Body
Nachbessern für den Rundfunk-Konsens - Bayern, NRW und Sachsen wollen ARD und ZDF digitale Kanäle lassen - Beck kündigte Widerstand an
Leipzig (ddp). Unmittelbar vor der Ministerpräsidentenkonferenz in München haben die Bundesländer Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachen ihren Vorstoß für eine Strukturreform im Rundfunkwesen nachgebessert. In einem zweiten Papier, das der Nachrichtenagentur ddp vorliegt und das Datum von Mittwoch trägt, sollen ARD und ZDF nicht mehr auf ihre bereits laufenden sechs Digital-Kanäle verzichten. Zudem wird ihnen mehr Geld für ihre Internet-Auftritte zugestanden. Zuvor hatte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) Widerstand gegen die Pläne seiner Amtskollegen Edmund Stoiber (CSU), Peer Steinbrück (SPD) und Georg Milbradt (CDU) angekündigt.In der neuen Fassung heißt es, ARD und ZDF sollen über die auch analog verbreiteten Programme hinaus «keine zusätzlichen digitalen Angebote veranstalten». Für programmbegleitende Online-Angebote sollen die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten jetzt 0,75 der Gesamtaufwendungen anstatt zuvor 0,5 Prozent je Anstaltsbudget investieren können. Weiterhin verlangen die drei Ministerpräsidenten eine Beschränkung der ARD-Hörfunkwellen auf maximal 45, die Fusion der Kultursender Arte und 3sat sowie eine Kürzung der Planstellen um fünf Prozent.
Insbesondere das ursprünglich geplante Aus für die digitalen Sender, darunter der ZDF-Theaterkanal, war auf massive Kritik gestoßen. Beck, der auch Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder ist, kritisierte, dies würde ZDF und ARD in ihren digitalen Entwicklungsmöglichkeiten einschränken. Zugleich lehnt er auch die Fusion von Arte und 3sat sowie die erhebliche Reduzierung der Hörfunkwellen ab. Er werde «alles tun, um ein sauberes duales System» aufrecht zu halten.
Beck verteidigte zugleich eine «maßvolle Erhöhung» der Rundfunkgebühren ab 2005. Die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) bisher ins Auge gefasste Anhebung um 1,07 Euro ab 2005 seien «schlüssig». Der Vorstoß der Ministerpräsidenten-Troika hebe dagegen die «Spielregeln» für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) unterstützt dagegen einige der Vorschläge, verlangt aber auch eine Reduzierung der ARD-Landesfunkhäuser von neun auf sechs.
Der ARD-Vorsitzende Jobst Plog forderte in einem Schreiben an Stoiber in die Debatte einbezogen zu werden. Die ARD-Intendanten sollten Gelegenheit erhalten, gegenüber den Ministerpräsidenten Stellung zu beziehen, bevor es zu Beschlüssen komme.
Arte-Vizepräsident Gottfried Langenstein wehrte sich gegen eine Fusion mit 3sat. Beide Sender hätten unterschiedliche Programmaufträge, zudem lasse die Rechtslage eine Fusion nicht zu. Er warnte, die Kulturberichterstattung gehöre zum Kernauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) sagte, der Kulturauftrag von ARD und ZDF stehe nicht zur Disposition.
Der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Klaus Zehelein, befürchtet einen «Ausverkauf der Kultur im Fernsehen», der Deutsche Kulturrat mahnte, die Bundesländer dürften sich nicht in die Arbeit der unabhängigen KEF einmischen. Heftiger Protest kam auch vom ZDF-Personalrat und von Gewerkschaften.
(Weitere Quellen: Beck vor Journalisten in Mainz; Plog, ZDF-Personalrat, Weiss, ver.di und Kulturrat in Erklärungen; Langenstein im ddp-Interview)