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Foto: Harald Kumpf
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Der vielseitige Tieftöner

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Abschied vom Kontrabassisten Chris Lachotta
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Selten erreichten mich zu einer Nachricht so viele Anrufe, Postings und Mails wie zum überraschenden Tod von Chris Lachotta, der am 8. Juni nach kurzer schwerer Krankheit in einem Münchner Krankenhaus im Alter von erst 56 Jahren verstarb. Es waren Reaktionen, wie man sie nur bei einem großen Verlust erlebt. Fast jeder Münchner und viele internationale Jazzer, auch etliche Künstler in den Bereichen Klassik, Weltmusik, Theater und Kabarett haben mit ihm gearbeitet und alle waren nicht nur von der Kreativität, dem Können und der allumfassenden musikalischen Kompetenz des Kontrabassisten beeindruckt, sondern auch von der Liebenswürdigkeit, dem Humor, der Großzügigkeit und der Geduld des – wie Pianist Tizian Jost zusammenfasste – „großartigen Kollegen und Menschen und hervorragenden Musikers“.

Als er von 1993 bis 1997 mit seinem fantasievollen, voll- und wohltönenden Spiel die swingende Stütze meines Quartetts war, erlebte ich ihn als warmherzigen Menschen, der vor Witz sprühte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der virtuose Vollprofi schon im Vermont Jazz Center bei Rufus Reid und Dave Holland studiert, mit Attila Zoller, Joe Bonner, Horace Tapscott, Bill Elgart, Kenny Wheeler oder Claudio Roditi musiziert, als Co-Leader mit David Gazarov das Album „Autumnal Giant Steps“ vorgelegt. Lachotta war Pianisten von Mal Waldron bis Joe Kienemann, Sängerinnen von Sheila Jordan bis Jenny Evans sensibler Spielgefährte.

Er kannte und konnte „alles“, übrigens auch mit dem Bogen – als solide an den Hochschulen von München und Würzburg ausgebildeter klassischer Kontrabassist musizierte er bei den Festival Strings Lucerne und dem Münchner Rundfunkorchester – doch seine Liebe galt dem Jazz im Sinne einer swingenden modernen afroamerikanischen Tradition. Zu Recht hat ihn Roland Spiegel als „Zauberer der tiefen Töne“ bezeichnet. Und die konnten bei Bavario und Embryo „weltmusikalisch“, im Michael Hornstein Trio fast avantgardistisch, bei „Table For Two“ poppig sein. Mit diesem „feelsaitigen“ Tieftöner verliert Deutschland einen seiner „vollendetsten“ Bassisten.

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