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Boccherini im Rheinsberger Schloss

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TonkünstlerEnsemble Berlin im Spiegelsaal
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Seit bereits fünf Jahren besteht das von der Vorsitzenden und Flötistin Adelheid Krause-Pichler gegründete TonkünstlerEnsemble Berlin, das sich inzwischen mit regelmäßigen Auftritten in Rheinsberg und in der Mendelssohn- Remise am Gendarmenmarkt in Berlin einen Namen gemacht hat. Die Besetzung variiert, je nach Anlass und Auftrag von Trio bis Oktett. Renommierte Musiker des Verbandes finden hier neben den ebenfalls zweimal pro Jahr stattfindenden Tonkünstlerkonzerten eine angemessenes Präsentationsforum.

In diesem Jahr hatte die Flötistin ein außergewöhnliches Quartett-Programm mit Werken von Luigi Boccherini, Ernst Eichner und Wolfgang Amadeus Mozart zusammengestellt. Alle drei Musiker hatten eine Beziehung zum preußischen Hof, der auch nach der Zeit der abendlichen Kammerkonzerte mit Friedrich dem Großen noch als Hochburg der Musik in Deutschland galt, und es gab kaum einen renommierten Komponisten, der sich in Potsdam nicht beworben hätte, um den Titel „Hofkomponist des Königs von Preußen“ zu tragen.

Ernst Eichner, ein über den Mannheimer Hof auch mit Mozart bekannter Komponist und Hofmusiker, war längere Zeit im Schloss von Zweibrücken tätig bis er 1772, nach der Bewerbung bei Friedrich II., mit sechs Flötenquartetten und einem Flötenkonzert seine Stelle in Potsdam antrat. Seine Quartette, von denen im Konzert zwei vorgestellt wurden (hrsg. von A. Krause- Pichler im Verlag Ries & Erler, Berlin) überraschten durch den Wechsel von volkstümlichen Melodien, höfischer Ouvertüren-Etikette und streng gearbeitetem Hauptsatz.

Luigi Boccherini war wohl in den 1780er-Jahren auf einer Reise von Paris nach London in Potsdam und Berlin zu Besuch, wo ihn der Cello-spielende Kronprinz Friedrich Wilhelm, der bereits zu Lebzeiten Friedrichs II. einen eigenen Musenhof unterhielt, zum Hofkomponisten ernannte. Fortan lieferte der in Spanien lebende Boccherni jährlich mehrere Cello-Konzerte und Quartette nach Potsdam gegen ein horrendes Honorar. Um diesen Umstand sowie auch die stilistisch aus dem Rahmen fallende Musik in den Mittelpunkt des Konzerts zu rücken, bearbeitete Adelheid Krause-Pichler kurzerhand zwei Streichquartette zu Flötenquartetten, was so begeisterte, dass einige musikerfahrene Zuhörer meinten, die ausgewählten Quartette könne man sich kaum mehr nur mit vier Streichern vorstellen. Wolfgang Amadeus Mozart hoffte ebenfalls in Berlin oder Potsdam eine Anstellung zu bekommen, nachdem er von Boccherinis Erfolg beim Kronprinzen gehört hatte und zudem Mitte der 1780er-Jahre eine große Krise hatte. Er reiste von Wien in den Norden, um sich vorzustellen und brachte die „Preussischen Quartette“ für den Kronprinzen mit, hatte allerdings nicht den erhofften Erfolg. Zwei für den Mannheimer Flötisten Wendling geschriebene Flötenquartette sollten dennoch an die denkwürdige Reise Mozarts nach Potsdam erinnern und zeigten abermals meisterhafte Werke, obwohl die Flöte bekannterweise nun nicht zu den bevorzugten Instrumenten des großen klassischen Musikers gehörte.

Im Programmheft wurden die durchweg brillanten Musiker vorgestellt, nicht jedoch die Geschichte der Komponisten und ihrer Werke, die die Flötistin in kurzer, aber kompetenter Moderation erläuterte. Die Flötistin Adelheid Krause-Pichler, unterrichtete jahrelang an der Hochschule der Künste Berlin und richtete auch dort ein Kammerensemble mit ihren Studenten ein, mit dem sie (ebenfalls mit zum Teil arrangierten Werken aus dem 18. Jahrhundert) an Festivals in Österreich und Italien teilnahm. Als promovierte Musikwissenschaftlerin forscht sie über die Musik der Zeit der Aufklärung. Die Violine spielte Petra Lipinski, die in verschiedenen Orchestern und Ensembles mitwirkt und in Berlin ein eigenes Violinen- Studio betreibt. Als Bratschist war Stefano Macor zu hören, der als Solist in unterschiedlichen Formationen auftritt und darüber hinaus ein eigenes Ensemble leitet. Der Cellist Thilo Krigar widmet sich neben seiner Konzerttätigkeit vor allem auch der zeitgenössischen Musik als Instrumentalist und Komponist. Seine Werke haben in der Szene der Neuen Musik einen herausragenden Ruf.

Der neurenovierte und restaurierte Spiegelsaal des Rheinsberger Schlosses war ein wundervoller Rahmen für diese außergewöhnlich gut präsentierten Konzertstücke – mit anderen Worten: Das vollzählige Publikum war begeistert und erzwang eine weitere Bearbeitung eines Boccherini-Werkes.

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