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Die richtige Mischung der Temperamente

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Das Münchener Clemente-Trio über Tempelkonzerte und Cello-Legenden
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„Eine richtiggehende Feuertaufe“, so urteilt der Geiger Peter Clemente über den Wettbewerb – seither bekunden Veranstalter und Festivals, nicht nur innerhalb Deutschlands, reges Interesse. Nach einer fünfwöchigen USA-Tournee im Frühjahr 1999, wo das Trio in den großen Musikzentren vor ausverkauften Sälen spielte (ihr Carnegie-Debut haben die Clementes bereits 1997 absolviert), steht im nächsten Jahr Japan auf dem Programm, außerdem Australien und noch einmal die USA.

Seit 1960 nahmen insgesamt über 6.000 junge Musiker am Internationalen Musikwettbewerb der ARD teil. Für viele Soloinstrumente und Kammermusikformationen war der renommierte Wettbewerb ein wichtiger Baustein in der Karriere. In der Sparte Klaviertrio errang 1998 das Clemente-Trio zusammen mit dem italienischen Trio di Parma einen zweiten Preis (erster und dritter wurden nicht vergeben). Eva Katharina Klein porträtiert das Münchener Trio. „Eine richtiggehende Feuertaufe“, so urteilt der Geiger Peter Clemente über den Wettbewerb – seither bekunden Veranstalter und Festivals, nicht nur innerhalb Deutschlands, reges Interesse. Nach einer fünfwöchigen USA-Tournee im Frühjahr 1999, wo das Trio in den großen Musikzentren vor ausverkauften Sälen spielte (ihr Carnegie-Debut haben die Clementes bereits 1997 absolviert), steht im nächsten Jahr Japan auf dem Programm, außerdem Australien und noch einmal die USA. Vor allem müssen wir versuchen, uns selbst jetzt nicht zu sehr unter Druck zu setzen“, erklärt Pianist Paul Rivinius – doch die drei wirken eigentlich ganz entspannt beim Interviewtermin im gepflegten Nymphenburger Probendomizil.

Die Anfänge des mehrfach ausgezeichneten Ensembles, das für seine Klangbalance und spannungsvolle, dichte Interpretationen gerühmt wird – „Jugendliche Energie und Reife“ titelte die New York Times – liegen, proportional zum Durchschnittsalter der drei Jungstars, beachtlich weit zurück: Bei einem Kammermusikkurs des Deutschen Musikrates 1986 liefen sich Paul Rivinius und die Brüder Peter und Carl Clemente erstmals über den Weg; erste Wettbewerbserfolge und Förderpreise folgten bald. Und seit fünf Jahren sitzt für Carl Clemente, der dann doch die medizinische Laufbahn eingeschlagen hat, Konstantin Pfiz am Cello, den die beiden „Gründungsmitglieder“ noch aus dem Bundesjugendorchester (Paul spielte damals Horn) beziehungsweise dem Europäischen Jugendorchester kennen. „Eigentlich eine tolle Zeit damals“, schwärmt der Cellist, „voller Idealismus und gemeinsamer Begeisterung für die Sache“. Ein bisschen von Mannschaftsgeist und jugendlichem Überschwang hat sich das Trio bis heute quasi in Miniaturform erhalten – irgendwie liegt immer noch ein Hauch BJO-Stimmung in der Luft.

Außerhalb des Trios, das momentan natürlich klar im Vordergrund steht, sind die Clementes auch in anderen Formationen aktiv: Konstantin Pfiz, der unter anderem in London an der Royal Academie bei David Strange studierte und vor der Clemente-Zeit bereits zwei Jahre professionell Streichquartett gespielt hat, ist Mitglied im „Gustav-Mahler-Chamber-Orchestra“ unter Claudio Abbado; Peter Clemente, Schüler von Ana Chumanchenco und Valeri Klimov, konzertiert auch in anderen Kammermusikbesetzungen, beispielsweise zusammen mit der Pianistin Anna Gourari, und geht demnächst als Solist mit dem Polnischen Kammerorchester auf Tournee. Und Paul Rivinius, der unter anderem in München bei Gerhard Opitz studiert hat, spielt, neben seiner solistischen Tätigkeit und zahlreichen Engagements als Begleiter, auch noch „Familientrio“ mit seinem prominenten Bruder Gustav.

