Dresden - Der scheidende Intendant der Dresdner Semperoper und Juryvorsitzende des «Bundeswettbewerbes Gesang Berlin 2010», Gerd Uecker, kritisiert die Qualität der musischen Ausbildung an deutschen Schulen. Ein wichtiger Bereich des menschlichen Lernens werde «unterbelichtet», wenn der Schwerpunkt mehr und mehr auf naturwissenschaftlichen Fächern liege, sagte er im Interview mit ddp.
«Die ganze Ausbildungsstruktur an den Schulen und Gymnasien nimmt einfach eine schlechte und folgenschwere Entwicklung, wenn man die musische Bildung immer weiter abbaut», sagte Uecker, dessen Nachfolgerin Ulrike Hessler wird. Die neue Intendantin der Semperoper tritt im August ihren Dienst an.
Überlegungen, den musischen Unterricht im 13. Schuljahr abzuschaffen, sieht Uecker nach eigenen Worten «mit großer Skepsis». Seiner Ansicht nach vernachlässigen die Lehrpläne die Ausbildung von ästhetischen und sozialen Fähigkeiten, was eine Gefahr für die Gesellschaft darstelle. Die Urteilskraft in Fragen, bei denen es nicht um die Logik gehe, werde kaum ausgeprägt. «Aber die meisten Entscheidungen im Leben werden nicht nach rationalen Gesichtspunkten gefasst», mahnte Uecker.
Sehr vielfältig und quantitativ ausreichend im musikalischen Bereich sei dagegen die deutsche Hochschullandschaft. Allerdings werde die Hinführung auf ein Musikstudium von den Gymnasien immer weniger langfristig vorbereitet. »Früher war es die Regel, dass, wollte man Musik studieren, man diesen Leistungskurs besucht«, sagte Uecker. Der jetzige Ersatz durch eine sogenannte Profiloberstufe halte er für »eine ganz bedenkliche Situation". Die Gesellschaft müsse umdenken und eine Ausgeglichenheit zwischen den Fächern erwirken.
Der Bundeswettbewerb Gesang Berlin wird jährlich im Wechsel zwischen den Genres Oper/Operette/Konzert und Musical/Chanson ausgeschrieben. Er gilt als der bedeutendste nationale Gesangsausscheid in Europa. In diesem Jahr läuft die Anmeldefrist vom 1. Juni bis zum 1. September. Schwerpunkte sind die Richtungen Oper, Operette und Konzert.