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Julia Sturzlbaum, Dagmar Hellberg, Tracey Adele Cooper, Frances Lucey, Florine Schnitzel. Foto: © Marie-Laure Briane
Julia Sturzlbaum, Dagmar Hellberg, Tracey Adele Cooper, Frances Lucey, Florine Schnitzel. Foto: © Marie-Laure Briane
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Der Himmel sollte warten – Dan Goggins hoch-musikalische Nonnen erobern die Bühne des Münchner Gärtnerplatztheaters

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Die Überschrift ist eine Abwandlung des Filmtitels „Heaven can wait“ und zugleich ein Wunsch: dass diese Nonnen nämlich noch eine Weile dableiben … auch wenn sie mit tödlichen Folgen kochen. Doch davor würden sie im sofort jeweils vollbesetzten Gärtnerplatztheater nicht nur die von ihnen dringend benötigten Einnahmen erzielen, sondern auch – olala – so amüsieren, dass der Himmel besser warten sollte…

Nein, es müssen nicht Mahalia Jackson oder Aretha Franklin aus dem Gospelhimmel herabsteigen; es muss auch nicht Woophi Goldberg irgendwie „Sister Act“ wiederbeleben. Es erwies sich als höchst unterhaltsam, gleichsam die Mütter dieser „sisters“ zu erleben.

Dan Goggin hat nämlich viele Einzelideen und Songs 1985 zu einem Broadway-Revuetheater zusammengefügt, aus dem ein jahrelanger Dauerbrenner wurde und der dann letztlich den Film-Hit anschob. „Dies Wort in Gottes Ohr: Nonnen haben auch Humor!“ lautet der Grundtenor – äääh, -sopran. Den müssen sie „herauslassen“, denn eine Schwester hat mit ihrer Bouillabaisse fast das ganze Kloster vergiftet: es war eben nicht das „jüngste“ Gericht; vier tote Schwestern lagern noch in der Kühltruhe, weil das Geld für die Beerdigung nicht reichte; eine Benefizveranstaltung soll das einbringen.

Dafür haben „Vestiarischwester“ Judith Leikauf und „Klosterbaumeister“ Karl Fehringer einen hybriden Barock-Altar auf die Bühne gestellt. Doch Amoretten sind schon nackte, halb mit Tüchern bedeckte Showgirls. Oben auf der Empore hat ein fünfköpfiger „Hortus musicus“ in Nonnentracht Platz genommen, angeführt von „Klosterkantor“ Andreas Partilla – und die lassen allerlei irdisch-fetzige Klangwölkchen sich auftürmen, dann auch die Sinne umsäuseln und die Füße mitwippen. Der Tabernakel ist ein von bunten Lämpchen umrahmtes Zirkus-Entrée, aus dem erstaunliche „Wunder“ auftreten, denn auch die Altarbilder links und rechts sind wundersam drehbar und wechseln von Heiligenbildchen zum muskulösen Bodybuilder Steve Reeves… Dass Farblichter-Ketten auch die Proszeniumslogen verdecken, signalisiert schon „Buntes“…

Das folgt dann auch für zwei Stunden vom „Theatralischen Liturgen“ Josef E. Köpplinger, der die laienhafte Selbstdarstellungslust der fünf übrig gebliebenen Nonnen, ihre verborgenen Talente, aber auch Eifersüchteleien mal nuancenreich, mal deftig inszeniert hat. Dass die reife Oberin Regina (Dagmar Hellberg) und ihre Vize Maria Hubert (Tracey Cooper) locker mithalten, wenn die jüngeren Schwestern Robert Anne, Maria Amnesia und Maria Leo dann auch eine gekonnt kleine Stepp-Nummer hinlegen, ist dem natürlich „sittsamen“ Training von Ricarda Regina Ludigkeit zu danken, die auch die sonstigen Tanz-Talente der be-rock!-ten Schwestern amüsant entwickelt hat – nur der Bananen-Röckchen-Auftritt à la Josephine Baker muss natürlich sofort unterbunden werden. Über alle mal herrlich schräg-unbedarfte, mal sehnsüchtig tiefverborgene, jetzt losbrechende „Show-Star“-Anbetung hinter Klostermauern – „Wenn was danebengeht, hilft auch ein Gebet“ – „Madonna ist nichts dagegen!“ - darüber hinaus, waren die komödiantischen Talente der „Schwestern“ Florine Schnitzel, Julia Sturzlbaum und Frances Lucey zu bestaunen. Ein Wirbel von „Elvis lebt“ über „Die sterbende Nonne“ zu „Wege zur unbefleckten Empfängnis“ und Zarah Leanders „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“ samt Koloratur-Brillanz – dafür kein „Pinguin“-Nonnenwitz, aber von „Winnetous Schwester“ über „Heidi“ zu „Sternenkrieg-Prinzessin Lea“ und „Jurassic Park“ viel Wortwitziges (Textbearbeitung ebenfalls „Liturg“ Köpplinger).

Die finanzielle Rettung am Ende kommt nicht vom Filmprojekt „Nonnendämmerung“, nicht vom Schwestern-Kochbuch „BJM-Backen mit Jungfrau Maria“ samt Rezepten für „Sauce Catholique“, „Schlesisches Himmelreich“, „Rostbratwurst Hlg. Johanna“ samt Nachspeise „Judasküsschen“, sondern von – nein, doch das sei nicht verraten! Diese Nonnen bieten allerlei reizend-weibliche Überraschungen – das hoffentlich kommende „volle Haus“ wird toben! Jetzt vor dem Bildschirm das lachend erhobene Glas: Der theatralisch-heilige Geist war mit Euch!

  • Bis 3. April nachts als kostenloser Stream via Homepage des Theaters abrufbar.

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