Nicht immer ist es ganz leicht, die vielfältigen musikalischen Aktivitäten aufeinander abzustimmen, doch dafür ist mit 30 bis 40 Trio-Konzerten pro Jahr, plus ausgedehnten Probephasen, die Abgrenzung zum Privaten noch kein Problem. „Es soll ja Ensembles geben, die sitzen prinzipiell nicht im selben Abteil“, meint Konstantin Pfiz – die Clementes dagegen stecken auf Tour eigentlich rund 24 Stunden zusammen. Dem Tourneestress begegnet das Trio dabei schon mal mit gemeinsamem Skifahren und natürlich ausgedehntem Sightseeing – jede Konzertreise ist dabei auch immer noch ein bisschen Abenteuer; einer der unvergessenen Höhepunkte war sicherlich das Konzert in einem japanischen Tempel.

Insgesamt empfinden die drei Musiker selbst die Mischung der Temperamente im Trio als sehr ausgeglichen: „Die totale Stildiskussion gibt’s bei uns eigentlich nie“, erklärt Peter Clemente – dazu spielen die drei einfach auch schon zu lange zusammen. „Natürlich ist es aber trotzdem wichtig, sich hin und wieder richtig auseinanderzusetzen, auch um sich seine Emotionalität zu erhalten und die Stücke immer wieder neu zu entdecken“, meint Paul Rivinius – zumal der interpretatorische Ansatz im Laufe des Studiums sicherlich ein bisschen kopflastiger geworden ist, und das ist auch gut so: „Das Gefühl für einen bestimmten Komponisten ist eigentlich erst entwickelt, wenn man die Musik auch intellektuell begriffen hat, andernfalls produziert man unter Umständen einfach falsche Emotionen.“

Grundlegend verändert hat sich die musikalische Herangehensweise der Clementes eigentlich jedoch nicht – schon früh haben die drei gelernt, sich sehr genau mit dem Notentext auseinanderzusetzen; eines der Schlüsselerlebnisse war sicher der Meisterkurs bei Walter Levin (damals noch Primarius des La-Salle-Quartetts) im Rahmen der Salzburger Sommerakademie. „Tolle Impulse“ dahingehend, für jeden Komponisten eine präzise Klangvorstellung zu entwickeln, kamen auch von Seiten der mittlerweile 87-jährigen Cello-Legende Harvey Shapiro, mit dem das Trio seit dem Meisterkurs in Ungarn 1995 befreundet ist.

Überhaupt sind die musikalischen Vorbilder der drei – wenn solche überhaupt in diesem Sinne existieren – nicht unbedingt triogebunden. Bleibenden Eindruck hinterließ beispielsweise ein Konzert im Münchener Herkulessaal mit Christian Zacharias, Heinrich Schiff und Frank Peter Zimmerman im Herbst vergangenen Jahres – gerade weil sich hier drei ausgeprägte Individuen zu einer Einheit fanden, die sonst keine feste Formation bilden.

Eingespielt haben die Clementes bisher vor allem die romantische Trioliteratur, obwohl sie eigentlich auch sehr viel Klassik im Repertoire haben, beispielsweise fast alle Beethoven-Trios. Auch etwas mehr Moderne in der Programmzusammenstellung oder Experimente mit erweiterter Besetzung wären sicherlich reizvoll, dem stehen aber oft Veranstalterinteressen entgegen. „Die Hauptsache ist natürlich jetzt auch erst einmal das Trio – und hier ist noch genügend Repertoire vorhanden, um viele Abende zu füllen“, erklärt Paul Rivinius. „Es gäbe da aber schon Ideen, beispielsweise auch eine Gegenüberstellung der beiden Fassungen von Brahms H-Dur-Trio“ – doch das ist wohl erst einmal noch Zukunftsmusik.

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