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Oper und Konzert aktuell (9.9.)

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+++Die Chansondiva auf der Opernbühne - Milva eröffnet in «La vera storia» die neue Spielzeit an der Hamburgischen Staatsoper+++Zum 175. Todestag - Beethovenfest in Bonn gestartet+++Einstand gelungen - Simon Rattle übernimmt mit einem fulminanten Konzert die Berliner Philharmoniker+++

Die Chansondiva auf der Opernbühne - Milva eröffnet in «La vera storia» die neue Spielzeit an der Hamburgischen Staatsoper
In Deutschland gilt sie als «die» klassische Chansondiva: Milva. Schön, eigenwillig, ausdrucksvoll - so kennt ihr Publikum sie seit Jahrzehnten. Ob mit Chansons ohne Berührungsängste mit dem anspruchsvollen Schlager, mit politischen Brecht- und Weill-Liedern oder mit Tangomusik von Astor Piazzolla – glaubwürdig und überzeugend ist sie in jeder dieser Rollen. Neues Terrain - zumindest für ihr deutsches Publikum - betritt die temperamentvolle Italienerin mit den flammend roten Haaren nun in Hamburg. An der Staatsoper eröffnet sie am Sonntag die neue Spielzeit mit der Oper «La vera storia» des italienischen Komponisten Luciano Berio. «Ich singe Balladen, wie eine Geschichtenerzählerin im alten Sizilien», sagt sie.
Es ist 20 Jahre her, dass die italienische Schönheit zum ersten Mal mit dieser Oper auf der Bühne stand. Damals hatte Berio das Auftragswerk für die Mailänder Scala direkt auf Milva, ihre Stimme und ihre Ausstrahlung zugeschnitten. «Nach der Uraufführung habe ich die Rolle vor zehn Jahren noch einmal an der Oper in Paris gesungen», erzählt sie. Doch das Werk ist so aufwändig und wohl schwer auf die Bühne zu bringen, dass sich kein Opernhaus in der Zwischenzeit daranwagte. «Umso glücklicher war ich, als die Hamburgische Staatsoper vor einem Jahr bei mir anfragte, ob ich die Partie singen will.»
Bei den wochenlangen Proben auf der Hamburger Opernbühne will der große Star für sich keine Sonderrolle reklamieren. «Es gefällt mir sehr, Mitglied eines Ensembles zu sein», sagt sie. «Ich sollte in Zukunft nur noch so was machen.» Zunächst gab es beim Ensemble eine gewisse Zurückhaltung, als der «Star Milva» auftauchte, berichtet sie. «Aber durch meine Arbeit konnte ich bislang die anderen immer überzeugen.» Und besonders stolz ist die Diva, wenn die «richtigen» Operndiven, in diesem Falle Yvonne Naef und Helen Kwon, nach einer Arie zu ihr kommen und sie für ihre Arbeit loben.
Seit Wochen ist Milva in Hamburg, scheut nicht ungeschminkt und mit bequemem Proben-Outfit den Gang über die Straßen, wo die Menschen die inzwischen 63-Jährige erkennen und ihr bewundernd nachblicken. «Ich werde sehr oft angesprochen, ob ich ein Konzert in der Stadt gebe», sagt sie. «Dann sage ich den Leuten immer: Ich singe eine Oper, es gibt sieben Vorstellungen, kommen Sie her und schauen Sie es sich an.» Auf diese Weise, so hofft sie, wagen vielleicht auch Menschen den Weg in die Oper, die ihn bislang noch nicht gegangen sind.
Zur zeitgenössischen Musik hat die engagierte Signora ein besonders inniges Verhältnis. «Für mich sind auch Brecht und Weill zeitgenössische Komponisten, auch wenn sie nicht mehr leben», sagt sie. Und von Luciano Berio, unter dessen musikalischer Leitung sie bislang alle Aufführungen von «La vera storia» gesungen hat, ist sie einfach begeistert. «Berio hat für diese Oper die Rolle mit der volkstümlichen Stimme, die ich singe, geschrieben. Damit will er das Publikum in der Oper auf dieselbe Stufe eines ganz einfachen Zuhörers stellen.»
Der Ausflug zur Oper wird für Milva keine Eintagsfliege bleiben. In mehreren italienischen Städten wird sie in den kommenden Monaten mit der zeitgenössischen Oper «Peter Pan» von Marco Tutino zu sehen sein. «Dort singe und spiele ich den Captain Hook, eine Männerrolle mit einer tiefen Baritonstimme», sagt sie.
Die Premiere der deutschen Erstaufführung von «La vera storia» ist am 15. September in der Hamburgischen Staatsoper. Weitere Aufführungen, ebenfalls mit Milva in der Titelrolle, gibt es am 18., 21. und 25. September sowie am 1., 5. und 9. Oktober.

