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Das „Kunststück Kooperation“ an der Oberfläche

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Die JeKi-Fachtagung in Bochum ließ Wünsche offen
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Im vierten Jahr läuft das Programm JeKi nun im Ruhrgebiet, erregt weiterhin die Gemüter und sorgt an vielen Stellen für Zündstoff. Dennoch kehrt in mancher Hinsicht allmählich auch Routine ein, so etwa im breit gefächerten Fortbildungsangebot der Stiftung „Jedem Kind ein Instrument“ und den regelmäßigen unterschiedlichen Fachtagungen zu den JeKi-spezifischen Themen.

Unter der Überschrift „Kunststück Kooperation“ trafen sich am 6. November im RuhrCongress Bochum Vertreter aus Musik- und Grundschulen, um weiter daran zu arbeiten, die vielfältigen Fallen in der Zusammenarbeit zu entschärfen. Dabei bedienten sich die Organisatoren einer bewährten Struktur: Plenums-Vorträge wechselten mit verschiedenen Angeboten zu pädagogischen, musikalischen und administrativen Themen ab und boten den Teilnehmern so die Möglichkeit, individuelle Schwerpunkte zu setzen.

Leider gestaltete sich die Auswahl eines Forums nicht ganz leicht, denn aus der Beschreibung einiger Foren ließ sich nur schwer auf den Zusammenhang zum Thema Kooperation schließen. Die Beschäftigung mit der Vielfalt orientalischer Rhythmen bietet beispielsweise Chancen auf eine bessere Integration türkischer Kinder. Für die praktische Zusammenarbeit zwischen Musik- und Grundschulen scheint sie aber nur am Rande wichtig.

Auch die große Begeisterung der anwesenden Musiker für das von Ömer Bektas hervorragend animierte gemeinsame Musizieren erweitert zwar die „Rezepte-Sammlung“ der Lehrkräfte, aber nur bedingt die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Grundschulen.
Sehr gut strukturiert und wissenschaftlich fundiert konnten Dorothee Braun und Rüdiger Röhse Licht in den Dschungel der individuellen Förderung in heterogenen Gruppen bringen. Ebenso gründlich informierte Elisabeth Dauner von der Züricher Fachhochschule der Künste über die basale Wahrnehmungsförderung im Musikunterricht. Dennoch erschloss sich der Zusammenhang zum Tagungsthema auch in diesen beiden Vorträgen nicht sofort. Zudem entstand häufig eine gewisse Unzufriedenheit bei den Teilnehmern, wenn nach 60 Minuten gerade mal das Thema klar geworden ist. Diese wichtigen pädagogischen Fragen hätten mehr Zeit verdient.

Große Dienste in Sachen praktischer Kooperation leistete der Leiter des Düsseldorfer Bildungsbüros, Rolf Kessler. Anschaulich konnten Schulleiter und Organisatoren aus den Kommunen in seinem Forum Tipps für eine geschickte Vernetzung erhalten. Nicht nur organisatorisch, sondern auch inhaltlich lassen sich kommunale Bildungs- und Kultureinrichtungen sinnvoll aufeinander abstimmen. Wege, dies mit möglichst geringem Aufwand zu meistern, konnte Rolf Kessler aufzeigen.

Einen sehr komplizierten Anteil innerhalb des JeKi-Programms stellt der Tandemunterricht dar, der, im Klassenverband des ersten Schuljahrs, durch die Klassenlehrer und eine Grundstufenlehrkraft zu leisten ist. Unter dem Titel „Vom Tandem zum Team“ gab es Informationen zu diesem Thema. Ludwig Weitz, Leiter und Berater der ViS!ON Bonn, erläuterte die Grundprinzipien der Teamarbeit. Allerdings fiel es sehr schwer, den Transfer zum Alltag des Musikunterrichts herzustellen. Eine vertiefende Reflexion und Operationalisierung hätte hier dringend Not getan.

Daraus wäre wohl zu schließen, dass nach Jahren des gemeinsamen „Brainstormings“, des kurzen, fokussierten Blickens auf Problembereiche, mehr erreicht werden könnte, wenn sich innerhalb der bekannten Themengebiete die Arbeit vertiefen würde. Zum Thema Gruppenunterricht, zur Teamarbeit und Wahrnehmungsförderung sowie zur musikalischen Integration sollte über die kurze Weitergabe neuer Tipps und Rezepte deutlich hinausgegangen werden.

Also keine Fachtagungen mehr abhalten? Doch, auf jeden Fall, und zwar mit dem Wunsch für die Zukunft, ein Podium für die Reflexion über Themen außerhalb des hinlänglich bekannten JeKi-Umfeldes zu schaffen. Hier sollte eine Diskussion über kontroverse, methodische Konzepte stattfinden, sollte sich das Blickfeld in die internationale Bildungslandschaft erweitern, sollten neueste wissenschaftliche Erkenntnisse den direkten Weg in die Praxis finden.

Auch für die Organisatoren der Fachtagung stellte sich übrigens heraus, dass es in Sachen Annäherung zwischen Musik- und Grundschulen noch viel zu leisten gibt. Denn die Tagung konnte – ob durch ihr Programm oder andere Hindernisse – die Grundschullehrkräfte nur bedingt erreichen. Schade.
Bleibt zum Schluss noch ein Beispiel anscheinend gut gelungener Kooperation zu nennen. Inga Mareile Reuther stellte das Programm „Jedem Kind seine Stimme“ (JEKISS) der Stadt Münster vor. Anscheinend bietet das Singen durch seinen einfachen und direkten Zugang eine gute Möglichkeit für die Zusammenarbeit zwischen den Musikpädagogen und den Lehrkräften der Grundschulen. Vielleicht lassen sich manche Strukturen auch auf das komplizierte Instrumentalprogramm übertragen? Vielleicht sollten auch in JeKi die Grundschullehrkräfte mehr am musikalischen Geschehen teilhaben können, um sich dadurch stärker mit der Sache identifizieren zu können?

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