München. Gesprächskonzerte sind nicht selten problematisch. Zwischen den Werken des musikalischen Programms werden Dialoge geführt, die dem Publikum zwar manche Information vermitteln, auf der anderen Seite aber die gestalterische Idee der Aufführung bremsen und manchmal sogar stören.
Ein Glücksfall war dagegen das „dedicated to“-Konzert am 3. Oktober 2019 mit Barbara Hesse-Bachmeier im Rahmen des Musik-Forums München im Münchner „Schwere Reiter“. Das lag zum einen an der geschickten und feinfühligen Moderation von Johannes X. Schachtner, zum anderen an der natürlichen und humorvollen Art und Weise, in der die Münchner Mezzosopranistin und ihre instrumentalen Partnerinnen die ihnen gestellten Fragen beantworteten. Neben einigen amüsanten Anekdoten aus der Konzertpraxis und erklärenden Details zu den aufgeführten Werken war Hochinteressantes rund um den Zugang der Interpretinnen zur intensiven Auseinandersetzung mit der Musik der Gegenwart zu erfahren.
Aus Hesse-Bachmeiers Interesse für die Neue Musik resultierten im Lauf der Zeit zahlreiche Begegnungen mit Komponisten und Komponistinnen und so konnte sie an diesem Abend ein ganzes Programm mit ausschließlich ihr gewidmeten Werken präsentieren. Dass fast alle noch lebenden Komponisten anwesend waren, gab dem Ganzen einen besonderen Glanz.
Der Abend wurde eröffnet mit der Uraufführung von „Immerblau“, vier Gedichten von Else Lasker-Schüler, vertont von Dorothea Hofmann. Der vielgestalte, expressive Dialog zwischen Gesang und Altflöte (Monika Olszak) spiegelt die Tiefgründigkeit der Texte wider. Es folgte „Birken im Herbst“, Erinnerungen an Lappland, eine Vokalise für Mezzosopran und Klavier (Eva Schieferstein) von Robert Delanoff. Der Komponist gestaltet das eindrucksvolle, spannungsgeladene Tongemälde mit einer Abfolge von Vokalen anstelle einer Textvorlage.
Drei Gedichte von Karl-Heinz Hummel in bayrischem Dialekt, von drei verschiedenen Komponisten vertont, brachten das Heiter-Ironische ins Programm. Stanislav Rosenberg kleidet den „Späten Weps im Herbst“ in ein musikalisches Gewand, das unverkennbar und teilweise täuschend ähnlich nach Bach klingt. Roland Leistner-Mayer symbolisiert bei „Schneewind“, einem karikierenden Monolog zum Thema Erderwärmung, die Existenzangst des Winters mit bedrohlich tief liegenden Klavierakkorden. Der 2007 verstorbene Wolfgang Zoubek schließlich verwendet für „Da Sepp macht zua“, einem Abgesang für einen vielgeliebten Dorfwirt, Stilelemente zwischen Schnaderhüpfl und Kabarettsong, in die er verfremdete Anspielungen, zum Beispiel auf bekannte Biergesänge, einbaut.
Zwei Werke für Mezzosopran und Harfe (Susanne Weinhöppel) eröffneten eine ganz andere Klangperspektive: Feiner Humor und ein immer gegenwärtiges, aber nicht bestimmendes rhythmisches Element prägen Max Beckschäfers Zyklus „Il tempo nella bottiglia“ über italienische Sprichwörter. Ernster, emotioneller ist Meinrad Schmitts „Kennst Du das Land“ nach Texten von Friederike Kempner, die die Frage nach dem Guten stellen.
Den Abschluss bildete Dorothee Eberhardts „Hexenküche“, nach Auszügen aus Goethes Faust, ein Feuerwerk von Sprechgesang und gespenstischen Klängen, hervorgezaubert von Saxophon und allerlei Percussionsinstrumenten (Monika Olszak).
Fasziniert hat Barbara Hesse-Bachmeiers Ausdruckskraft ebenso wie ihre Fähigkeit, den Text auch in schwierigen Passagen verstehbar zu gestalten. Ebenso begeisterten die drei Instrumentalistinnen, die den höchst anspruchsvollen Partituren mit Virtuosität und engagiertem Spiel Leben gaben.
Ein Abend, der tief beeindruckte und der die Vielseitigkeit und den eigenen Charme der Musik des 20. und des beginnenden 21. Jahrhunderts voll und ganz widerspiegelte.