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Denkmäler aus Stein und aus Tönen

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Die Junge Deutsche Philharmonie spielt zur Eröffnung des „Denkmals für die ermordeten Juden Europas“
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Nach vielen Diskussionen und langer Vorbereitung wird am 10. Mai in Berlin das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ eröffnet. Die Junge Deutsche Philharmonie spielt am Vorabend ein Konzert in der Berliner Philharmonie mit Werken von Brahms, Toch, Schönberg, Schulhoff und Rihm. Albrecht Dümling sprach für die nmz mit zwei Orchestervorständen sowie der Geschäftsführerin Sonja Epping über dieses Projekt.

Florian Sebald: Schon im Jahre 2002 hat Elmar Weingarten von der Deutschen Ensemble Akademie den Kontakt zu Lea Rosh vom Holocaust-Mahnmal hergestellt. Daraufhin haben wir einen Brief an sie geschrieben mit dem Inhalt, dass wir gerne dieses Festkonzert gestalten würden. Frau Rosh ist dann während der Arbeitsphase zu uns gekommen und hat über die Historie dieses Mahnmals erzählt. Es hat sich ein Gespräch angeschlossen mit Fragen unsererseits. Das war sehr beeindruckend.

: Was bedeutet es für Sie als ein junges deutsches Orchester, an einer solchen Veranstaltung mitzuwirken?
: Wir repräsentieren eine neue Generation, die mit dem Krieg aus eigener Erfahrung nichts mehr zu tun hat. Deshalb sind wir prädestiniert dafür, mit einem jungen Selbstbewusstsein sagen zu können: Man darf nicht vergessen. Gerade unsere Generation muss die Erinnerung bewahren. Wir sind diejenigen, an die sich das Denkmal richtet. Wir haben uns als Vorstand deshalb unbedingt für dieses Konzert ausgesprochen.

: Wie ist dieses spezielle Programm zustande gekommen?
Sonja Epping: Die durchgehende Idee ist, dass man quasi aus allen Zeiten diese Sache reflektiert. Die Zeit vor dem großen Katastrophen-Jahrhundert wird mit der Brahms-Ouvertüre dargestellt; das ist die Zeit, bevor die deutsche Kultur diesen schweren Einbruch erlitt. Man stellt Werke dar, die während dieser Zeit entstanden sind, von Vertriebenen, von direkt Betroffenen: Ernst Toch als Exilkomponist, Erwin Schulhoff als ein im Lager Gestorbener und Wolfgang Rihm quasi als Nachgeborener – das ist der große Bogen, den das Programm darstellen soll. Mit dem „Überlebenden aus Warschau“ gibt es ein Stück, das sich explizit mit der Thematik auseinandersetzt.

: Haben Sie Informationen zum neuen Rihm-Stück?
: Rihm war ursprünglich beteiligt am „Requiem der Versöhnung“, das zum 50. Jahrestag des Kriegsendes entstand. Sieben oder acht Komponisten aus allen Kriegsländern haben je einen Teil dazu beigetragen. Seinen Anteil hat er zur Grundlage gemacht für diese neue Komposition und noch zusätzlich einen Nelly Sachs-Text vertont. Dadurch nimmt es deutlicher Bezug auf die Thematik des Mahnmals, auf den Holocaust.

: Warum steht Schönbergs Psalm 1 am Schluss?
: Das war ein besonderer Wunsch von Herrn Zagrosek. Dieses Schluss-Statement „Und trotzdem bete ich“ war ihm ein Bedürfnis innerhalb dieser Thematik – dass es eben auch damals noch Hoffnung gab.

: Herr Hille, wie ist die Zusammenarbeit mit Lothar Zagrosek?
Robert Hille: Er ist uns seit zehn Jahren sehr eng verbunden. Im Sommer 2000 wurde er als Künstlerischer Berater und Erster Gastdirigent wiedergewählt, mit überwältigender Mehrheit. Deswegen sind wir sehr glücklich, dass er gerade dieses Konzert mit uns vorbereitet und auch die ganze Probenarbeit mit uns selbst leiten wird. Er wird dafür noch eine Stunde pro Tag draufsatteln – also zehn Stunden Probe pro Tag.

: Was versprechen Sie sich von diesem Konzert?
: Ich verspreche mir davon, dass wir mit unserem Musizieren dem Mahnmal ein musikalisches Denkmal zur Seite stellen. Dass wir als junge Generation bekennen, dass wir aus diesem Land kommen, wo das alles stattgefunden hat. Die Philharmonie steht in dieser geschichtsträchtigen Ecke, der Führerbunker ist nicht weit, später dann der Todesstreifen, Mauer und jetzt die Demokratie – alles auf einem Platz. Wir als junge Generation müssen und wollen diese Geschichte annehmen und weitertragen.

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