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Am Mittwoch beginnen im mexikanischen Cancun WTO-Verhandlungen über weltweiten Handel. Mit der "Cancún Erklärung zur Kulturellen Vielfalt" haben die ARD, die Heinrich Böll-Stiftung, das International Network for Cultural Diversity und der Deutsche Kulturrat an die Welthandelsorganisation WTO appelliert, im Zuge der weltweiten Liberalisierung von Dienstleistungen nicht die öffentliche Kulturförderung zu gefährden. «Es gibt ein Menschenrecht auf kulturelle Identität», betonten der stellvertretende ARD-Vorsitzende Fritz Pleitgen.
"Cancún Erklärung zur Kulturellen Vielfalt"
Aus Anlass der 5. Ministerkonferenz der WTO im September 2003 in Cancún, Mexiko, erklären die unterzeichnenden Repräsentanten der Zivilgesellschaft, dass kulturelle Vielfalt einen unabdingbaren Bestandteil der Menschheit darstellt, den wir jetzt und in der Zukunft unterstützen und fördern werden. Wir nehmen daher folgende Erklärung an:
. In Anerkennung, dass kultureller Ausdruck ein elementares Menschenrecht und die Grundlage für eine funktionierende Demokratie ist;
. als Bestätigung, dass kulturelle Vielfalt ebenso notwendig für die Menschheit ist wie biologische Vielfalt für die Natur, und dass daher eine Politik, die kulturelle Vielfalt sichert und fördert, wesentlicher Bestandteil einer Politik der nachhaltigen Entwicklung ist;
. in der Erwägung, dass kulturelle Dienstleistungen einzigartige gesellschaftliche Werte wiederspiegeln und vermitteln, die weit über kommerzielle Interessen hinausgehen und dass entsprechende handelspolitische Maßnahmen diese Werte voll berücksichtigen müssen;
. unter Berücksichtigung, dass die Möglichkeit des Einzelnen, sich über die eigene Kultur zu bilden, zu ihr Zugang zu finden und an ihr teilzuhaben, die Grundlage für den Schutz und die Förderung kultureller Vielfalt darstellt;
. in Erwägung von Fällen, in denen Handelspolitik negative Auswirkungen auf Kulturpolitik gehabt hat und dass daher die Evaluierung möglicher Auswirkungen von Handelspolitiken auf kulturelle Vielfalt ein wesentliches Instrument jeder Verhandlung im Handelsbereich sein muss;
. unter Berufung auf und in Bestätigung der UNESCO Erklärung zur kulturellen Vielfalt vom November 2001 sowie der Erklärung des Europarats zur kulturellen Vielfalt vom Dezember 2000;
. unter Berücksichtigung, dass die Globalisierung auf unterschiedliche Weise neue Herausforderungen stellt, wie Kulturen bewahrt und entwickelt werden können;
. unter Betonung, dass kulturelle Vielfalt auf der Freiheit der Meinungsäußerung, Medienpluralismus und Sprachenvielfalt und einem ausgewogeneren Austausch zwischen Kulturen beruht; und dass sie einen ebenbürtigen Zugang zu allen Formen des kulturellen Ausdrucks und den Mitteln ihrer Artikulation, Produktion und Verbreitung, auch in digitaler Form, voraussetzt; rufen wir die Mitglieder der Welthandelsorganisation dazu auf,
. Politiken, die geeignete Existenzbedingungen für audiovisuelle und andere kulturelle Güter und Dienstleistungen auf nationaler und lokaler Ebene sichern sollen, zu erhalten und zu stärken;
. innovative Kulturpolitiken zu entwickeln und umzusetzen, damit kulturelle Vielfalt in einem globalisierten Umfeld bewahrt und gefördert wird;
. alle notwendigen Schritte in den laufenden GATS-Verhandlungen und allen künftigen Verhandlungen über Investitionen, Wettbewerbspolitik oder öffentliche Auftragsvergabe zu unternehmen, damit Kulturpolitiken zum Schutz und zur Förderung kultureller Vielfalt als Folge internationaler Handelsregelungen weder gefährdet noch geschwächt werden;
. Kulturexperten und alle relevanten Organisationen der Zivilgesellschaft vollständig in einen Dialog über mögliche Handelsverpflichtungen, die die kulturelle Vielfalt betreffen, einzubeziehen;
. solche Politiken zu fördern, die die am wenigsten entwickelten Länder, die Entwicklungsländer sowie die Schwellenländer dabei unterstützen, vor Ort nachhaltige Entwicklungsbedingungen zu schaffen, damit sich einheimische kulturelle Ausdrucksformen in allen Medien und allen Künsten entfalten können.
ARD
Heinrich Böll-Stiftung
International Network for Cultural Diversity
Deutscher Kulturrat