Zum 175. Todestag - Beethovenfest in Bonn gestartet
Mit einem Konzert des Orchestre de Paris unter Leitung von Christoph Eschenbach ist am Wochenende das Internationale Beethovenfest in Bonn eröffnet worden. Auf dem Programm standen am Samstagabend neben Beethovens Erstem Klavierkonzert auch die Uraufführung eines Konzertes für Klavier und Orchester des französischen Komponisten Pascal Dusapin. Es ist eines der Auftragswerke, die das Beethovenfest anlässlich des 175. Todestages von Ludwig van Beethovens vergeben hatte.
Zu den Höhepunkten des Musikfestes zählen bis zum 6. Oktober Gastkonzerte unter anderem des Israel Philharmonic Orchestra und der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Insgesamt finden 50 Konzerte in Bonn und neun weiteren Orten der Region statt.
Ein Schwerpunkt gilt den Nachwuchsmusikern, die sich neben prominenten Ensembles und internationalen Stars bewähren müssen. Zu den großen Dirigenten, die erwartet werden, gehören Sir John Eliot Gardiner und Zubin Mehta. Im Jahr des Gedenkens an Beethovens Todestag am 26. März 1827 findet das Festival in neuer Prägung zum vierten Mal statt.
Internet: www.beethovenfest-bonn.de

Einstand gelungen - Simon Rattle übernimmt mit einem fulminanten
Konzert die Berliner Philharmoniker

Die Berliner Philharmonie im Rattle-Rausch: Am Ende eines fulminanten Musikabends gab es am Samstag langen, tosenden Beifall der 2000 Zuhörer, Bravos, Blumen für den «Neuen». Und Sir Simon Rattle begeisterte nicht nur das Publikum, sondern auch sein Orchester. Die Berliner Philharmoniker applaudierten ihrem neuen Chef. Erst nach einer Zugabe, einem der «Ungarischen Tänze» von Brahms, ließ das begeisterte Publikum die Musiker vom Podium.
Das Antrittskonzert des britischen Dirigentenstars erfüllte ganz die hoch gesteckten Erwartungen. Zu denen, die sich das nicht nehmen lassen wollten, gehörte neben Bundespräsident Johannes Rau und Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker mit Gattinnen vor allem Berliner Polit- und Kulturprominenz: «Regierender» Klaus Wowereit mit seinem Lebensgefährten Jörn Kubicki, Kultursenator Thomas Flierl und seine Vorgängerin Adrienne Goehler (in deren Amtszeit der Vertrag mit Rattle nach über zweijährigem Hin und Her endlich unterzeichnet worden war), CDU-Landeschef Christoph Stölzl (auch ein Ex-Kultursenator), der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann, Kunstmäzen Heinz Berggruen, die Opern-Intendanten Udo Zimmermann und Albert Kost, Berlinale-Chef Dieter Kosslick und der Intendant der Festspiele, Joachim Sartorius. TV-Talkmaster Alfred Biolek kam gemeinsam mit seinem jungen Begleiter Constantin Rothenburg.
Bravos gab es schon zur «Halbzeit», nach der deutschen Erstaufführung von «Asyla». Dieses von musikalischen Gegensätzen geprägte Orchesterwerk des Briten Thomas Ades war 1997 von Rattle mit seinem City of Birmingham Symphony Orchestra (CBSO) uraufgeführt worden. Es ist die bislang umfangreichste und erfolgreichste Komposition des 31-Jährigen, und sie enthält unter anderem eine Hommage an die Techno-Klänge der Londoner Clubszene. Ades selbst war sichtlich glücklich über die gelungene Deutschlandpremiere. Und Rattle schloss einen Kreis: Er hatte dieses Werk auch 1998 zum Abschied von seinem CBSO dirigiert, nun stand es am Anfang seiner Berliner Zeit.
Aber dann: Mahler. Mit der «Fünften», vom Komponisten selbst als ein «verfluchtes» Werk bezeichnet, schlugen die Philharmoniker das Publikum ganz in Bann. Atemlose Spannung vom einleitenden Trauermarsch bis zum heiteren Schluss-Rondo der Sinfonie. Besonders seelenvoll gelang das Adagietto für Harfe und Streicher, das seit dem Visconti-Film «Tod in Venedig» zum berühmtesten Stück in Gustav Mahlers Schaffen geworden ist. Rattle kommt auch hier ohne Partitur aus, seine Dynamik ist ansteckend, das Orchester nimmt auch noch die kleinste seiner Gesten auf. Danach muss gejubelt werden. Noch einmal, als das Orchester schon gegangen ist, belohnt Rattle die unermüdlich Klatschenden mit einer Verbeugung und seinem berühmten Lächeln.
Die vielen Musikfans, die nicht an diesem viel versprechenden Auftakt einer neuen Ära bei den Berliner Philharmonikern teilhaben konnten, dürfen sich trösten: Mahlers Sinfonie Nr. 5 wurde live mitgeschnitten, die CD erscheint am 30. September. In seiner ersten Berliner Saison steht Rattle mehr als 30 Mal am Pult der Philharmoniker. Und schließlich: Sein Vertrag gilt für zehn Jahre.
Vorerst.

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