Räume eröffnet hat, ihr Können einzubringen. So wurde das gemeinsame Musizieren sowohl für die Seniorinnen und Senioren als auch die Tagungsteilnehmenden zu einem einmaligen, berührenden Erlebnis. Umrahmt wurden die Beiträge von der Jodlergruppe Oberstdorf, dem Frauendreigesang „zämetg‘funde“ und den Musikschülerinnen, -schülern und Lehrkräften der Fachschaft Volksmusik der Musikschule Oberstdorf.
Zum Abschluss der Tagung am Sonntagvormittag erhielten die Teilnehmenden im Gespräch mit Frauke Schwaiblmair (Bezirksrätin und Inklusionsbeauftragte des Bezirkes Oberbayern) und Stephan Thomae (Allgäu-Schwäbischer Musikbund) Einblicke in die Perspektiven von Politiker*innen. Dass auch diese ihre Sicht auf öffentliche Musikschulen an dem Tag erweitern konnten, entspricht dem Grundgedanken der Tagung: Alle Anwesenden beteiligten sich und profitierten von Input und Austausch. Vor allem das gemeinsame Musizieren wurde in der Feedback-Runde von den Teilnehmenden als Anregung für die eigene Lehrpraxis hervorgehoben. Eine rundum gelungene Fortbildung.

Probe für das Inklusionskonzert. Foto: VBSM
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