Weimar - Die Mehrzahl der deutschen Bibliotheken bangt um ihre Zukunft. "Viele Einrichtungen sind trotz gestiegener Besucherzahlen in großer Not", sagte die Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv), Monika Ziller, am Donnerstag in Weimar bei Vorstellung des Berichts zur Lage der Bibliotheken.
Die Existenzangst betreffe sowohl öffentliche Bibliotheken in kommunaler Hand, als auch wissenschaftliche Einrichtungen in Trägerschaft der Bundesländer.
Sie müssten sich mit Kürzungen des Medienetats, schleichendem Personalabbau und Reduzierung des Angebots auseinandersetzen, kritisierte Ziller. Die mangelnde finanzielle Unterstützung behindere auch die Sicherung historischer Buchbestände. Ziller forderte verbindliche gesetzliche Regelungen über Betrieb und Ausstattung von Bibliotheken. "Die Finanzierung sollte gemeinsame Aufgabe von Ländern und Kommunen werden", sagte sie.
Nach den Worten Zillers gibt es eine "unglaubliche Diskrepanz" zwischen den erbrachten Leistungen und dem Angebot der Einrichtungen. So seien die Bibliotheken mit jährlich 200 Millionen Besuchen und 466 Millionen Entleihungen die "meistgeliebte Kultur- und Bildungseinrichtung Deutschlands". Die Zahl der Ausleihen sei seit 2000 um 22 Prozent und die Zahl der Besucher um sechs Prozent
gestiegen. Dem stünde eine Steigerung der Ausgaben für Neuerwerbungen von lediglich drei Prozent gegenüber. Nur ein kleiner Anteil der Bibliotheken könne das Mindestangebot an Ausstattung erreichen, kritisierte Ziller.
Wissenschafts-Bibliotheken geht es besser
Nach einer Umfrage des Bibliotheksverbandes unter 1.300 hauptamtlichen Büchereien sind in mehr als der Hälfte der Einrichtungen Sparmaßnahmen realisiert oder geplant. Lediglich jede dritte Bibliothek kann regelmäßig zehn Prozent ihrer Bestände erneuern. Ein Viertel der Büchereien in Städten ab 50.000 Einwohnern müssen mit weniger als 90 Cent für neue Medien pro Einwohner auskommen.
Die wissenschaftlichen Bibliotheken sind nach den Worten des Leiters der Bibliothek der Bauhaus-Universität, Frank Simon-Ritz, finanziell deutlich besser gestellt. Allerdings habe sich der Etat für die elektronischen Medien in den vergangen neun Jahren bei stagnierendem Gesamthaushalt versechsfacht. Das gehe zu Lasten der gedruckten Medien.
Ein "Riesenproblem" ist nach den Worten des Direktors der Weimarer Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Michael Knoche, die Sicherung der historischen Buchbestände. Der Verband sei bemüht, diese Aufgabe als nationale Verpflichtung zu verankern. Eine einzelne Bibliothek sei damit vollkommen überfordert.
Simon-Ritz zufolge stoßen die Einrichtungen auch bei der Digitalisierung der Buchbestände an ihre Grenzen. Deutschland hinke im weltweiten Vergleich weit hinterher, weil es bislang keine Institution zur Koordinierung der Arbeit gebe.
Dem deutschen Bibliotheksverband gehören 2.000 Büchereien an. Bundesweit gibt es 11.000 Bibliotheken mit zehn Millionen registrierten Lesern.